Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.schien mit ihm reden zu wollen, weshalb alle Näherstehenden bescheiden zurücktraten. Die Prinzessin nahm von dem Befinden des Herzogs und der Herzogin, welche Alter und Schwachheit schon seit lange am Ausgehen verhinderten, einen Anlaß, zu fragen, weshalb Savello noch immer zögere, sich eine Gefährtin in Freud und Leid, eine Gattin zu wählen. Würde es nicht, sprach sie, Euern Aeltern unsägliche Freude machen, noch vor ihrem Tode Euch verehelicht, vielleicht auch beerbt zu sehen? Ihr seid der letzte Sprößling Eures alten Hauses; auf Euch beruhet die Erhaltung eines edlen und schönen Namens; künftig werden fürstliche Reichthümer Euch zufallen. Wenn Ihr, gleich mir, die Frauenklöster dieser Stadt besuchen dürftet, würdet Ihr staunen über die Anmuth und Schönheit der holden Jugend, welche sie einschließen; Töchter der mächtigsten Häuser der Stadt, welche neue Verbindungen, Erbschaften, Reichthümer Euch zubringen würden und in das häusliche Leben mehr Schmuck und Reiz, als Ihr nur zu ahnen vermöget. Wie so häufig wird das eheliche Bündniß über die Zeit hinaus vertagt, innerhalb welcher die Männer für dessen Glück noch empfänglich, sich zu binden und neue Gewöhnungen anzunehmen fähig sind! Savello hätte versucht, dem Gespräche eine andere Beziehung zu geben; doch gebot ihm die Ehrfurcht, Margarethens Erinnerungen nicht unmittelbar, noch ganz unbeantwortet fallen zu lassen. Gnädigste Frau, sprach schien mit ihm reden zu wollen, weshalb alle Näherstehenden bescheiden zurücktraten. Die Prinzessin nahm von dem Befinden des Herzogs und der Herzogin, welche Alter und Schwachheit schon seit lange am Ausgehen verhinderten, einen Anlaß, zu fragen, weshalb Savello noch immer zögere, sich eine Gefährtin in Freud und Leid, eine Gattin zu wählen. Würde es nicht, sprach sie, Euern Aeltern unsägliche Freude machen, noch vor ihrem Tode Euch verehelicht, vielleicht auch beerbt zu sehen? Ihr seid der letzte Sprößling Eures alten Hauses; auf Euch beruhet die Erhaltung eines edlen und schönen Namens; künftig werden fürstliche Reichthümer Euch zufallen. Wenn Ihr, gleich mir, die Frauenklöster dieser Stadt besuchen dürftet, würdet Ihr staunen über die Anmuth und Schönheit der holden Jugend, welche sie einschließen; Töchter der mächtigsten Häuser der Stadt, welche neue Verbindungen, Erbschaften, Reichthümer Euch zubringen würden und in das häusliche Leben mehr Schmuck und Reiz, als Ihr nur zu ahnen vermöget. Wie so häufig wird das eheliche Bündniß über die Zeit hinaus vertagt, innerhalb welcher die Männer für dessen Glück noch empfänglich, sich zu binden und neue Gewöhnungen anzunehmen fähig sind! Savello hätte versucht, dem Gespräche eine andere Beziehung zu geben; doch gebot ihm die Ehrfurcht, Margarethens Erinnerungen nicht unmittelbar, noch ganz unbeantwortet fallen zu lassen. Gnädigste Frau, sprach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025"/> schien mit ihm reden zu wollen, weshalb alle Näherstehenden bescheiden zurücktraten.</p><lb/> <p>Die Prinzessin nahm von dem Befinden des Herzogs und der Herzogin, welche Alter und Schwachheit schon seit lange am Ausgehen verhinderten, einen Anlaß, zu fragen, weshalb Savello noch immer zögere, sich eine Gefährtin in Freud und Leid, eine Gattin zu wählen. Würde es nicht, sprach sie, Euern Aeltern unsägliche Freude machen, noch vor ihrem Tode Euch verehelicht, vielleicht auch beerbt zu sehen? Ihr seid der letzte Sprößling Eures alten Hauses; auf Euch beruhet die Erhaltung eines edlen und schönen Namens; künftig werden fürstliche Reichthümer Euch zufallen. Wenn Ihr, gleich mir, die Frauenklöster dieser Stadt besuchen dürftet, würdet Ihr staunen über die Anmuth und Schönheit der holden Jugend, welche sie einschließen; Töchter der mächtigsten Häuser der Stadt, welche neue Verbindungen, Erbschaften, Reichthümer Euch zubringen würden und in das häusliche Leben mehr Schmuck und Reiz, als Ihr nur zu ahnen vermöget. Wie so häufig wird das eheliche Bündniß über die Zeit hinaus vertagt, innerhalb welcher die Männer für dessen Glück noch empfänglich, sich zu binden und neue Gewöhnungen anzunehmen fähig sind!</p><lb/> <p>Savello hätte versucht, dem Gespräche eine andere Beziehung zu geben; doch gebot ihm die Ehrfurcht, Margarethens Erinnerungen nicht unmittelbar, noch ganz unbeantwortet fallen zu lassen. Gnädigste Frau, sprach<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0025]
schien mit ihm reden zu wollen, weshalb alle Näherstehenden bescheiden zurücktraten.
Die Prinzessin nahm von dem Befinden des Herzogs und der Herzogin, welche Alter und Schwachheit schon seit lange am Ausgehen verhinderten, einen Anlaß, zu fragen, weshalb Savello noch immer zögere, sich eine Gefährtin in Freud und Leid, eine Gattin zu wählen. Würde es nicht, sprach sie, Euern Aeltern unsägliche Freude machen, noch vor ihrem Tode Euch verehelicht, vielleicht auch beerbt zu sehen? Ihr seid der letzte Sprößling Eures alten Hauses; auf Euch beruhet die Erhaltung eines edlen und schönen Namens; künftig werden fürstliche Reichthümer Euch zufallen. Wenn Ihr, gleich mir, die Frauenklöster dieser Stadt besuchen dürftet, würdet Ihr staunen über die Anmuth und Schönheit der holden Jugend, welche sie einschließen; Töchter der mächtigsten Häuser der Stadt, welche neue Verbindungen, Erbschaften, Reichthümer Euch zubringen würden und in das häusliche Leben mehr Schmuck und Reiz, als Ihr nur zu ahnen vermöget. Wie so häufig wird das eheliche Bündniß über die Zeit hinaus vertagt, innerhalb welcher die Männer für dessen Glück noch empfänglich, sich zu binden und neue Gewöhnungen anzunehmen fähig sind!
Savello hätte versucht, dem Gespräche eine andere Beziehung zu geben; doch gebot ihm die Ehrfurcht, Margarethens Erinnerungen nicht unmittelbar, noch ganz unbeantwortet fallen zu lassen. Gnädigste Frau, sprach
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Zitationshilfe: | Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/25>, abgerufen am 16.07.2024. |