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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Untersuchung des fertigen
direct widersprechen und obgleich er Sprengel's sonderbare
Zellbildungstheorie unverändert aufnimmt. Link dagegen erklärt
sich aus guten Gründen gegen Sprengel's Theorie, indem er
nachweist, daß dessen für junge Zellen gehaltene Bläschen Stärke-
körner sind; freilich läßt er dagegen die neuen Zellen zwischen
den älteren entstehen. - Rudolphi meint, die Zellen münden
oft in einander, wie der Uebergang gefärbter Flüssigkeiten deut-
lich beweise; Link behauptet, die Zellen seien geschlossen und
beweist diese Behauptung treffend durch das Vorkommen von
Zellen mit farbigem Saft mitten im farblosen Gewebe. - Ru-
dolphi läßt die Spalte der Spaltöffnungen von einer rund-
lichen Umfassung umgeben sein, die er ohne vieles Bedenken für
einen Schließmuskel hält, da sich die Spalten erweitern und
verengern. Viel besser hält Link die Umgebung der Spalte
für eine Zelle oder für eine Gruppe von Zellen. - Rudolphi
kennt als Luftwege in den Pflanzen nur die großen Höhlen in
hohlen Stengeln und im Gewebe der Wasserpflanzen; Link er-
klärt dieselben für Lücken, welche durch verschiedenes Wachsthum
der Gewebezellen entstehen. - Bei Rudolphi bezeichnet das
Wort Gefäß nicht nur die Gefäßformen des Holzes, sondern auch
die Milchgefäße und Harzgänge und auf die Milchgefäße trägt
er sogar die Malpighische Ansicht vom Bau der Spiralge-
fäße über. Link bezeichnet nur die im Holz liegenden Röhren
als Gefäße, indem er die verschiedensten Formen derselben als
Spiralgefäße auffaßt; die Milchgefäße, Harzgänge u. dgl. schließt
er vom Begriff der Gefäße aus und zwar inconsequenter Weise,
da er mit Rudolphi annimmt, der Begriff des Gefäßes liege
darin, daß es wie bei den Thieren ein Nahrungssaft führender
Canal sei.

Bei so vielen Widersprüchen der beiden Preisschriften stim-
men diese jedoch darin überein, daß sie die alte Malpighi'sche
Ansicht vom Dickenwachsthum der Stämme annehmen, wonach
die neuen Holzlagen aus den inneren Bastschichten entstehen,
indem gleichzeitig zwischen den Bastzellen, die auch hier mit den
Holzfasern für identisch gehalten werden, neue Spiralgefäße ent-

Unterſuchung des fertigen
direct widerſprechen und obgleich er Sprengel's ſonderbare
Zellbildungstheorie unverändert aufnimmt. Link dagegen erklärt
ſich aus guten Gründen gegen Sprengel's Theorie, indem er
nachweiſt, daß deſſen für junge Zellen gehaltene Bläschen Stärke-
körner ſind; freilich läßt er dagegen die neuen Zellen zwiſchen
den älteren entſtehen. ‒ Rudolphi meint, die Zellen münden
oft in einander, wie der Uebergang gefärbter Flüſſigkeiten deut-
lich beweiſe; Link behauptet, die Zellen ſeien geſchloſſen und
beweiſt dieſe Behauptung treffend durch das Vorkommen von
Zellen mit farbigem Saft mitten im farbloſen Gewebe. ‒ Ru-
dolphi läßt die Spalte der Spaltöffnungen von einer rund-
lichen Umfaſſung umgeben ſein, die er ohne vieles Bedenken für
einen Schließmuskel hält, da ſich die Spalten erweitern und
verengern. Viel beſſer hält Link die Umgebung der Spalte
für eine Zelle oder für eine Gruppe von Zellen. ‒ Rudolphi
kennt als Luftwege in den Pflanzen nur die großen Höhlen in
hohlen Stengeln und im Gewebe der Waſſerpflanzen; Link er-
klärt dieſelben für Lücken, welche durch verſchiedenes Wachsthum
der Gewebezellen entſtehen. ‒ Bei Rudolphi bezeichnet das
Wort Gefäß nicht nur die Gefäßformen des Holzes, ſondern auch
die Milchgefäße und Harzgänge und auf die Milchgefäße trägt
er ſogar die Malpighiſche Anſicht vom Bau der Spiralge-
fäße über. Link bezeichnet nur die im Holz liegenden Röhren
als Gefäße, indem er die verſchiedenſten Formen derſelben als
Spiralgefäße auffaßt; die Milchgefäße, Harzgänge u. dgl. ſchließt
er vom Begriff der Gefäße aus und zwar inconſequenter Weiſe,
da er mit Rudolphi annimmt, der Begriff des Gefäßes liege
darin, daß es wie bei den Thieren ein Nahrungsſaft führender
Canal ſei.

Bei ſo vielen Widerſprüchen der beiden Preisſchriften ſtim-
men dieſe jedoch darin überein, daß ſie die alte Malpighi'ſche
Anſicht vom Dickenwachsthum der Stämme annehmen, wonach
die neuen Holzlagen aus den inneren Baſtſchichten entſtehen,
indem gleichzeitig zwiſchen den Baſtzellen, die auch hier mit den
Holzfaſern für identiſch gehalten werden, neue Spiralgefäße ent-

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[290/0302] Unterſuchung des fertigen direct widerſprechen und obgleich er Sprengel's ſonderbare Zellbildungstheorie unverändert aufnimmt. Link dagegen erklärt ſich aus guten Gründen gegen Sprengel's Theorie, indem er nachweiſt, daß deſſen für junge Zellen gehaltene Bläschen Stärke- körner ſind; freilich läßt er dagegen die neuen Zellen zwiſchen den älteren entſtehen. ‒ Rudolphi meint, die Zellen münden oft in einander, wie der Uebergang gefärbter Flüſſigkeiten deut- lich beweiſe; Link behauptet, die Zellen ſeien geſchloſſen und beweiſt dieſe Behauptung treffend durch das Vorkommen von Zellen mit farbigem Saft mitten im farbloſen Gewebe. ‒ Ru- dolphi läßt die Spalte der Spaltöffnungen von einer rund- lichen Umfaſſung umgeben ſein, die er ohne vieles Bedenken für einen Schließmuskel hält, da ſich die Spalten erweitern und verengern. Viel beſſer hält Link die Umgebung der Spalte für eine Zelle oder für eine Gruppe von Zellen. ‒ Rudolphi kennt als Luftwege in den Pflanzen nur die großen Höhlen in hohlen Stengeln und im Gewebe der Waſſerpflanzen; Link er- klärt dieſelben für Lücken, welche durch verſchiedenes Wachsthum der Gewebezellen entſtehen. ‒ Bei Rudolphi bezeichnet das Wort Gefäß nicht nur die Gefäßformen des Holzes, ſondern auch die Milchgefäße und Harzgänge und auf die Milchgefäße trägt er ſogar die Malpighiſche Anſicht vom Bau der Spiralge- fäße über. Link bezeichnet nur die im Holz liegenden Röhren als Gefäße, indem er die verſchiedenſten Formen derſelben als Spiralgefäße auffaßt; die Milchgefäße, Harzgänge u. dgl. ſchließt er vom Begriff der Gefäße aus und zwar inconſequenter Weiſe, da er mit Rudolphi annimmt, der Begriff des Gefäßes liege darin, daß es wie bei den Thieren ein Nahrungsſaft führender Canal ſei. Bei ſo vielen Widerſprüchen der beiden Preisſchriften ſtim- men dieſe jedoch darin überein, daß ſie die alte Malpighi'ſche Anſicht vom Dickenwachsthum der Stämme annehmen, wonach die neuen Holzlagen aus den inneren Baſtſchichten entſtehen, indem gleichzeitig zwiſchen den Baſtzellen, die auch hier mit den Holzfaſern für identiſch gehalten werden, neue Spiralgefäße ent-

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/302>, abgerufen am 22.11.2024.