Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.gange. Aber gerade sein strenger Ernst passt für sie; denn er "Ei was!" rief die alte Frau in ihrer resoluten Weise Ich schwieg; aber was in meinem Innern vorging, kannst Um diese Zeit starb das Knäblein. Heftige, sich rasch gange. Aber gerade ſein ſtrenger Ernſt paſſt für ſie; denn er „Ei was!“ rief die alte Frau in ihrer reſoluten Weiſe Ich ſchwieg; aber was in meinem Innern vorging, kannſt Um dieſe Zeit ſtarb das Knäblein. Heftige, ſich raſch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0127" n="111"/> gange. Aber gerade ſein ſtrenger Ernſt paſſt für ſie; denn er<lb/> hält ihrem doch oft allzu kindiſchen Weſen das Gleichgewicht.“<lb/> „Aber ich bin überzeugt, daß ſie ihn nicht liebt!“ ſtieß<lb/> Heidrich hervor.</p><lb/> <p>„Ei was!“ rief die alte Frau in ihrer reſoluten Weiſe<lb/> dazwiſchen. „Ihr Männer habt es beſtändig nur mit<lb/> der Liebe! Die entſteht und vergeht. Was den Beiden fehlt<lb/> iſt ein Kind; eine kinderloſe Ehe iſt keine Ehe!“</p><lb/> <p>Ich ſchwieg; aber was in meinem Innern vorging, kannſt<lb/> Du Dir denken. —</p><lb/> <p>Um dieſe Zeit ſtarb das Knäblein. Heftige, ſich raſch<lb/> wiederholende Krämpfe, hatten ſeinem kurzen Daſein ein Ende<lb/> gemacht. Man nahm dieſes traurige Ereigniß im Hauſe mit<lb/> ſtiller Ergebung auf. War es doch längſt vorauszuſehen, ja<lb/> bei dem hoffnungsloſen Zuſtande des Kindes herbeizuwünſchen<lb/> geweſen; auch trägt Frau Louiſe ſchon ein neues Leben unter<lb/> dem Herzen. So ſtanden die jungen Eltern zwar bleich, aber<lb/> ohne Klage an dem Särglein, in welchem der Kleine lag, von<lb/> ſeinen Leiden befreit, wie lächelnd im Tode. Deſto faſſungs¬<lb/> loſer klang das Schluchzen Mariannens, die ſich mit noch<lb/> anderen Verwandten eingefunden hatte. Ich ſah zum erſten<lb/> Male den Vater der Schweſtern, einen bejahrten Mann mit<lb/> einem ſcheuen kummervollen Zug im Antlitz; dann die Stief¬<lb/> mutter, eine ſtattliche, geputzte Frau im beſten Alter. Auch<lb/> die beiden Liebenden, deren Vermählung nahe bevorſtand, waren<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [111/0127]
gange. Aber gerade ſein ſtrenger Ernſt paſſt für ſie; denn er
hält ihrem doch oft allzu kindiſchen Weſen das Gleichgewicht.“
„Aber ich bin überzeugt, daß ſie ihn nicht liebt!“ ſtieß
Heidrich hervor.
„Ei was!“ rief die alte Frau in ihrer reſoluten Weiſe
dazwiſchen. „Ihr Männer habt es beſtändig nur mit
der Liebe! Die entſteht und vergeht. Was den Beiden fehlt
iſt ein Kind; eine kinderloſe Ehe iſt keine Ehe!“
Ich ſchwieg; aber was in meinem Innern vorging, kannſt
Du Dir denken. —
Um dieſe Zeit ſtarb das Knäblein. Heftige, ſich raſch
wiederholende Krämpfe, hatten ſeinem kurzen Daſein ein Ende
gemacht. Man nahm dieſes traurige Ereigniß im Hauſe mit
ſtiller Ergebung auf. War es doch längſt vorauszuſehen, ja
bei dem hoffnungsloſen Zuſtande des Kindes herbeizuwünſchen
geweſen; auch trägt Frau Louiſe ſchon ein neues Leben unter
dem Herzen. So ſtanden die jungen Eltern zwar bleich, aber
ohne Klage an dem Särglein, in welchem der Kleine lag, von
ſeinen Leiden befreit, wie lächelnd im Tode. Deſto faſſungs¬
loſer klang das Schluchzen Mariannens, die ſich mit noch
anderen Verwandten eingefunden hatte. Ich ſah zum erſten
Male den Vater der Schweſtern, einen bejahrten Mann mit
einem ſcheuen kummervollen Zug im Antlitz; dann die Stief¬
mutter, eine ſtattliche, geputzte Frau im beſten Alter. Auch
die beiden Liebenden, deren Vermählung nahe bevorſtand, waren
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