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Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Gottes, das war gern geschehen, weil du so schön und brav bist als sie selbst und Geld und Gut hast, so viel als sie hat, oder haben wird, wenn ihre Alten sterben, was in Gottes Hand liegt. Allein dieses wollte ich dir sagen, und höre mir genau zu: daß dein Weib, daß du selbst in Gefahr stehst, wenn's der Savello merkt und zur Wissenschaft bringt, daß Cassandra dein Weib und du eines solchen Schatzes Meister bist. Mit List und Ueberredung, mit Geld und Gut ist da Nichts auszurichten. Denn sie ist unser Kind und deine Frau. Allein Gewalt, Giustiniano, was kann nicht die Gewalt.

Ernst und ruhig hatte der Hausherr der unglückdrohenden Rede des Oheims zugehört. Sein dunkles Auge rollte langsam und ebenmäßig hin und her; seine Stirne faltete sich, seine Lippen bebten. Doch bei den letzten Worten des Alten wich seine Fassung. Gewalt! rief er aus, gegen Gewalt Gewalt! Wegbringen, flüchten sollte ich mein rechtmäßiges Weib? Nein, nein, wer sie mir raubt, dem zahle ich bitteren Lohn. Lebendig lasse ich sie nicht; behüten werde ich sie mir. Und sollt' ich mein Leben lassen, so stürbe sie doch mit mir. Ihr kennt sie noch nicht, sie ist nicht mehr ein schwach, einfältig Mädchen, nicht mehr das Kind, das ihr mir gabt. Sie ist jetzt mein, ganz mein, ich bin sie, und sie ist nichts Anderes, als was ich bin. Sterbe ich, stirbt auch sie; macht Euch keine Sorge, wir wollen uns schon behüten, der Eine den Andern.

Aber -- sagte der Alte; doch unterbrach ihn der

Gottes, das war gern geschehen, weil du so schön und brav bist als sie selbst und Geld und Gut hast, so viel als sie hat, oder haben wird, wenn ihre Alten sterben, was in Gottes Hand liegt. Allein dieses wollte ich dir sagen, und höre mir genau zu: daß dein Weib, daß du selbst in Gefahr stehst, wenn's der Savello merkt und zur Wissenschaft bringt, daß Cassandra dein Weib und du eines solchen Schatzes Meister bist. Mit List und Ueberredung, mit Geld und Gut ist da Nichts auszurichten. Denn sie ist unser Kind und deine Frau. Allein Gewalt, Giustiniano, was kann nicht die Gewalt.

Ernst und ruhig hatte der Hausherr der unglückdrohenden Rede des Oheims zugehört. Sein dunkles Auge rollte langsam und ebenmäßig hin und her; seine Stirne faltete sich, seine Lippen bebten. Doch bei den letzten Worten des Alten wich seine Fassung. Gewalt! rief er aus, gegen Gewalt Gewalt! Wegbringen, flüchten sollte ich mein rechtmäßiges Weib? Nein, nein, wer sie mir raubt, dem zahle ich bitteren Lohn. Lebendig lasse ich sie nicht; behüten werde ich sie mir. Und sollt' ich mein Leben lassen, so stürbe sie doch mit mir. Ihr kennt sie noch nicht, sie ist nicht mehr ein schwach, einfältig Mädchen, nicht mehr das Kind, das ihr mir gabt. Sie ist jetzt mein, ganz mein, ich bin sie, und sie ist nichts Anderes, als was ich bin. Sterbe ich, stirbt auch sie; macht Euch keine Sorge, wir wollen uns schon behüten, der Eine den Andern.

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[0051] Gottes, das war gern geschehen, weil du so schön und brav bist als sie selbst und Geld und Gut hast, so viel als sie hat, oder haben wird, wenn ihre Alten sterben, was in Gottes Hand liegt. Allein dieses wollte ich dir sagen, und höre mir genau zu: daß dein Weib, daß du selbst in Gefahr stehst, wenn's der Savello merkt und zur Wissenschaft bringt, daß Cassandra dein Weib und du eines solchen Schatzes Meister bist. Mit List und Ueberredung, mit Geld und Gut ist da Nichts auszurichten. Denn sie ist unser Kind und deine Frau. Allein Gewalt, Giustiniano, was kann nicht die Gewalt. Ernst und ruhig hatte der Hausherr der unglückdrohenden Rede des Oheims zugehört. Sein dunkles Auge rollte langsam und ebenmäßig hin und her; seine Stirne faltete sich, seine Lippen bebten. Doch bei den letzten Worten des Alten wich seine Fassung. Gewalt! rief er aus, gegen Gewalt Gewalt! Wegbringen, flüchten sollte ich mein rechtmäßiges Weib? Nein, nein, wer sie mir raubt, dem zahle ich bitteren Lohn. Lebendig lasse ich sie nicht; behüten werde ich sie mir. Und sollt' ich mein Leben lassen, so stürbe sie doch mit mir. Ihr kennt sie noch nicht, sie ist nicht mehr ein schwach, einfältig Mädchen, nicht mehr das Kind, das ihr mir gabt. Sie ist jetzt mein, ganz mein, ich bin sie, und sie ist nichts Anderes, als was ich bin. Sterbe ich, stirbt auch sie; macht Euch keine Sorge, wir wollen uns schon behüten, der Eine den Andern. Aber — sagte der Alte; doch unterbrach ihn der

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/51>, abgerufen am 29.04.2024.