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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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zehnte August bestimmt war. Ich ließ mich bereit finden, von
dem Gedanken verlockt, bei dieser festlichen Gelegenheit mit
Mariannen zusammenzutreffen, welche ich seit jenem traurigen
Abend nicht wieder gesehen hatte. Denn es war inzwischen
trübes, regnerisches Wetter eingefallen, das den Garten verö¬
dete; auch hatte ich im Drange meiner Geschäfte und Abschieds¬
besuche, die meiste Zeit außer Hause zugebracht. Dadurch war
sie mir etwas ferner gerückt worden, und wenn ich an sie
dachte, geschah es mit einer Art süß-schmerzlicher Genugthuung
und mit dem Gefühl, daß die Erinnerung an sie mein ganzes
künftiges Dasein begleiten und verschönen würde. Ihre Zu¬
kunft -- so eigensüchtig ist das menschliche Herz -- erwog ich
nicht; vielleicht war es eine geheime Angst, was mich davon
abhielt. -- Nun aber wollte ich noch einmal den Zauber ihres
Wesens ganz und voll in mich aufnehmen -- und dann schei¬
den für immer. --

Der fünfzehnte August war da und mit ihm hatte sich
der Himmel wieder aufgehellt. In den ersten Stunden des
Nachmittags erschien ein Wagen, um mich zur Trauung zu
fahren; die Andern hatten sich schon früher nach dem Hause
der Braut begeben. Als ich vor der Kirche hielt, war diese
bereits von vielen Neugierigen belagert und gleich darauf kam
eine lange Reihe offener Wagen in Sicht, die auf raschen
Rädern Brautleute und Hochzeitsgäste heranbrachten. Alles
strahlte in Freude und Heiterkeit; beim Aussteigen gab es ein

zehnte Auguſt beſtimmt war. Ich ließ mich bereit finden, von
dem Gedanken verlockt, bei dieſer feſtlichen Gelegenheit mit
Mariannen zuſammenzutreffen, welche ich ſeit jenem traurigen
Abend nicht wieder geſehen hatte. Denn es war inzwiſchen
trübes, regneriſches Wetter eingefallen, das den Garten verö¬
dete; auch hatte ich im Drange meiner Geſchäfte und Abſchieds¬
beſuche, die meiſte Zeit außer Hauſe zugebracht. Dadurch war
ſie mir etwas ferner gerückt worden, und wenn ich an ſie
dachte, geſchah es mit einer Art ſüß-ſchmerzlicher Genugthuung
und mit dem Gefühl, daß die Erinnerung an ſie mein ganzes
künftiges Daſein begleiten und verſchönen würde. Ihre Zu¬
kunft — ſo eigenſüchtig iſt das menſchliche Herz — erwog ich
nicht; vielleicht war es eine geheime Angſt, was mich davon
abhielt. — Nun aber wollte ich noch einmal den Zauber ihres
Weſens ganz und voll in mich aufnehmen — und dann ſchei¬
den für immer. —

Der fünfzehnte Auguſt war da und mit ihm hatte ſich
der Himmel wieder aufgehellt. In den erſten Stunden des
Nachmittags erſchien ein Wagen, um mich zur Trauung zu
fahren; die Andern hatten ſich ſchon früher nach dem Hauſe
der Braut begeben. Als ich vor der Kirche hielt, war dieſe
bereits von vielen Neugierigen belagert und gleich darauf kam
eine lange Reihe offener Wagen in Sicht, die auf raſchen
Rädern Brautleute und Hochzeitsgäſte heranbrachten. Alles
ſtrahlte in Freude und Heiterkeit; beim Ausſteigen gab es ein

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[116/0132] zehnte Auguſt beſtimmt war. Ich ließ mich bereit finden, von dem Gedanken verlockt, bei dieſer feſtlichen Gelegenheit mit Mariannen zuſammenzutreffen, welche ich ſeit jenem traurigen Abend nicht wieder geſehen hatte. Denn es war inzwiſchen trübes, regneriſches Wetter eingefallen, das den Garten verö¬ dete; auch hatte ich im Drange meiner Geſchäfte und Abſchieds¬ beſuche, die meiſte Zeit außer Hauſe zugebracht. Dadurch war ſie mir etwas ferner gerückt worden, und wenn ich an ſie dachte, geſchah es mit einer Art ſüß-ſchmerzlicher Genugthuung und mit dem Gefühl, daß die Erinnerung an ſie mein ganzes künftiges Daſein begleiten und verſchönen würde. Ihre Zu¬ kunft — ſo eigenſüchtig iſt das menſchliche Herz — erwog ich nicht; vielleicht war es eine geheime Angſt, was mich davon abhielt. — Nun aber wollte ich noch einmal den Zauber ihres Weſens ganz und voll in mich aufnehmen — und dann ſchei¬ den für immer. — Der fünfzehnte Auguſt war da und mit ihm hatte ſich der Himmel wieder aufgehellt. In den erſten Stunden des Nachmittags erſchien ein Wagen, um mich zur Trauung zu fahren; die Andern hatten ſich ſchon früher nach dem Hauſe der Braut begeben. Als ich vor der Kirche hielt, war dieſe bereits von vielen Neugierigen belagert und gleich darauf kam eine lange Reihe offener Wagen in Sicht, die auf raſchen Rädern Brautleute und Hochzeitsgäſte heranbrachten. Alles ſtrahlte in Freude und Heiterkeit; beim Ausſteigen gab es ein

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/132>, abgerufen am 24.11.2024.