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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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Inzwischen war der Mittag heran gerückt und mit einem
Male ertönten in der Ferne lustige Klänge von Hörnern und
Clarinetten. Gleich darauf stürzte der Wirth aus der Thüre.
"Die Hochzeiter sind da!" rief er dem nachfolgenden Gesinde
zu. "Sputet euch! die Tische sollten schon gedeckt sein." Der
Befehl wurde rasch ausgeführt, und es war auch hohe Zeit;
denn schon kam, von der lärmenden Ortsjugend umsprungen,
ein stattlicher Zug in Sicht. Spielleute voran; dann ein
jugendliches Brautpaar; hintendrein die ganze Sippschaft, zahl¬
reiche Hochzeitsgäste und ein Rudel Neugieriger. Im Nu
waren die Tische besetzt und umlagert, und nun ging es an
ein Schmausen, Trinken und Jubiliren, und die Musikanten,
die auch Streichinstrumente mitgebracht hatten, fiedelten und
bliesen dazu, daß ihnen fast der Odem ausging. Es waren
seltsam wechselnde Empfindungen, die unser Paar inmitten die¬
ser lauten Lustbarkeit überkamen. Zuerst hatten sie erstaunt
in das bunte Gewirr hineingeblickt; dann aber konnte Tertschka
das Auge nicht mehr von der Braut abwenden. Die sah auch
gar schön aus und mußte eine reiche Bauerstochter gewesen
sein. Sie trug ein knappes Mieder von schwarzem Sammt,
das ihren schlanken Wuchs deutlich hervortreten ließ; ein Kett¬
lein von eitel Gold war fünf- oder sechsmal um ihren Hals
geschlungen und das hohe Myrtenkränzlein in dem blonden, hinten
in zwei langen Zöpfen herabfallenden Haar stand ihr zu dem
etwas stolzen und strengen Gesichte wie eine kleine Krone.

Inzwiſchen war der Mittag heran gerückt und mit einem
Male ertönten in der Ferne luſtige Klänge von Hörnern und
Clarinetten. Gleich darauf ſtürzte der Wirth aus der Thüre.
„Die Hochzeiter ſind da!“ rief er dem nachfolgenden Geſinde
zu. „Sputet euch! die Tiſche ſollten ſchon gedeckt ſein.“ Der
Befehl wurde raſch ausgeführt, und es war auch hohe Zeit;
denn ſchon kam, von der lärmenden Ortsjugend umſprungen,
ein ſtattlicher Zug in Sicht. Spielleute voran; dann ein
jugendliches Brautpaar; hintendrein die ganze Sippſchaft, zahl¬
reiche Hochzeitsgäſte und ein Rudel Neugieriger. Im Nu
waren die Tiſche beſetzt und umlagert, und nun ging es an
ein Schmauſen, Trinken und Jubiliren, und die Muſikanten,
die auch Streichinſtrumente mitgebracht hatten, fiedelten und
blieſen dazu, daß ihnen faſt der Odem ausging. Es waren
ſeltſam wechſelnde Empfindungen, die unſer Paar inmitten die¬
ſer lauten Luſtbarkeit überkamen. Zuerſt hatten ſie erſtaunt
in das bunte Gewirr hineingeblickt; dann aber konnte Tertſchka
das Auge nicht mehr von der Braut abwenden. Die ſah auch
gar ſchön aus und mußte eine reiche Bauerstochter geweſen
ſein. Sie trug ein knappes Mieder von ſchwarzem Sammt,
das ihren ſchlanken Wuchs deutlich hervortreten ließ; ein Kett¬
lein von eitel Gold war fünf- oder ſechsmal um ihren Hals
geſchlungen und das hohe Myrtenkränzlein in dem blonden, hinten
in zwei langen Zöpfen herabfallenden Haar ſtand ihr zu dem
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[160/0176] Inzwiſchen war der Mittag heran gerückt und mit einem Male ertönten in der Ferne luſtige Klänge von Hörnern und Clarinetten. Gleich darauf ſtürzte der Wirth aus der Thüre. „Die Hochzeiter ſind da!“ rief er dem nachfolgenden Geſinde zu. „Sputet euch! die Tiſche ſollten ſchon gedeckt ſein.“ Der Befehl wurde raſch ausgeführt, und es war auch hohe Zeit; denn ſchon kam, von der lärmenden Ortsjugend umſprungen, ein ſtattlicher Zug in Sicht. Spielleute voran; dann ein jugendliches Brautpaar; hintendrein die ganze Sippſchaft, zahl¬ reiche Hochzeitsgäſte und ein Rudel Neugieriger. Im Nu waren die Tiſche beſetzt und umlagert, und nun ging es an ein Schmauſen, Trinken und Jubiliren, und die Muſikanten, die auch Streichinſtrumente mitgebracht hatten, fiedelten und blieſen dazu, daß ihnen faſt der Odem ausging. Es waren ſeltſam wechſelnde Empfindungen, die unſer Paar inmitten die¬ ſer lauten Luſtbarkeit überkamen. Zuerſt hatten ſie erſtaunt in das bunte Gewirr hineingeblickt; dann aber konnte Tertſchka das Auge nicht mehr von der Braut abwenden. Die ſah auch gar ſchön aus und mußte eine reiche Bauerstochter geweſen ſein. Sie trug ein knappes Mieder von ſchwarzem Sammt, das ihren ſchlanken Wuchs deutlich hervortreten ließ; ein Kett¬ lein von eitel Gold war fünf- oder ſechsmal um ihren Hals geſchlungen und das hohe Myrtenkränzlein in dem blonden, hinten in zwei langen Zöpfen herabfallenden Haar ſtand ihr zu dem etwas ſtolzen und ſtrengen Geſichte wie eine kleine Krone.

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/176>, abgerufen am 25.11.2024.