Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.mied, mit ihr zusammen zu treffen und wieder häufiger meine "Du weißt doch," erwiederte seine Frau mit einer gewissen "Allerdings; das weiß ich. Aber sie ist auch sonst selt¬ "Findest Du?" warf sie nachlässig hin, während mich "Ja; und ich glaube, sie ist nicht glücklich." "Und warum soll sie nicht glücklich sein?" fragte Louise "Ach laß das!" entgegnete er, offen und unbefangen wie "Und weßhalb nicht?" fuhr sie gereizt fort. "Er ist ein mied, mit ihr zuſammen zu treffen und wieder häufiger meine „Du weißt doch,“ erwiederte ſeine Frau mit einer gewiſſen „Allerdings; das weiß ich. Aber ſie iſt auch ſonſt ſelt¬ „Findeſt Du?“ warf ſie nachläſſig hin, während mich „Ja; und ich glaube, ſie iſt nicht glücklich.“ „Und warum ſoll ſie nicht glücklich ſein?“ fragte Louiſe „Ach laß das!“ entgegnete er, offen und unbefangen wie „Und weßhalb nicht?“ fuhr ſie gereizt fort. „Er iſt ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0126" n="110"/> mied, mit ihr zuſammen zu treffen und wieder häufiger meine<lb/> Spaziergänge vor dem Linienwall aufnahm. Eines Tages war<lb/> ich aber doch in dem unbeſtimmten Drange, die junge Frau<lb/> wieder zu ſehen, daheim geblieben. Es wurde Abend, ſie er¬<lb/> ſchien nicht. Endlich geſellte ich mich zu meinen Hausgenoſſen,<lb/> die ich ziemlich einſylbig in der Laube verſammelt fand. Nach<lb/> einer Weile ſagte Heidrich: „Warum doch Marianne gar nicht<lb/> mehr kommt! Es iſt heute ſchon der vierte Tag, daß wir ſie<lb/> nicht geſehen haben.“</p><lb/> <p>„Du weißt doch,“ erwiederte ſeine Frau mit einer gewiſſen<lb/> Haſt, „daß das Unternehmen Dorners bereits in vollem Gang<lb/> iſt; das macht auch ihr im Hausweſen viel zu ſchaffen.“</p><lb/> <p>„Allerdings; das weiß ich. Aber ſie iſt auch ſonſt ſelt¬<lb/> ſam verändert.“</p><lb/> <p>„Findeſt Du?“ warf ſie nachläſſig hin, während mich<lb/> ihr Blick unſicher ſtreifte.</p><lb/> <p>„Ja; und ich glaube, ſie iſt nicht glücklich.“</p><lb/> <p>„Und warum ſoll ſie nicht glücklich ſein?“ fragte Louiſe<lb/> ſcharf und bedeutungsvoll.</p><lb/> <p>„Ach laß das!“ entgegnete er, offen und unbefangen wie<lb/> immer. „Vor unſerem Freunde kenn' ich keine Geheimniſſe.<lb/> Er wird ſich ſchon ſelber ſeine Gedanken gemacht haben. Ich<lb/> ſage: Dorner iſt kein Mann für Marianne.“</p><lb/> <p>„Und weßhalb nicht?“ fuhr ſie gereizt fort. „Er iſt ein<lb/> Ehrenmann, wenn auch ein wenig trocken und barſch im Um¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [110/0126]
mied, mit ihr zuſammen zu treffen und wieder häufiger meine
Spaziergänge vor dem Linienwall aufnahm. Eines Tages war
ich aber doch in dem unbeſtimmten Drange, die junge Frau
wieder zu ſehen, daheim geblieben. Es wurde Abend, ſie er¬
ſchien nicht. Endlich geſellte ich mich zu meinen Hausgenoſſen,
die ich ziemlich einſylbig in der Laube verſammelt fand. Nach
einer Weile ſagte Heidrich: „Warum doch Marianne gar nicht
mehr kommt! Es iſt heute ſchon der vierte Tag, daß wir ſie
nicht geſehen haben.“
„Du weißt doch,“ erwiederte ſeine Frau mit einer gewiſſen
Haſt, „daß das Unternehmen Dorners bereits in vollem Gang
iſt; das macht auch ihr im Hausweſen viel zu ſchaffen.“
„Allerdings; das weiß ich. Aber ſie iſt auch ſonſt ſelt¬
ſam verändert.“
„Findeſt Du?“ warf ſie nachläſſig hin, während mich
ihr Blick unſicher ſtreifte.
„Ja; und ich glaube, ſie iſt nicht glücklich.“
„Und warum ſoll ſie nicht glücklich ſein?“ fragte Louiſe
ſcharf und bedeutungsvoll.
„Ach laß das!“ entgegnete er, offen und unbefangen wie
immer. „Vor unſerem Freunde kenn' ich keine Geheimniſſe.
Er wird ſich ſchon ſelber ſeine Gedanken gemacht haben. Ich
ſage: Dorner iſt kein Mann für Marianne.“
„Und weßhalb nicht?“ fuhr ſie gereizt fort. „Er iſt ein
Ehrenmann, wenn auch ein wenig trocken und barſch im Um¬
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