Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Bearbeitung des natürlichen Systems unter dem halten; nicht weniger als 24 Systeme wurden in diesem Zeitraumaufgestellt, ungerechnet sogar alle Diejenigen, welche sich ganz und gar in naturphilosophischen Anschauungen bewegten. Mit dieser großen, extensiven Productivität war jedoch eine ent- sprechende Vertiefung nicht verbunden; wesentlich neue Gesichts- punkte für die Classification wurden nicht aufgestellt und in Bezug auf die wahren Grundlagen der natürlichen Systematik trat sogar ein deutlicher Rückschritt ein, wie unten noch gezeigt werden soll. Im Einzelnen jedoch wurde das System wirklich gefördert, indem man sich an die von De Candolle, Jussieu und Brown aufgestellten Principien im Allgemeinen wenigstens hielt. Vor Allem wurden nicht nur die Familien selbst geklärt und besser begrenzt, sondern auch Gruppen von Familien aufgestellt, welche sich mehr und mehr als natürliche Verwandtschaftskreise darstellten. Es handelte sich hierbei vorwiegend um die ausgedehnte Classe der Dicotylen, deren immer zahlreicher werdende Familien noch bei A. L. de Jussieu ein Chaos bildeten, bei De Candolle aber in ziemlich künstlicher Weise in größere Gruppen vereinigt waren. Auch hier sehen wir wieder, wie die Ausbildung der Systematik sich Schritt für Schritt vom Besonderen zum All- gemeineren erhebt; nachdem früher aus den Species die Gattun- gen, dann aus diesen die Familien gebildet worden waren, gelang es nun in diesem Zeitraum von 1820-1845, die Fa- milien selbst wieder in etwas umfangreichere Gruppen zusammen- zuordnen; aber noch nicht gelang es, diese Ordnungen oder Classen so zu gruppiren, daß dadurch die größten Gruppen des Pflanzenreiches in natürlicher Weise gespalten worden wären. Noch jetzt ist namentlich die große Klasse der Dicotylen noch nicht so geordnet, daß die kleineren Familiencomplexe sich in befriedigender Weise an einander schließen. Nichts desto weniger war es ein beträchtlicher Fortschritt, daß man wenigstens eine große Zahl kleinerer Familiengruppen aufstellte und besonders waren es Bartling und Endlicher, welche sie bildeten, mit Namen belegten und charakterisirten. Betrachten wir dagegen die Haupteintheilung des ganzen Bearbeitung des natürlichen Syſtems unter dem halten; nicht weniger als 24 Syſteme wurden in dieſem Zeitraumaufgeſtellt, ungerechnet ſogar alle Diejenigen, welche ſich ganz und gar in naturphiloſophiſchen Anſchauungen bewegten. Mit dieſer großen, extenſiven Productivität war jedoch eine ent- ſprechende Vertiefung nicht verbunden; weſentlich neue Geſichts- punkte für die Claſſification wurden nicht aufgeſtellt und in Bezug auf die wahren Grundlagen der natürlichen Syſtematik trat ſogar ein deutlicher Rückſchritt ein, wie unten noch gezeigt werden ſoll. Im Einzelnen jedoch wurde das Syſtem wirklich gefördert, indem man ſich an die von De Candolle, Juſſieu und Brown aufgeſtellten Principien im Allgemeinen wenigſtens hielt. Vor Allem wurden nicht nur die Familien ſelbſt geklärt und beſſer begrenzt, ſondern auch Gruppen von Familien aufgeſtellt, welche ſich mehr und mehr als natürliche Verwandtſchaftskreiſe darſtellten. Es handelte ſich hierbei vorwiegend um die ausgedehnte Claſſe der Dicotylen, deren immer zahlreicher werdende Familien noch bei A. L. de Juſſieu ein Chaos bildeten, bei De Candolle aber in ziemlich künſtlicher Weiſe in größere Gruppen vereinigt waren. Auch hier ſehen wir wieder, wie die Ausbildung der Syſtematik ſich Schritt für Schritt vom Beſonderen zum All- gemeineren erhebt; nachdem früher aus den Species die Gattun- gen, dann aus dieſen die Familien gebildet worden waren, gelang es nun in dieſem Zeitraum von 1820-1845, die Fa- milien ſelbſt wieder in etwas umfangreichere Gruppen zuſammen- zuordnen; aber noch nicht gelang es, dieſe Ordnungen oder Claſſen ſo zu gruppiren, daß dadurch die größten Gruppen des Pflanzenreiches in natürlicher Weiſe geſpalten worden wären. Noch jetzt iſt namentlich die große Klaſſe der Dicotylen noch nicht ſo geordnet, daß die kleineren Familiencomplexe ſich in befriedigender Weiſe an einander ſchließen. Nichts deſto weniger war es ein beträchtlicher Fortſchritt, daß man wenigſtens eine große Zahl kleinerer Familiengruppen aufſtellte und beſonders waren es Bartling und Endlicher, welche ſie bildeten, mit Namen belegten und charakteriſirten. 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Bearbeitung des natürlichen Syſtems unter dem
halten; nicht weniger als 24 Syſteme wurden in dieſem Zeitraum
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und gar in naturphiloſophiſchen Anſchauungen bewegten. Mit
dieſer großen, extenſiven Productivität war jedoch eine ent-
ſprechende Vertiefung nicht verbunden; weſentlich neue Geſichts-
punkte für die Claſſification wurden nicht aufgeſtellt und in
Bezug auf die wahren Grundlagen der natürlichen Syſtematik
trat ſogar ein deutlicher Rückſchritt ein, wie unten noch gezeigt
werden ſoll. Im Einzelnen jedoch wurde das Syſtem wirklich
gefördert, indem man ſich an die von De Candolle, Juſſieu
und Brown aufgeſtellten Principien im Allgemeinen wenigſtens
hielt. Vor Allem wurden nicht nur die Familien ſelbſt geklärt und
beſſer begrenzt, ſondern auch Gruppen von Familien aufgeſtellt, welche
ſich mehr und mehr als natürliche Verwandtſchaftskreiſe darſtellten.
Es handelte ſich hierbei vorwiegend um die ausgedehnte Claſſe der
Dicotylen, deren immer zahlreicher werdende Familien noch bei
A. L. de Juſſieu ein Chaos bildeten, bei De Candolle
aber in ziemlich künſtlicher Weiſe in größere Gruppen vereinigt
waren. Auch hier ſehen wir wieder, wie die Ausbildung der
Syſtematik ſich Schritt für Schritt vom Beſonderen zum All-
gemeineren erhebt; nachdem früher aus den Species die Gattun-
gen, dann aus dieſen die Familien gebildet worden waren,
gelang es nun in dieſem Zeitraum von 1820-1845, die Fa-
milien ſelbſt wieder in etwas umfangreichere Gruppen zuſammen-
zuordnen; aber noch nicht gelang es, dieſe Ordnungen oder
Claſſen ſo zu gruppiren, daß dadurch die größten Gruppen des
Pflanzenreiches in natürlicher Weiſe geſpalten worden wären.
Noch jetzt iſt namentlich die große Klaſſe der Dicotylen noch
nicht ſo geordnet, daß die kleineren Familiencomplexe ſich in
befriedigender Weiſe an einander ſchließen. Nichts deſto weniger
war es ein beträchtlicher Fortſchritt, daß man wenigſtens eine
große Zahl kleinerer Familiengruppen aufſtellte und beſonders
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Zitationshilfe: | Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/168>, abgerufen am 16.02.2025. |