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Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Messer, von verschiedener Länge, mit Griff und Scheide; ein Paar alte Partisanen, welche Staub und Rost bedeckte. Sieh, alter Ohm, sprach der Hausherr, hier ist Waffe und hier, indem er auf den Arm zeigte, Kraft, und hier, indem er das untere Augenlid mit dem Finger herabdrückte, Verstand und Scharfblick. Lasse nur Gott walten und mich, wenn's Noth thut, handeln. Wäret ihr Anderen gleich mir, so würde heut zu Tage die Gottlosigkeit nicht, wie's geschieht, das Haupt frech emportragen.

Unwillig verließ der Oheim das Haus, in welchem seine Stimme Nichts galt, sein Rath nicht gehört wurde. Als er sich entfernt hatte, die Hausthüre wiederum fest zugeschlossen war, kehrte die junge Frau in die Küche zurück, wo sie ihren Gatten auf der Bank am Feuer sitzend fand, zerstreut und nachdenklich in der Asche wühlend, um halbverglühte Kohlen und schnell verglimmende Funken daraus hervorzustöbern. Sie setzte sich ihm gegenüber auf die andere Bank und nahm den Spinnrocken zur Hand, um unter der Arbeit besser verhehlen zu können, daß es sie schwer bekümmerte, ihren Gatten so düster und nachdenklich zu sehen. Vielleicht empfand sie, obwohl Römerin, doch Weib, einen Antheil jenes Verlangens, welches man Neu- und Wißbegierde nennt und mit Unrecht den Frauen zum Vorwurf macht. Wes Leben und Wirken auf persönliche Verhältnisse sich beschränkt, für den behält nothwendig das Naheliegende jeglicher Art mehr Reiz und Bedeutung.

Messer, von verschiedener Länge, mit Griff und Scheide; ein Paar alte Partisanen, welche Staub und Rost bedeckte. Sieh, alter Ohm, sprach der Hausherr, hier ist Waffe und hier, indem er auf den Arm zeigte, Kraft, und hier, indem er das untere Augenlid mit dem Finger herabdrückte, Verstand und Scharfblick. Lasse nur Gott walten und mich, wenn's Noth thut, handeln. Wäret ihr Anderen gleich mir, so würde heut zu Tage die Gottlosigkeit nicht, wie's geschieht, das Haupt frech emportragen.

Unwillig verließ der Oheim das Haus, in welchem seine Stimme Nichts galt, sein Rath nicht gehört wurde. Als er sich entfernt hatte, die Hausthüre wiederum fest zugeschlossen war, kehrte die junge Frau in die Küche zurück, wo sie ihren Gatten auf der Bank am Feuer sitzend fand, zerstreut und nachdenklich in der Asche wühlend, um halbverglühte Kohlen und schnell verglimmende Funken daraus hervorzustöbern. Sie setzte sich ihm gegenüber auf die andere Bank und nahm den Spinnrocken zur Hand, um unter der Arbeit besser verhehlen zu können, daß es sie schwer bekümmerte, ihren Gatten so düster und nachdenklich zu sehen. Vielleicht empfand sie, obwohl Römerin, doch Weib, einen Antheil jenes Verlangens, welches man Neu- und Wißbegierde nennt und mit Unrecht den Frauen zum Vorwurf macht. Wes Leben und Wirken auf persönliche Verhältnisse sich beschränkt, für den behält nothwendig das Naheliegende jeglicher Art mehr Reiz und Bedeutung.

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[0053] Messer, von verschiedener Länge, mit Griff und Scheide; ein Paar alte Partisanen, welche Staub und Rost bedeckte. Sieh, alter Ohm, sprach der Hausherr, hier ist Waffe und hier, indem er auf den Arm zeigte, Kraft, und hier, indem er das untere Augenlid mit dem Finger herabdrückte, Verstand und Scharfblick. Lasse nur Gott walten und mich, wenn's Noth thut, handeln. Wäret ihr Anderen gleich mir, so würde heut zu Tage die Gottlosigkeit nicht, wie's geschieht, das Haupt frech emportragen. Unwillig verließ der Oheim das Haus, in welchem seine Stimme Nichts galt, sein Rath nicht gehört wurde. Als er sich entfernt hatte, die Hausthüre wiederum fest zugeschlossen war, kehrte die junge Frau in die Küche zurück, wo sie ihren Gatten auf der Bank am Feuer sitzend fand, zerstreut und nachdenklich in der Asche wühlend, um halbverglühte Kohlen und schnell verglimmende Funken daraus hervorzustöbern. Sie setzte sich ihm gegenüber auf die andere Bank und nahm den Spinnrocken zur Hand, um unter der Arbeit besser verhehlen zu können, daß es sie schwer bekümmerte, ihren Gatten so düster und nachdenklich zu sehen. Vielleicht empfand sie, obwohl Römerin, doch Weib, einen Antheil jenes Verlangens, welches man Neu- und Wißbegierde nennt und mit Unrecht den Frauen zum Vorwurf macht. Wes Leben und Wirken auf persönliche Verhältnisse sich beschränkt, für den behält nothwendig das Naheliegende jeglicher Art mehr Reiz und Bedeutung.

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/53>, abgerufen am 02.05.2024.