Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.zu Statten. So lag ich in der stillen Kühle, sog den Duft Der Priester war an die Brustwehr getreten. Dort Nach einer Weile wandte er sich und schlug die Richtung zu Statten. So lag ich in der ſtillen Kühle, ſog den Duft Der Prieſter war an die Bruſtwehr getreten. Dort Nach einer Weile wandte er ſich und ſchlug die Richtung <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0025" n="9"/> zu Statten. So lag ich in der ſtillen Kühle, ſog den Duft<lb/> des Flieders ein und lauſchte dem Zwitſchern eines Vogels<lb/> über meinem Haupte, als ich plötzlich in einiger Entfernung<lb/> hinter mir nahende Schritte vernahm, und bald ging eine<lb/> hohe Geſtalt in geiſtlicher Ordenstracht ohne mich zu bemerken<lb/> an mir vorüber. Es mußte, wie mein Vorgänger geſagt hatte,<lb/> der Pfaffe ſein, der neben der Kirche wohnte. Das waren<lb/> ja die langen Beine und die ſchlenkernde Soutane, welche dem<lb/> Baron ſo lächerlich erſchienen; ſelbſt das Buch unter dem<lb/> Arme fehlte nicht.</p><lb/> <p>Der Prieſter war an die Bruſtwehr getreten. Dort<lb/> nahm er ſein ſchwarzes Sammtkäppchen ab; man wußte nicht,<lb/> that er es aus Andacht vor der Natur, in die er hinausblickte,<lb/> oder um ſein Haupt der Luft preiszugeben, die über die Baſtei<lb/> ſtrich und mit ſeinen leicht ergrauten Haaren ſpielte.</p><lb/> <p>Nach einer Weile wandte er ſich und ſchlug die Richtung<lb/> gegen das Blockhaus ein. Er ſchien mich noch immer nicht<lb/> zu bemerken, obgleich er gerade auf die Stelle losging, wo<lb/> ich lag. Ich erinnerte mich unwillkürlich an die Aeußerung<lb/> des Barons, daß der Prieſter beſtändig in's Blaue ſähe, ob¬<lb/> gleich er gegenwärtig mehr in ſich hineinzublicken ſchien. End¬<lb/> lich gewahrte er mich. Er ſchrack leicht zuſammen und eine<lb/> feine Röthe flog über ſein ſchmales, blaſſes Geſicht. Aber<lb/> dieſe Verwirrung dauerte nur einen Augenblick. Gleichgültig,<lb/> ohne mich mehr mit einem Blicke zu ſtreifen, ging er an mir<lb/></p> </body> </text> </TEI> [9/0025]
zu Statten. So lag ich in der ſtillen Kühle, ſog den Duft
des Flieders ein und lauſchte dem Zwitſchern eines Vogels
über meinem Haupte, als ich plötzlich in einiger Entfernung
hinter mir nahende Schritte vernahm, und bald ging eine
hohe Geſtalt in geiſtlicher Ordenstracht ohne mich zu bemerken
an mir vorüber. Es mußte, wie mein Vorgänger geſagt hatte,
der Pfaffe ſein, der neben der Kirche wohnte. Das waren
ja die langen Beine und die ſchlenkernde Soutane, welche dem
Baron ſo lächerlich erſchienen; ſelbſt das Buch unter dem
Arme fehlte nicht.
Der Prieſter war an die Bruſtwehr getreten. Dort
nahm er ſein ſchwarzes Sammtkäppchen ab; man wußte nicht,
that er es aus Andacht vor der Natur, in die er hinausblickte,
oder um ſein Haupt der Luft preiszugeben, die über die Baſtei
ſtrich und mit ſeinen leicht ergrauten Haaren ſpielte.
Nach einer Weile wandte er ſich und ſchlug die Richtung
gegen das Blockhaus ein. Er ſchien mich noch immer nicht
zu bemerken, obgleich er gerade auf die Stelle losging, wo
ich lag. Ich erinnerte mich unwillkürlich an die Aeußerung
des Barons, daß der Prieſter beſtändig in's Blaue ſähe, ob¬
gleich er gegenwärtig mehr in ſich hineinzublicken ſchien. End¬
lich gewahrte er mich. Er ſchrack leicht zuſammen und eine
feine Röthe flog über ſein ſchmales, blaſſes Geſicht. Aber
dieſe Verwirrung dauerte nur einen Augenblick. Gleichgültig,
ohne mich mehr mit einem Blicke zu ſtreifen, ging er an mir
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