Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

lagen. "Ich bedauere", sagte er obenhin, "daß Sie heute
nicht mehr unser Gast sein können. Setzen Sie Ihren Marsch
glücklich und wohlbehalten fort. -- Es wird auch den Andern
leid thun, Sie nicht mehr zu sehen. Meine Frau ist mit dem
Grafen Rödern ausgeritten -- und meine Tochter weilt jetzt
bei ihren Studien." Dabei machte er eine leichte Bewegung,
als wollte er sagen: Sie sind entlassen. Aber nach kurzem
Bedenken blickte er mich freundlicher an und fuhr mit einer
gewissen Wärme fort: "Es war mir in der That eine Freude,
Sie kennen gelernt zu haben. Leben Sie wohl!" Und er
reichte mir die Hand, die ich, unwillkürlich zögernd, mit der
meinen berührte.

Es war mir eine Erleichterung, als ich die Thüre hinter
mir hatte, und wohlgemuth wanderte ich dem Städtchen zu,
wo ich Alles in fröhlicher Bewegung fand. Denn man hatte
uns zu Ehren die Anstalten zu einem Feste getroffen, welches
schon früh am Nachmittage mit einem lärmenden Preisschießen
begann und später in einen ländlichen Ball überging.

Auch ich hatte mit allen Offizieren daran Theil genommen,
hatte mit mancher Schönen des Ortes getanzt, und schon sank
die Nacht schwül und dunkel auf die Gefilde nieder, als ich
den Saal der Schießstätte verließ und mit pochenden Schläfen
den Rückweg antrat. Kein Laut regte sich in den Fichten;
schwer und betäubend schlug mir der Duft des Kornes ent¬
gegen, das jetzt die aufgesogene Gluth des Tages ausstrahlte;

lagen. „Ich bedauere“, ſagte er obenhin, „daß Sie heute
nicht mehr unſer Gaſt ſein können. Setzen Sie Ihren Marſch
glücklich und wohlbehalten fort. — Es wird auch den Andern
leid thun, Sie nicht mehr zu ſehen. Meine Frau iſt mit dem
Grafen Rödern ausgeritten — und meine Tochter weilt jetzt
bei ihren Studien.“ Dabei machte er eine leichte Bewegung,
als wollte er ſagen: Sie ſind entlaſſen. Aber nach kurzem
Bedenken blickte er mich freundlicher an und fuhr mit einer
gewiſſen Wärme fort: „Es war mir in der That eine Freude,
Sie kennen gelernt zu haben. Leben Sie wohl!“ Und er
reichte mir die Hand, die ich, unwillkürlich zögernd, mit der
meinen berührte.

Es war mir eine Erleichterung, als ich die Thüre hinter
mir hatte, und wohlgemuth wanderte ich dem Städtchen zu,
wo ich Alles in fröhlicher Bewegung fand. Denn man hatte
uns zu Ehren die Anſtalten zu einem Feſte getroffen, welches
ſchon früh am Nachmittage mit einem lärmenden Preisſchießen
begann und ſpäter in einen ländlichen Ball überging.

Auch ich hatte mit allen Offizieren daran Theil genommen,
hatte mit mancher Schönen des Ortes getanzt, und ſchon ſank
die Nacht ſchwül und dunkel auf die Gefilde nieder, als ich
den Saal der Schießſtätte verließ und mit pochenden Schläfen
den Rückweg antrat. Kein Laut regte ſich in den Fichten;
ſchwer und betäubend ſchlug mir der Duft des Kornes ent¬
gegen, das jetzt die aufgeſogene Gluth des Tages ausſtrahlte;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0281" n="265"/>
lagen. &#x201E;Ich bedauere&#x201C;, &#x017F;agte er obenhin, &#x201E;daß Sie heute<lb/>
nicht mehr un&#x017F;er Ga&#x017F;t &#x017F;ein können. Setzen Sie Ihren Mar&#x017F;ch<lb/>
glücklich und wohlbehalten fort. &#x2014; Es wird auch den Andern<lb/>
leid thun, Sie nicht mehr zu &#x017F;ehen. Meine Frau i&#x017F;t mit dem<lb/>
Grafen Rödern ausgeritten &#x2014; und meine Tochter weilt jetzt<lb/>
bei ihren Studien.&#x201C; Dabei machte er eine leichte Bewegung,<lb/>
als wollte er &#x017F;agen: Sie &#x017F;ind entla&#x017F;&#x017F;en. Aber nach kurzem<lb/>
Bedenken blickte er mich freundlicher an und fuhr mit einer<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Wärme fort: &#x201E;Es war mir in der That eine Freude,<lb/>
Sie kennen gelernt zu haben. Leben Sie wohl!&#x201C; Und er<lb/>
reichte mir die Hand, die ich, unwillkürlich zögernd, mit der<lb/>
meinen berührte.</p><lb/>
          <p>Es war mir eine Erleichterung, als ich die Thüre hinter<lb/>
mir hatte, und wohlgemuth wanderte ich dem Städtchen zu,<lb/>
wo ich Alles in fröhlicher Bewegung fand. Denn man hatte<lb/>
uns zu Ehren die An&#x017F;talten zu einem Fe&#x017F;te getroffen, welches<lb/>
&#x017F;chon früh am Nachmittage mit einem lärmenden Preis&#x017F;chießen<lb/>
begann und &#x017F;päter in einen ländlichen Ball überging.</p><lb/>
          <p>Auch ich hatte mit allen Offizieren daran Theil genommen,<lb/>
hatte mit mancher Schönen des Ortes getanzt, und &#x017F;chon &#x017F;ank<lb/>
die Nacht &#x017F;chwül und dunkel auf die Gefilde nieder, als ich<lb/>
den Saal der Schieß&#x017F;tätte verließ und mit pochenden Schläfen<lb/>
den Rückweg antrat. Kein Laut regte &#x017F;ich in den Fichten;<lb/>
&#x017F;chwer und betäubend &#x017F;chlug mir der Duft des Kornes ent¬<lb/>
gegen, das jetzt die aufge&#x017F;ogene Gluth des Tages aus&#x017F;trahlte;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0281] lagen. „Ich bedauere“, ſagte er obenhin, „daß Sie heute nicht mehr unſer Gaſt ſein können. Setzen Sie Ihren Marſch glücklich und wohlbehalten fort. — Es wird auch den Andern leid thun, Sie nicht mehr zu ſehen. Meine Frau iſt mit dem Grafen Rödern ausgeritten — und meine Tochter weilt jetzt bei ihren Studien.“ Dabei machte er eine leichte Bewegung, als wollte er ſagen: Sie ſind entlaſſen. Aber nach kurzem Bedenken blickte er mich freundlicher an und fuhr mit einer gewiſſen Wärme fort: „Es war mir in der That eine Freude, Sie kennen gelernt zu haben. Leben Sie wohl!“ Und er reichte mir die Hand, die ich, unwillkürlich zögernd, mit der meinen berührte. Es war mir eine Erleichterung, als ich die Thüre hinter mir hatte, und wohlgemuth wanderte ich dem Städtchen zu, wo ich Alles in fröhlicher Bewegung fand. Denn man hatte uns zu Ehren die Anſtalten zu einem Feſte getroffen, welches ſchon früh am Nachmittage mit einem lärmenden Preisſchießen begann und ſpäter in einen ländlichen Ball überging. Auch ich hatte mit allen Offizieren daran Theil genommen, hatte mit mancher Schönen des Ortes getanzt, und ſchon ſank die Nacht ſchwül und dunkel auf die Gefilde nieder, als ich den Saal der Schießſtätte verließ und mit pochenden Schläfen den Rückweg antrat. Kein Laut regte ſich in den Fichten; ſchwer und betäubend ſchlug mir der Duft des Kornes ent¬ gegen, das jetzt die aufgeſogene Gluth des Tages ausſtrahlte;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/281
Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/281>, abgerufen am 19.07.2024.