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Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Hausherr. Schweig, sagte er, denn herausfordern wollen wir das Schicksal nicht, nein, uns daheimhalten, wie's ohnehin geschehen sein würde, denn wir sind uns selbst Lust und Freude genug. Ihr wißt nicht, welchen Schatz ich besitze, sprach er mit Erhebung des Gefühls. Unter uns reißt das Gespräch nicht ab, den ganzen Tag haben wir mit einander zu reden. Als ihr mir zuerst das Wort botet, sie zu nehmen, glaubte ich nicht, daß mir's so viel Glück bringen würde. Aber Sonntags, sprach er, wiederum den Blick verdüsternd, Sonntags müssen wir zur Kirche, zum Hochamt, weil wir Gott als junge und glückliche Eheleute für seine Gnade zu danken, seinen Segen zu erflehen haben. Gottes Gebot über Menschen Witz und Kunst; das war meines Vaters Wahlspruch und soll der meine bleiben.

Könntet ihr nicht, sagte der Oheim mit Zögern, auch in die Frühmesse gehen, still und verhüllt? Es ist dann noch finstre Nacht, es würde euch Niemand sehen, als Gott, deswillen ihr gehet.

Nein, sagte der trotzige Mann, wer Gott sucht, soll an Gottes Hand nicht verzweifeln. Er wird uns schützen, und wenn er nicht, so mein Arm. -- Er zündete am Herde die Lampe an, nahm darauf den zitternden Alten bei der Hand, um ihn in den unbeleuchteten Raum des Hauses zu führen, wo seine Waffen aufgestellt waren; Flinten und schwere Büchsen, zur Jagd in der herrenlosen Maremme, auch seinen Feinden aufzupassen, eine ehrliche Kugel ihnen zuzusenden; starke

Hausherr. Schweig, sagte er, denn herausfordern wollen wir das Schicksal nicht, nein, uns daheimhalten, wie's ohnehin geschehen sein würde, denn wir sind uns selbst Lust und Freude genug. Ihr wißt nicht, welchen Schatz ich besitze, sprach er mit Erhebung des Gefühls. Unter uns reißt das Gespräch nicht ab, den ganzen Tag haben wir mit einander zu reden. Als ihr mir zuerst das Wort botet, sie zu nehmen, glaubte ich nicht, daß mir's so viel Glück bringen würde. Aber Sonntags, sprach er, wiederum den Blick verdüsternd, Sonntags müssen wir zur Kirche, zum Hochamt, weil wir Gott als junge und glückliche Eheleute für seine Gnade zu danken, seinen Segen zu erflehen haben. Gottes Gebot über Menschen Witz und Kunst; das war meines Vaters Wahlspruch und soll der meine bleiben.

Könntet ihr nicht, sagte der Oheim mit Zögern, auch in die Frühmesse gehen, still und verhüllt? Es ist dann noch finstre Nacht, es würde euch Niemand sehen, als Gott, deswillen ihr gehet.

Nein, sagte der trotzige Mann, wer Gott sucht, soll an Gottes Hand nicht verzweifeln. Er wird uns schützen, und wenn er nicht, so mein Arm. — Er zündete am Herde die Lampe an, nahm darauf den zitternden Alten bei der Hand, um ihn in den unbeleuchteten Raum des Hauses zu führen, wo seine Waffen aufgestellt waren; Flinten und schwere Büchsen, zur Jagd in der herrenlosen Maremme, auch seinen Feinden aufzupassen, eine ehrliche Kugel ihnen zuzusenden; starke

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[0052] Hausherr. Schweig, sagte er, denn herausfordern wollen wir das Schicksal nicht, nein, uns daheimhalten, wie's ohnehin geschehen sein würde, denn wir sind uns selbst Lust und Freude genug. Ihr wißt nicht, welchen Schatz ich besitze, sprach er mit Erhebung des Gefühls. Unter uns reißt das Gespräch nicht ab, den ganzen Tag haben wir mit einander zu reden. Als ihr mir zuerst das Wort botet, sie zu nehmen, glaubte ich nicht, daß mir's so viel Glück bringen würde. Aber Sonntags, sprach er, wiederum den Blick verdüsternd, Sonntags müssen wir zur Kirche, zum Hochamt, weil wir Gott als junge und glückliche Eheleute für seine Gnade zu danken, seinen Segen zu erflehen haben. Gottes Gebot über Menschen Witz und Kunst; das war meines Vaters Wahlspruch und soll der meine bleiben. Könntet ihr nicht, sagte der Oheim mit Zögern, auch in die Frühmesse gehen, still und verhüllt? Es ist dann noch finstre Nacht, es würde euch Niemand sehen, als Gott, deswillen ihr gehet. Nein, sagte der trotzige Mann, wer Gott sucht, soll an Gottes Hand nicht verzweifeln. Er wird uns schützen, und wenn er nicht, so mein Arm. — Er zündete am Herde die Lampe an, nahm darauf den zitternden Alten bei der Hand, um ihn in den unbeleuchteten Raum des Hauses zu führen, wo seine Waffen aufgestellt waren; Flinten und schwere Büchsen, zur Jagd in der herrenlosen Maremme, auch seinen Feinden aufzupassen, eine ehrliche Kugel ihnen zuzusenden; starke

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/52>, abgerufen am 21.11.2024.