Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wollen, aber weißt du nicht, daß das mein Haus ist? Er zitterte, auch seine Stimme zitterte. Thu mit mir, was du willst, sagte er. Was soll ich mit dir thun? -- Aber hast du so eine Idee von Ehre? -- Wir müssen also ein paar Kugeln wechseln. Ich leuchtete ihm noch die Treppe hinab. Dann ritt ich zu Leon Bodoschkan; er sollte mir Zeuge sein. Er lächelte trüb. Es ist eigentlich eine Dummheit, sagte er, aber bis morgen früh soll Alles in Ordnung sein -- thu mir nur die Liebe, und lies mir heute Nacht diese Blätter da. Damit gab er mir diese Papiere. Sehen Sie, und ich trage sie seitdem immer bei mir. Merkwürdiger Mensch das! Ich las sie also. Eigentlich wozu? Ich forderte den Liebhaber meiner Frau, aber eigentlich hatte es Nichts zu bedeuten. Ich war im Unrecht, ich wußte es also, aber die Ehre -- nun, Sie wissen. Aber es hatte Alles Nichts Zu bedeuten. Ich wußte, daß er nicht treffen würde. Er konnte auf fünfzehn Schritt einen Heuschober nicht von einem Spatzen unterscheiden -- und ich -- nun, ich schieße gut. Ich konnte Rache nehmen. Ich konnte ihn tödten. Niemand hätte ein Wort gesagt -- aber ich hatte kein Recht und schoß vorbei. Denn ich war, wie gesagt, ebenso schuldig, als er oder sein Weib. wollen, aber weißt du nicht, daß das mein Haus ist? Er zitterte, auch seine Stimme zitterte. Thu mit mir, was du willst, sagte er. Was soll ich mit dir thun? — Aber hast du so eine Idee von Ehre? — Wir müssen also ein paar Kugeln wechseln. Ich leuchtete ihm noch die Treppe hinab. Dann ritt ich zu Leon Bodoschkan; er sollte mir Zeuge sein. Er lächelte trüb. Es ist eigentlich eine Dummheit, sagte er, aber bis morgen früh soll Alles in Ordnung sein — thu mir nur die Liebe, und lies mir heute Nacht diese Blätter da. Damit gab er mir diese Papiere. Sehen Sie, und ich trage sie seitdem immer bei mir. Merkwürdiger Mensch das! Ich las sie also. Eigentlich wozu? Ich forderte den Liebhaber meiner Frau, aber eigentlich hatte es Nichts zu bedeuten. Ich war im Unrecht, ich wußte es also, aber die Ehre — nun, Sie wissen. Aber es hatte Alles Nichts Zu bedeuten. Ich wußte, daß er nicht treffen würde. Er konnte auf fünfzehn Schritt einen Heuschober nicht von einem Spatzen unterscheiden — und ich — nun, ich schieße gut. Ich konnte Rache nehmen. Ich konnte ihn tödten. Niemand hätte ein Wort gesagt — aber ich hatte kein Recht und schoß vorbei. Denn ich war, wie gesagt, ebenso schuldig, als er oder sein Weib. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0080"/> wollen, aber weißt du nicht, daß das mein Haus ist? Er zitterte, auch seine Stimme zitterte. Thu mit mir, was du willst, sagte er.</p><lb/> <p>Was soll ich mit dir thun? — Aber hast du so eine Idee von Ehre? — Wir müssen also ein paar Kugeln wechseln. Ich leuchtete ihm noch die Treppe hinab. Dann ritt ich zu Leon Bodoschkan; er sollte mir Zeuge sein.</p><lb/> <p>Er lächelte trüb. Es ist eigentlich eine Dummheit, sagte er, aber bis morgen früh soll Alles in Ordnung sein — thu mir nur die Liebe, und lies mir heute Nacht diese Blätter da. Damit gab er mir diese Papiere. Sehen Sie, und ich trage sie seitdem immer bei mir. Merkwürdiger Mensch das!</p><lb/> <p>Ich las sie also.</p><lb/> <p>Eigentlich wozu?</p><lb/> <p>Ich forderte den Liebhaber meiner Frau, aber eigentlich hatte es Nichts zu bedeuten.</p><lb/> <p>Ich war im Unrecht, ich wußte es also, aber die Ehre — nun, Sie wissen. Aber es hatte Alles Nichts Zu bedeuten.</p><lb/> <p>Ich wußte, daß er nicht treffen würde. Er konnte auf fünfzehn Schritt einen Heuschober nicht von einem Spatzen unterscheiden — und ich — nun, ich schieße gut.</p><lb/> <p>Ich konnte Rache nehmen. Ich konnte ihn tödten. Niemand hätte ein Wort gesagt — aber ich hatte kein Recht und schoß vorbei. Denn ich war, wie gesagt, ebenso schuldig, als er oder sein Weib.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0080]
wollen, aber weißt du nicht, daß das mein Haus ist? Er zitterte, auch seine Stimme zitterte. Thu mit mir, was du willst, sagte er.
Was soll ich mit dir thun? — Aber hast du so eine Idee von Ehre? — Wir müssen also ein paar Kugeln wechseln. Ich leuchtete ihm noch die Treppe hinab. Dann ritt ich zu Leon Bodoschkan; er sollte mir Zeuge sein.
Er lächelte trüb. Es ist eigentlich eine Dummheit, sagte er, aber bis morgen früh soll Alles in Ordnung sein — thu mir nur die Liebe, und lies mir heute Nacht diese Blätter da. Damit gab er mir diese Papiere. Sehen Sie, und ich trage sie seitdem immer bei mir. Merkwürdiger Mensch das!
Ich las sie also.
Eigentlich wozu?
Ich forderte den Liebhaber meiner Frau, aber eigentlich hatte es Nichts zu bedeuten.
Ich war im Unrecht, ich wußte es also, aber die Ehre — nun, Sie wissen. Aber es hatte Alles Nichts Zu bedeuten.
Ich wußte, daß er nicht treffen würde. Er konnte auf fünfzehn Schritt einen Heuschober nicht von einem Spatzen unterscheiden — und ich — nun, ich schieße gut.
Ich konnte Rache nehmen. Ich konnte ihn tödten. Niemand hätte ein Wort gesagt — aber ich hatte kein Recht und schoß vorbei. Denn ich war, wie gesagt, ebenso schuldig, als er oder sein Weib.
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Zitationshilfe: | Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/80>, abgerufen am 16.07.2024. |