liegen. Treviranus, der die Poren geleugnet, verweist er auf seine Beschreibung der Treppengefäße, wo er die den Poren entsprechenden Spalten selbst gesehen habe.
Diesen Fundamentalfragen gegenüber haben die weiteren Ausführungen Mirbel's über verschiedene Einzelheiten für uns kein weiteres Interesse. Im Zusammenhang stellte Mirbel seine gesammte Gewebelehre in Form von Aphorismen dar, welche den zweiten Theil seines erwähnten Buches bilden. Von dem, was er über die von ihm angenommenen fünf Arten von Ge- fäßformen sagt, ist von hervorragenderem Interesse die Angabe, daß bei seinen rosenkranzförmigen Gefäßen siebartig durchbohrte Diaphragmen die einzelnen Glieder trennen. Den schwächsten Theil der Phytotomie finden wir bei Mirbel sowie bei seinen Gegnern in der Beschreibung der eigenen Gefäße (vasa propria) zu denen auch er ebenso die Milchzellen der Euphorbien, wie die Harzgänge der Coniferen rechnet; daß diese letzteren Canäle sind, welche von einer eigenthümlichen Gewebeschicht eingefaßt werden, erkannte er übrigens deutlich genug. Diesen Gewebe- formen ist der dritte Theil des Buches gewidmet, wo wir erfahren, daß Mirbel zu seinen bündelförmig geordneten eigenen Gefäßen nicht nur manche Formen von Siebröhrenbündeln, sondern auch ächte Baststränge, wie die der Nesseln und des Hanfes rechnet. -- Wie seine Gegner läßt auch Mirbel das Dickenwachsthum holziger Stämme durch Verwandlung der inneren Bastschichten in Holzlagen stattfinden; doch giebt er dieser Ansicht eine andere Wendung, welche sich schon mehr der modernen Theorie des Dickenwachsthums nähert: während der Vegetationszeit entwickle sich bei den Dikotylen an der Grenze von Holz und Rinde ein feines Gewebe mit großen Gefäßen, welche die Masse des Holz- körpers vermehren, während andererseits ein lockeres Zellgewebe entstehe, welches dazu bestimmt ist, die beständigen Verluste der äußeren Rinde zu ersetzen. Für die späteren Phytotomen, welche mit dem Worte Cambium eine dünne, beständig Holz und Rinde erzeugende Gewebeschicht bezeichneten, mußte Mirbel's ohnehin sehr unklare Ansicht vom Dickenwachsthum um so unklarer wer-
Unterſuchung des fertigen
liegen. Treviranus, der die Poren geleugnet, verweiſt er auf ſeine Beſchreibung der Treppengefäße, wo er die den Poren entſprechenden Spalten ſelbſt geſehen habe.
Dieſen Fundamentalfragen gegenüber haben die weiteren Ausführungen Mirbel's über verſchiedene Einzelheiten für uns kein weiteres Intereſſe. Im Zuſammenhang ſtellte Mirbel ſeine geſammte Gewebelehre in Form von Aphorismen dar, welche den zweiten Theil ſeines erwähnten Buches bilden. Von dem, was er über die von ihm angenommenen fünf Arten von Ge- fäßformen ſagt, iſt von hervorragenderem Intereſſe die Angabe, daß bei ſeinen roſenkranzförmigen Gefäßen ſiebartig durchbohrte Diaphragmen die einzelnen Glieder trennen. Den ſchwächſten Theil der Phytotomie finden wir bei Mirbel ſowie bei ſeinen Gegnern in der Beſchreibung der eigenen Gefäße (vasa propria) zu denen auch er ebenſo die Milchzellen der Euphorbien, wie die Harzgänge der Coniferen rechnet; daß dieſe letzteren Canäle ſind, welche von einer eigenthümlichen Gewebeſchicht eingefaßt werden, erkannte er übrigens deutlich genug. Dieſen Gewebe- formen iſt der dritte Theil des Buches gewidmet, wo wir erfahren, daß Mirbel zu ſeinen bündelförmig geordneten eigenen Gefäßen nicht nur manche Formen von Siebröhrenbündeln, ſondern auch ächte Baſtſtränge, wie die der Neſſeln und des Hanfes rechnet. — Wie ſeine Gegner läßt auch Mirbel das Dickenwachsthum holziger Stämme durch Verwandlung der inneren Baſtſchichten in Holzlagen ſtattfinden; doch giebt er dieſer Anſicht eine andere Wendung, welche ſich ſchon mehr der modernen Theorie des Dickenwachsthums nähert: während der Vegetationszeit entwickle ſich bei den Dikotylen an der Grenze von Holz und Rinde ein feines Gewebe mit großen Gefäßen, welche die Maſſe des Holz- körpers vermehren, während andererſeits ein lockeres Zellgewebe entſtehe, welches dazu beſtimmt iſt, die beſtändigen Verluſte der äußeren Rinde zu erſetzen. Für die ſpäteren Phytotomen, welche mit dem Worte Cambium eine dünne, beſtändig Holz und Rinde erzeugende Gewebeſchicht bezeichneten, mußte Mirbel's ohnehin ſehr unklare Anſicht vom Dickenwachsthum um ſo unklarer wer-
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Unterſuchung des fertigen
liegen. Treviranus, der die Poren geleugnet, verweiſt er
auf ſeine Beſchreibung der Treppengefäße, wo er die den Poren
entſprechenden Spalten ſelbſt geſehen habe.
Dieſen Fundamentalfragen gegenüber haben die weiteren
Ausführungen Mirbel's über verſchiedene Einzelheiten für uns
kein weiteres Intereſſe. Im Zuſammenhang ſtellte Mirbel ſeine
geſammte Gewebelehre in Form von Aphorismen dar, welche
den zweiten Theil ſeines erwähnten Buches bilden. Von dem,
was er über die von ihm angenommenen fünf Arten von Ge-
fäßformen ſagt, iſt von hervorragenderem Intereſſe die Angabe,
daß bei ſeinen roſenkranzförmigen Gefäßen ſiebartig durchbohrte
Diaphragmen die einzelnen Glieder trennen. Den ſchwächſten
Theil der Phytotomie finden wir bei Mirbel ſowie bei ſeinen
Gegnern in der Beſchreibung der eigenen Gefäße (vasa propria)
zu denen auch er ebenſo die Milchzellen der Euphorbien, wie
die Harzgänge der Coniferen rechnet; daß dieſe letzteren Canäle
ſind, welche von einer eigenthümlichen Gewebeſchicht eingefaßt
werden, erkannte er übrigens deutlich genug. Dieſen Gewebe-
formen iſt der dritte Theil des Buches gewidmet, wo wir erfahren,
daß Mirbel zu ſeinen bündelförmig geordneten eigenen Gefäßen
nicht nur manche Formen von Siebröhrenbündeln, ſondern auch
ächte Baſtſtränge, wie die der Neſſeln und des Hanfes rechnet. —
Wie ſeine Gegner läßt auch Mirbel das Dickenwachsthum
holziger Stämme durch Verwandlung der inneren Baſtſchichten
in Holzlagen ſtattfinden; doch giebt er dieſer Anſicht eine andere
Wendung, welche ſich ſchon mehr der modernen Theorie des
Dickenwachsthums nähert: während der Vegetationszeit entwickle
ſich bei den Dikotylen an der Grenze von Holz und Rinde ein
feines Gewebe mit großen Gefäßen, welche die Maſſe des Holz-
körpers vermehren, während andererſeits ein lockeres Zellgewebe
entſtehe, welches dazu beſtimmt iſt, die beſtändigen Verluſte der
äußeren Rinde zu erſetzen. Für die ſpäteren Phytotomen, welche
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erzeugende Gewebeſchicht bezeichneten, mußte Mirbel's ohnehin
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/308>, abgerufen am 21.11.2024.
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