Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ihren Gatten, drängte sich ängstlich zu ihm zu kommen und verließ die Kirche an seiner Seite, ehe Savello sich wiederum auf sich selbst besann. Nach einem tiefen Seufzer machte er dem Altare eine kaum bemerkliche Verbeugung und ging langsam, von seinem Gefolge begleitet, hinaus auf den Platz. Hier winkte er unter seinen Dienern dem geschmeidigsten, gewandtesten. Hast du sie gesehen? fragte er ihn hastig. -- Gesehen und weiß was ich zu thun habe, antwortete Jener, indem er unbemerkt davonglitt und in der Menge sich verlor, um den Namen und Stand der jungen Frau zu erspähen und was sonst ihm Hoffnung gab, die Wünsche seines Herrn ihrer Befriedigung schneller entgegenzuführen. Schweigend war Savello bis in das Schloß seinen Gefährten vorausgegangen. An ihrem Mahle hatt er er aus Gewohnheit Theil genommen. Doch in früher Stunde zog er sich zurück in sein entlegenes Schlafgemach, um seinen Gästen zu muthwilliger Lust freien Raum zu lassen. Hier erwartete er in peinlicher Unruhe die Rückkunft seines Spähers, welcher bei der gefährlichen Sendung großer Umsicht bedurft hatte, daher sehr spät im Schlosse eintraf. Er ward sogleich zum Gebieter eingeführt. Sie heißt Cassandra, rief er, sobald sie allein waren, und ist seit wenig Wochen mit einem reichen Landbesitzer verehelicht, deß Name Giustiniano. Sie soll ihrem Gatten mit Zärtlichkeit anhängen und fromm und tugendhaft sein, wie eine Heilige. Durch Geld und freundliche Worte, setzte er nachdenklich hinzu, ihren Gatten, drängte sich ängstlich zu ihm zu kommen und verließ die Kirche an seiner Seite, ehe Savello sich wiederum auf sich selbst besann. Nach einem tiefen Seufzer machte er dem Altare eine kaum bemerkliche Verbeugung und ging langsam, von seinem Gefolge begleitet, hinaus auf den Platz. Hier winkte er unter seinen Dienern dem geschmeidigsten, gewandtesten. Hast du sie gesehen? fragte er ihn hastig. — Gesehen und weiß was ich zu thun habe, antwortete Jener, indem er unbemerkt davonglitt und in der Menge sich verlor, um den Namen und Stand der jungen Frau zu erspähen und was sonst ihm Hoffnung gab, die Wünsche seines Herrn ihrer Befriedigung schneller entgegenzuführen. Schweigend war Savello bis in das Schloß seinen Gefährten vorausgegangen. An ihrem Mahle hatt er er aus Gewohnheit Theil genommen. Doch in früher Stunde zog er sich zurück in sein entlegenes Schlafgemach, um seinen Gästen zu muthwilliger Lust freien Raum zu lassen. Hier erwartete er in peinlicher Unruhe die Rückkunft seines Spähers, welcher bei der gefährlichen Sendung großer Umsicht bedurft hatte, daher sehr spät im Schlosse eintraf. Er ward sogleich zum Gebieter eingeführt. Sie heißt Cassandra, rief er, sobald sie allein waren, und ist seit wenig Wochen mit einem reichen Landbesitzer verehelicht, deß Name Giustiniano. Sie soll ihrem Gatten mit Zärtlichkeit anhängen und fromm und tugendhaft sein, wie eine Heilige. Durch Geld und freundliche Worte, setzte er nachdenklich hinzu, <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0067"/> ihren Gatten, drängte sich ängstlich zu ihm zu kommen und verließ die Kirche an seiner Seite, ehe Savello sich wiederum auf sich selbst besann. Nach einem tiefen Seufzer machte er dem Altare eine kaum bemerkliche Verbeugung und ging langsam, von seinem Gefolge begleitet, hinaus auf den Platz. Hier winkte er unter seinen Dienern dem geschmeidigsten, gewandtesten. Hast du sie gesehen? fragte er ihn hastig. — Gesehen und weiß was ich zu thun habe, antwortete Jener, indem er unbemerkt davonglitt und in der Menge sich verlor, um den Namen und Stand der jungen Frau zu erspähen und was sonst ihm Hoffnung gab, die Wünsche seines Herrn ihrer Befriedigung schneller entgegenzuführen.</p><lb/> <p>Schweigend war Savello bis in das Schloß seinen Gefährten vorausgegangen. An ihrem Mahle hatt er er aus Gewohnheit Theil genommen. Doch in früher Stunde zog er sich zurück in sein entlegenes Schlafgemach, um seinen Gästen zu muthwilliger Lust freien Raum zu lassen. Hier erwartete er in peinlicher Unruhe die Rückkunft seines Spähers, welcher bei der gefährlichen Sendung großer Umsicht bedurft hatte, daher sehr spät im Schlosse eintraf. Er ward sogleich zum Gebieter eingeführt. Sie heißt Cassandra, rief er, sobald sie allein waren, und ist seit wenig Wochen mit einem reichen Landbesitzer verehelicht, deß Name Giustiniano. Sie soll ihrem Gatten mit Zärtlichkeit anhängen und fromm und tugendhaft sein, wie eine Heilige. Durch Geld und freundliche Worte, setzte er nachdenklich hinzu,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0067]
ihren Gatten, drängte sich ängstlich zu ihm zu kommen und verließ die Kirche an seiner Seite, ehe Savello sich wiederum auf sich selbst besann. Nach einem tiefen Seufzer machte er dem Altare eine kaum bemerkliche Verbeugung und ging langsam, von seinem Gefolge begleitet, hinaus auf den Platz. Hier winkte er unter seinen Dienern dem geschmeidigsten, gewandtesten. Hast du sie gesehen? fragte er ihn hastig. — Gesehen und weiß was ich zu thun habe, antwortete Jener, indem er unbemerkt davonglitt und in der Menge sich verlor, um den Namen und Stand der jungen Frau zu erspähen und was sonst ihm Hoffnung gab, die Wünsche seines Herrn ihrer Befriedigung schneller entgegenzuführen.
Schweigend war Savello bis in das Schloß seinen Gefährten vorausgegangen. An ihrem Mahle hatt er er aus Gewohnheit Theil genommen. Doch in früher Stunde zog er sich zurück in sein entlegenes Schlafgemach, um seinen Gästen zu muthwilliger Lust freien Raum zu lassen. Hier erwartete er in peinlicher Unruhe die Rückkunft seines Spähers, welcher bei der gefährlichen Sendung großer Umsicht bedurft hatte, daher sehr spät im Schlosse eintraf. Er ward sogleich zum Gebieter eingeführt. Sie heißt Cassandra, rief er, sobald sie allein waren, und ist seit wenig Wochen mit einem reichen Landbesitzer verehelicht, deß Name Giustiniano. Sie soll ihrem Gatten mit Zärtlichkeit anhängen und fromm und tugendhaft sein, wie eine Heilige. Durch Geld und freundliche Worte, setzte er nachdenklich hinzu,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T10:26:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T10:26:17Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |