Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.flucht nehme, dem großen Künstler nicht mehr Manieren, son- Aus den Forderungen des jedesmaligen Gegenstandes, In diesem Sinne genommen besaß nun freylich Raphael flucht nehme, dem großen Kuͤnſtler nicht mehr Manieren, ſon- Aus den Forderungen des jedesmaligen Gegenſtandes, In dieſem Sinne genommen beſaß nun freylich Raphael <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0040" n="18"/> flucht nehme, dem großen Kuͤnſtler nicht mehr Manieren, ſon-<lb/> dern verſchiedene Style beymeſſe.</p><lb/> <p>Aus den Forderungen des jedesmaligen Gegenſtandes,<lb/> deſſen begeiſterte Auffaſſung vorausgeſetzt, ergeben ſich in den<lb/> Kunſtwerken viele und mehrfaͤltige Schoͤnheiten. Einige in-<lb/> deß, und keinesweges veraͤchtliche, aus der Kunſt an ſich ſelbſt,<lb/> aus der Stellung, Anordnung und Vertheilung im Raume,<lb/> aus gehoͤriger Handhabung des Stoffes, in welchem man bil-<lb/> det oder Geſtalten erſcheinen macht. Dem Wortgebrauche<lb/> neuerer Kuͤnſtler mich anſchließend, habe ich in einer der fruͤ-<lb/> heren Abhandlungen, ſchoͤne Anordnung, den allgemeinen, bil-<lb/> lige Beruͤckſichtigung, gewandte Beſeitigung der Anſpruͤche des<lb/> Stoffes, in welchem man gerade ſich ausdruͤcken will, den be-<lb/> ſonderen (maleriſchen oder bildneriſchen) Styl genannt. Daß<lb/> ſolche, von den Forderungen des Gegenſtandes ganz unab-<lb/> haͤngige Kunſtvortheile denkbar, beachtenswerth ſeyen, daß de-<lb/> ren Anwendung die Geſammtſchoͤnheit der Kunſtwerke bedinge,<lb/> wird nicht wohl mit Zuverſicht gelaͤugnet, uͤberzeugend wider-<lb/> legt werden koͤnnen. Hingegen mag man uͤber die Wahl des<lb/> wortes noch ſtreitig ſeyn, eine andere Benennung an deſſen<lb/> Stelle ſetzen, welche vielleicht den Begriff ungleich zweckmaͤßi-<lb/> ger bezeichnen wird, als Styl; ein Wort, welches ich eben<lb/> nur, dem Gebrauche mich anzuſchließen, gewaͤhlt habe.</p><lb/> <p>In dieſem Sinne genommen beſaß nun freylich <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName><lb/> mehr Styl, als irgend ein anderer unter den groͤßeren Kuͤnſt-<lb/> lern der neueren Zeit. Ein ſolcher Styl iſt indeß nicht, wie<lb/> die Style der Italiener, der Manier faſt gleichbedeutend, wie<lb/> dieſe, Gewoͤhnung, Unart, ſo oder anders mit Stoff und Ge-<lb/> genſtand umzugehn: ſondern religioͤſe Unterwerfung unter all-<lb/> gemeine, unveraͤnderliche Schoͤnheitsgeſetze, ſey es aus einem<lb/> feinſinnigen Gefuͤhle, oder aus deutlicher Erkenntniß.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0040]
flucht nehme, dem großen Kuͤnſtler nicht mehr Manieren, ſon-
dern verſchiedene Style beymeſſe.
Aus den Forderungen des jedesmaligen Gegenſtandes,
deſſen begeiſterte Auffaſſung vorausgeſetzt, ergeben ſich in den
Kunſtwerken viele und mehrfaͤltige Schoͤnheiten. Einige in-
deß, und keinesweges veraͤchtliche, aus der Kunſt an ſich ſelbſt,
aus der Stellung, Anordnung und Vertheilung im Raume,
aus gehoͤriger Handhabung des Stoffes, in welchem man bil-
det oder Geſtalten erſcheinen macht. Dem Wortgebrauche
neuerer Kuͤnſtler mich anſchließend, habe ich in einer der fruͤ-
heren Abhandlungen, ſchoͤne Anordnung, den allgemeinen, bil-
lige Beruͤckſichtigung, gewandte Beſeitigung der Anſpruͤche des
Stoffes, in welchem man gerade ſich ausdruͤcken will, den be-
ſonderen (maleriſchen oder bildneriſchen) Styl genannt. Daß
ſolche, von den Forderungen des Gegenſtandes ganz unab-
haͤngige Kunſtvortheile denkbar, beachtenswerth ſeyen, daß de-
ren Anwendung die Geſammtſchoͤnheit der Kunſtwerke bedinge,
wird nicht wohl mit Zuverſicht gelaͤugnet, uͤberzeugend wider-
legt werden koͤnnen. Hingegen mag man uͤber die Wahl des
wortes noch ſtreitig ſeyn, eine andere Benennung an deſſen
Stelle ſetzen, welche vielleicht den Begriff ungleich zweckmaͤßi-
ger bezeichnen wird, als Styl; ein Wort, welches ich eben
nur, dem Gebrauche mich anzuſchließen, gewaͤhlt habe.
In dieſem Sinne genommen beſaß nun freylich Raphael
mehr Styl, als irgend ein anderer unter den groͤßeren Kuͤnſt-
lern der neueren Zeit. Ein ſolcher Styl iſt indeß nicht, wie
die Style der Italiener, der Manier faſt gleichbedeutend, wie
dieſe, Gewoͤhnung, Unart, ſo oder anders mit Stoff und Ge-
genſtand umzugehn: ſondern religioͤſe Unterwerfung unter all-
gemeine, unveraͤnderliche Schoͤnheitsgeſetze, ſey es aus einem
feinſinnigen Gefuͤhle, oder aus deutlicher Erkenntniß.
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