Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

Die künstlichen Systeme und die Nomenclatur
plumula und das rostellum (Würzelchen) unterschieden. Dem
corculum coordinirt, also nicht als Theil des Embryos, sondern
als ein besonderes Organ des Samens figurirt hier der Coty-
ledon, dessen Definition mit den Worten: corpus laterale
seminis, bibulum caducum
gegeben wird. Schlechter konnte
man es unmöglich machen und kaum glaublich scheint es, daß
eine so schlechte Definition und Distinction 1751 und noch 1770
von dem damals hervorragendsten Botaniker gegeben werden
konnte, nachdem Malpighi und Grew beinahe hundert Jahre
früher auf zahlreichen Kupfertafeln die Theile des Samens und
sogar schon die Entwicklungsgeschichte und die Keimung desselben
erläutert hatten. Des Endosperms, welches Linne offenbar
mit dem Cotyledon confundirt, thut er keine Erwähnung, obgleich
schon Ray dasselbe von den übrigen Samentheilen gut unter-
schieden hatte. Was weiter oben über Linne's Unfähigkeit,
einigermaßen schwierig zu beobachtende Dinge sorgfältig zu un-
tersuchen, gesagt wurde, findet hier bei seiner Nomenclatur der
Samentheile mehr als hinreichende Bestätigung. Dem bereits
Gesagten gegenüber will es nicht viel bedeuten, daß er wie die
meisten früheren Botaniker die einsamigen Schließfrüchte als
Samen behandelt, dem entsprechend auch den pappus als Samen-
theil aufführt. Unter 7) receptaculum versteht er Alles, wo-
durch die Fructificationstheile unter einander verbunden werden,
außer dem receptaculum proprium, welches die Theile einer
einzelnen Blüthe verbindet, auch das receptaculum commune,
worunter er die mannigfaltigsten Inflorescenzen (Umbella,
Cyma, Spadix
) zusammenfaßt.

Das Wesen der Blüthe, heißt es schließlich, besteht in der
Anthere und dem Stigma; das der Frucht im Samen; das der
Fructification in Blüthe und Frucht und das der Vegetabilien
in der Fructification. Hierauf folgt nun eine lange Reihe Un-
terscheidungen und Benennungen der Fructificationsorgane, unter
denen schließlich auch die von Linne zuerst unterschiedenen Nec-
tarien genannt werden.

Ueber seine Ansicht von der Sexualität der Pflanzen,

Die künſtlichen Syſteme und die Nomenclatur
plumula und das rostellum (Würzelchen) unterſchieden. Dem
corculum coordinirt, alſo nicht als Theil des Embryos, ſondern
als ein beſonderes Organ des Samens figurirt hier der Coty-
ledon, deſſen Definition mit den Worten: corpus laterale
seminis, bibulum caducum
gegeben wird. Schlechter konnte
man es unmöglich machen und kaum glaublich ſcheint es, daß
eine ſo ſchlechte Definition und Diſtinction 1751 und noch 1770
von dem damals hervorragendſten Botaniker gegeben werden
konnte, nachdem Malpighi und Grew beinahe hundert Jahre
früher auf zahlreichen Kupfertafeln die Theile des Samens und
ſogar ſchon die Entwicklungsgeſchichte und die Keimung desſelben
erläutert hatten. Des Endoſperms, welches Linné offenbar
mit dem Cotyledon confundirt, thut er keine Erwähnung, obgleich
ſchon Ray dasſelbe von den übrigen Samentheilen gut unter-
ſchieden hatte. Was weiter oben über Linné's Unfähigkeit,
einigermaßen ſchwierig zu beobachtende Dinge ſorgfältig zu un-
terſuchen, geſagt wurde, findet hier bei ſeiner Nomenclatur der
Samentheile mehr als hinreichende Beſtätigung. Dem bereits
Geſagten gegenüber will es nicht viel bedeuten, daß er wie die
meiſten früheren Botaniker die einſamigen Schließfrüchte als
Samen behandelt, dem entſprechend auch den pappus als Samen-
theil aufführt. Unter 7) receptaculum verſteht er Alles, wo-
durch die Fructificationstheile unter einander verbunden werden,
außer dem receptaculum proprium, welches die Theile einer
einzelnen Blüthe verbindet, auch das receptaculum commune,
worunter er die mannigfaltigſten Inflorescenzen (Umbella,
Cyma, Spadix
) zuſammenfaßt.

Das Weſen der Blüthe, heißt es ſchließlich, beſteht in der
Anthere und dem Stigma; das der Frucht im Samen; das der
Fructification in Blüthe und Frucht und das der Vegetabilien
in der Fructification. Hierauf folgt nun eine lange Reihe Un-
terſcheidungen und Benennungen der Fructificationsorgane, unter
denen ſchließlich auch die von Linné zuerſt unterſchiedenen Nec-
tarien genannt werden.

Ueber ſeine Anſicht von der Sexualität der Pflanzen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0116" n="104"/><fw place="top" type="header">Die kün&#x017F;tlichen Sy&#x017F;teme und die Nomenclatur</fw><lb/><hi rendition="#aq">plumula</hi> und das <hi rendition="#aq">rostellum</hi> (Würzelchen) unter&#x017F;chieden. Dem<lb/><hi rendition="#aq">corculum</hi> coordinirt, al&#x017F;o nicht als Theil des Embryos, &#x017F;ondern<lb/>
als ein be&#x017F;onderes Organ des Samens figurirt hier der <hi rendition="#g">Coty</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ledon</hi>, de&#x017F;&#x017F;en Definition mit den Worten: <hi rendition="#aq">corpus laterale<lb/>
seminis, bibulum caducum</hi> gegeben wird. Schlechter konnte<lb/>
man es unmöglich machen und kaum glaublich &#x017F;cheint es, daß<lb/>
eine &#x017F;o &#x017F;chlechte Definition und Di&#x017F;tinction 1751 und noch 1770<lb/>
von dem damals hervorragend&#x017F;ten Botaniker gegeben werden<lb/>
konnte, nachdem <hi rendition="#g">Malpighi</hi> und <hi rendition="#g">Grew</hi> beinahe hundert Jahre<lb/>
früher auf zahlreichen Kupfertafeln die Theile des Samens und<lb/>
&#x017F;ogar &#x017F;chon die Entwicklungsge&#x017F;chichte und die Keimung des&#x017F;elben<lb/>
erläutert hatten. Des Endo&#x017F;perms, welches <hi rendition="#g">Linn<hi rendition="#aq">é</hi></hi> offenbar<lb/>
mit dem Cotyledon confundirt, thut er keine Erwähnung, obgleich<lb/>
&#x017F;chon <hi rendition="#g">Ray</hi> das&#x017F;elbe von den übrigen Samentheilen gut unter-<lb/>
&#x017F;chieden hatte. Was weiter oben über <hi rendition="#g">Linn<hi rendition="#aq">é</hi></hi>'s Unfähigkeit,<lb/>
einigermaßen &#x017F;chwierig zu beobachtende Dinge &#x017F;orgfältig zu un-<lb/>
ter&#x017F;uchen, ge&#x017F;agt wurde, findet hier bei &#x017F;einer Nomenclatur der<lb/>
Samentheile mehr als hinreichende Be&#x017F;tätigung. Dem bereits<lb/>
Ge&#x017F;agten gegenüber will es nicht viel bedeuten, daß er wie die<lb/>
mei&#x017F;ten früheren Botaniker die ein&#x017F;amigen Schließfrüchte als<lb/>
Samen behandelt, dem ent&#x017F;prechend auch den <hi rendition="#aq">pappus</hi> als Samen-<lb/>
theil aufführt. Unter 7) <hi rendition="#aq">receptaculum</hi> ver&#x017F;teht er Alles, wo-<lb/>
durch die Fructificationstheile unter einander verbunden werden,<lb/>
außer dem <hi rendition="#aq">receptaculum proprium,</hi> welches die Theile einer<lb/>
einzelnen Blüthe verbindet, auch das <hi rendition="#aq">receptaculum commune</hi>,<lb/>
worunter er die mannigfaltig&#x017F;ten Inflorescenzen (<hi rendition="#aq">Umbella,<lb/>
Cyma, Spadix</hi>) zu&#x017F;ammenfaßt.</p><lb/>
          <p>Das We&#x017F;en der Blüthe, heißt es &#x017F;chließlich, be&#x017F;teht in der<lb/>
Anthere und dem Stigma; das der Frucht im Samen; das der<lb/>
Fructification in Blüthe und Frucht und das der Vegetabilien<lb/>
in der Fructification. Hierauf folgt nun eine lange Reihe Un-<lb/>
ter&#x017F;cheidungen und Benennungen der Fructificationsorgane, unter<lb/>
denen &#x017F;chließlich auch die von <hi rendition="#g">Linn<hi rendition="#aq">é</hi></hi> zuer&#x017F;t unter&#x017F;chiedenen Nec-<lb/>
tarien genannt werden.</p><lb/>
          <p>Ueber &#x017F;eine An&#x017F;icht von der Sexualität der Pflanzen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0116] Die künſtlichen Syſteme und die Nomenclatur plumula und das rostellum (Würzelchen) unterſchieden. Dem corculum coordinirt, alſo nicht als Theil des Embryos, ſondern als ein beſonderes Organ des Samens figurirt hier der Coty- ledon, deſſen Definition mit den Worten: corpus laterale seminis, bibulum caducum gegeben wird. Schlechter konnte man es unmöglich machen und kaum glaublich ſcheint es, daß eine ſo ſchlechte Definition und Diſtinction 1751 und noch 1770 von dem damals hervorragendſten Botaniker gegeben werden konnte, nachdem Malpighi und Grew beinahe hundert Jahre früher auf zahlreichen Kupfertafeln die Theile des Samens und ſogar ſchon die Entwicklungsgeſchichte und die Keimung desſelben erläutert hatten. Des Endoſperms, welches Linné offenbar mit dem Cotyledon confundirt, thut er keine Erwähnung, obgleich ſchon Ray dasſelbe von den übrigen Samentheilen gut unter- ſchieden hatte. Was weiter oben über Linné's Unfähigkeit, einigermaßen ſchwierig zu beobachtende Dinge ſorgfältig zu un- terſuchen, geſagt wurde, findet hier bei ſeiner Nomenclatur der Samentheile mehr als hinreichende Beſtätigung. Dem bereits Geſagten gegenüber will es nicht viel bedeuten, daß er wie die meiſten früheren Botaniker die einſamigen Schließfrüchte als Samen behandelt, dem entſprechend auch den pappus als Samen- theil aufführt. Unter 7) receptaculum verſteht er Alles, wo- durch die Fructificationstheile unter einander verbunden werden, außer dem receptaculum proprium, welches die Theile einer einzelnen Blüthe verbindet, auch das receptaculum commune, worunter er die mannigfaltigſten Inflorescenzen (Umbella, Cyma, Spadix) zuſammenfaßt. Das Weſen der Blüthe, heißt es ſchließlich, beſteht in der Anthere und dem Stigma; das der Frucht im Samen; das der Fructification in Blüthe und Frucht und das der Vegetabilien in der Fructification. Hierauf folgt nun eine lange Reihe Un- terſcheidungen und Benennungen der Fructificationsorgane, unter denen ſchließlich auch die von Linné zuerſt unterſchiedenen Nec- tarien genannt werden. Ueber ſeine Anſicht von der Sexualität der Pflanzen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/116
Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/116>, abgerufen am 21.11.2024.