Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.ter um das rasch hinzustürzende Geflügel zu kümmern, schöpfte Drüben hatten sich die versprengten Gäste allmälig wieder In der Kirche, welche gewöhnlich nur an Sonn- und ter um das raſch hinzuſtürzende Geflügel zu kümmern, ſchöpfte Drüben hatten ſich die verſprengten Gäſte allmälig wieder In der Kirche, welche gewöhnlich nur an Sonn- und <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0058" n="42"/> ter um das raſch hinzuſtürzende Geflügel zu kümmern, ſchöpfte<lb/> ſie Waſſer aus der Ciſterne und begab ſich wieder in das<lb/> Haus zurück, aus deſſen Schornſtein alsbald ein leichter Rauch<lb/> in die heitere Morgenluft aufſtieg. Mittlerweile war auch<lb/> ein munter ausſehender Knabe über die Schwelle gehüpft,<lb/> der nun mit dem Muthwillen ſeines Alters die emſig pickende<lb/> Schaar von den reichlich zugemeſſenen Körnern zu verſcheuchen<lb/> begann, wobei er ſich an dem Geſchrei und an der verwor¬<lb/> renen Flucht der furchtſamen Thiere weidlich zu ergötzen ſchien.<lb/> Plötzlich aber wurde er von dem Mädchen, das raſch aus der<lb/> Thüre eilte, beim Arme gefaßt und hineingezogen.</p><lb/> <p>Drüben hatten ſich die verſprengten Gäſte allmälig wieder<lb/> eingefunden, als es an meine Thüre klopfte. Es war der<lb/> Kirchendiener, um mich zur Meſſe abzuholen, mit welcher ich<lb/> mein Amt einweihen wollte. Bevor wir gingen, fragte ich<lb/> den Mann, wer dort drüben wohne. „Der Zeugwart,“ er¬<lb/> wiederte er, „mit Weib und Kindern. Ein alter Knaſterbart,<lb/> der die Franzoſenkriege mitgemacht und ſich den ruhigen Poſten<lb/> hier oben durch manche Bleſſur verdient hat.“</p><lb/> <p>In der Kirche, welche gewöhnlich nur an Sonn- und<lb/> Feiertagen offen iſt, war kein Beter anweſend. Als ich mich<lb/> beim Evangelium umwandte, ſah ich das Mädchen herein¬<lb/> treten. Sie trug einen Korb am Arme und kniete in der<lb/> Nähe des Altares nieder, an welchem ich die Meſſe las. Nach<lb/> einem kurzen Gebete erhob und bekreuzte ſie ſich und ging wieder.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [42/0058]
ter um das raſch hinzuſtürzende Geflügel zu kümmern, ſchöpfte
ſie Waſſer aus der Ciſterne und begab ſich wieder in das
Haus zurück, aus deſſen Schornſtein alsbald ein leichter Rauch
in die heitere Morgenluft aufſtieg. Mittlerweile war auch
ein munter ausſehender Knabe über die Schwelle gehüpft,
der nun mit dem Muthwillen ſeines Alters die emſig pickende
Schaar von den reichlich zugemeſſenen Körnern zu verſcheuchen
begann, wobei er ſich an dem Geſchrei und an der verwor¬
renen Flucht der furchtſamen Thiere weidlich zu ergötzen ſchien.
Plötzlich aber wurde er von dem Mädchen, das raſch aus der
Thüre eilte, beim Arme gefaßt und hineingezogen.
Drüben hatten ſich die verſprengten Gäſte allmälig wieder
eingefunden, als es an meine Thüre klopfte. Es war der
Kirchendiener, um mich zur Meſſe abzuholen, mit welcher ich
mein Amt einweihen wollte. Bevor wir gingen, fragte ich
den Mann, wer dort drüben wohne. „Der Zeugwart,“ er¬
wiederte er, „mit Weib und Kindern. Ein alter Knaſterbart,
der die Franzoſenkriege mitgemacht und ſich den ruhigen Poſten
hier oben durch manche Bleſſur verdient hat.“
In der Kirche, welche gewöhnlich nur an Sonn- und
Feiertagen offen iſt, war kein Beter anweſend. Als ich mich
beim Evangelium umwandte, ſah ich das Mädchen herein¬
treten. Sie trug einen Korb am Arme und kniete in der
Nähe des Altares nieder, an welchem ich die Meſſe las. Nach
einem kurzen Gebete erhob und bekreuzte ſie ſich und ging wieder.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |