Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.der Gesellschaft: laßt uns doch den alten Wyschehrad mit "Sie sangen das Lied?" fragte ich. "Ja, ich;" erwiederte er, mein Erstaunen nicht in seiner "Ich habe Sie singen hören und den Kahn vorüberfahren Arthur sah mich überrascht an. "Erinnerst du dich nicht mehr," bemerkte Richard, "daß "Ich war es," entgegnete ich. "Und vielleicht," fuhr der Geſellſchaft: laßt uns doch den alten Wyſchehrad mit „Sie ſangen das Lied?“ fragte ich. „Ja, ich;“ erwiederte er, mein Erſtaunen nicht in ſeiner „Ich habe Sie ſingen hören und den Kahn vorüberfahren Arthur ſah mich überraſcht an. „Erinnerſt du dich nicht mehr,“ bemerkte Richard, „daß „Ich war es,“ entgegnete ich. „Und vielleicht,“ fuhr <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0086" n="70"/> der Geſellſchaft: laßt uns doch den alten Wyſchehrad mit<lb/> einem Lied begrüßen! Dieſer Vorſchlag fand lebhaften Anklang<lb/> und man drängte mich von allen Seiten, einen Geſang anzu¬<lb/> ſtimmen. Gut, erwiederte ich, wir wollen die Schläfer hinter<lb/> den Wällen wach ſingen. Und raſch mich beſinnend, hob ich<lb/> mit einem Lied an, deſſen Worte mir der Augenblick eingab,<lb/> und welche ich einer bekannten Melodie unterſchob.“</p><lb/> <p>„Sie ſangen das Lied?“ fragte ich.</p><lb/> <p>„Ja, ich;“ erwiederte er, mein Erſtaunen nicht in ſeiner<lb/> eigentlichen Bedeutung faſſend. „Jetzt iſt es mir, ich hätte<lb/> mich damit verſündigt. Es war ein echtes Lebenslied, begann<lb/> weich und ſchmelzend, ſchwoll aber raſch zum Ausdrucke des<lb/> froheſten Uebermuthes an. In welchem Vollgefühle des Glückes,<lb/> wie zukunftstrunken ſang ich es! Mir war, es müſſe durch<lb/> die Stille der Nacht über die ganze Erde erklingen und in<lb/> jeder Bruſt einen Wiederhall meiner Seligkeit wachrufen.“</p><lb/> <p>„Ich habe Sie ſingen hören und den Kahn vorüberfahren<lb/> ſehen,“ ſagte ich.</p><lb/> <p>Arthur ſah mich überraſcht an.</p><lb/> <p>„Erinnerſt du dich nicht mehr,“ bemerkte Richard, „daß<lb/> uns Jemand auf eine dunkle Geſtalt aufmerkſam machte, die<lb/> er hinter dem äußerſten Mauervorſprung der Citadelle zu er¬<lb/> kennen glaubte. Vielleicht war es der geiſtliche Herr.“</p><lb/> <p>„Ich war es,“ entgegnete ich. „Und vielleicht,“ fuhr<lb/> ich gegen Arthur fort, „kann es etwas zu Ihrem Troſte bei¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [70/0086]
der Geſellſchaft: laßt uns doch den alten Wyſchehrad mit
einem Lied begrüßen! Dieſer Vorſchlag fand lebhaften Anklang
und man drängte mich von allen Seiten, einen Geſang anzu¬
ſtimmen. Gut, erwiederte ich, wir wollen die Schläfer hinter
den Wällen wach ſingen. Und raſch mich beſinnend, hob ich
mit einem Lied an, deſſen Worte mir der Augenblick eingab,
und welche ich einer bekannten Melodie unterſchob.“
„Sie ſangen das Lied?“ fragte ich.
„Ja, ich;“ erwiederte er, mein Erſtaunen nicht in ſeiner
eigentlichen Bedeutung faſſend. „Jetzt iſt es mir, ich hätte
mich damit verſündigt. Es war ein echtes Lebenslied, begann
weich und ſchmelzend, ſchwoll aber raſch zum Ausdrucke des
froheſten Uebermuthes an. In welchem Vollgefühle des Glückes,
wie zukunftstrunken ſang ich es! Mir war, es müſſe durch
die Stille der Nacht über die ganze Erde erklingen und in
jeder Bruſt einen Wiederhall meiner Seligkeit wachrufen.“
„Ich habe Sie ſingen hören und den Kahn vorüberfahren
ſehen,“ ſagte ich.
Arthur ſah mich überraſcht an.
„Erinnerſt du dich nicht mehr,“ bemerkte Richard, „daß
uns Jemand auf eine dunkle Geſtalt aufmerkſam machte, die
er hinter dem äußerſten Mauervorſprung der Citadelle zu er¬
kennen glaubte. Vielleicht war es der geiſtliche Herr.“
„Ich war es,“ entgegnete ich. „Und vielleicht,“ fuhr
ich gegen Arthur fort, „kann es etwas zu Ihrem Troſte bei¬
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