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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Untersuchung des fertigen
Cutikula als primäre Zellhautlamellen in Anspruch nahm, deren
Substanz eine tief greifende chemische Veränderung erlitten habe.
-- Auch diese Ansichten von der Interzellularsubstanz und der
Cutikula mußten übrigens eine wesentlich andere Gestalt an-
nehmen, als Nägeli seine Intussuceptionstheorie aufstellte.

Bei der hier gebotenen Kürze der Darstellung müssen diese
Notizen genügen, um Mohl's Bedeutung für die Ausbildung
der Zellentheorie, soweit dieselbe den Bau des festen Zellhaut-
gerüstes betrifft, anzudeuten; auf seine Beobachtungen über die
Entstehung der Zellen selbst komme ich später noch zurück.

5) Gewebeformen und vergleichende Anatomie.
Die schwächste Seite der Phytotomie bis in die dreißiger Jahre
hinein lag in der Classifikation der Gewebeformen, in der Auf-
fassung ihrer Gruppirung und demzufolge in der histologischen
Nomenclatur. Die darin liegenden Uebelstände machten sich be-
sonders dann geltend, wenn es darauf ankam, den anatomischen
Bau verschiedener Pflanzenklassen, der Cryptogamen, Coniferen,
Monokotylen und Dikotylen zu vergleichen, die wahren Unter-
schiede und wirklichen Uebereinstimmungen derselben festzusetzen.
Wie wenig die Phytotomie in dieser Richtung noch fortgeschritten
war, zeigt sich deutlich in der von Meyen noch 1837 im neuen
System gegebenen Darstellung. Es gehört mit zu den Verdiensten
Mohl's, daß er schon in seinen früheren Arbeiten mehr als es
seine Zeitgenossen thaten, Werth auf eine natürliche und zweck-
mäßige Unterscheidung der verschiedenen Gewebeformen, auf eine
richtige Auffassung ihrer Gruppirung legte und so nicht nur die
Orientirung im Gesammtbau der höheren Pflanzen erleichterte,
sondern auch die wissenschaftliche Vergleichung der Struktur ver-
schiedener Pflanzenklassen ermöglichte.

Wie lange vorher Moldenhawer, so faßte auch Mohl
von vornherein die Gefäßbündel in ihrer Eigenartigkeit den
übrigen Gewebemassen gegenüber richtig auf, indem auch er
dabei von den Monokotylen ausging; schon in seiner 1831 er-
schienenen Abhandlung über die Struktur der Palmen und nicht

Unterſuchung des fertigen
Cutikula als primäre Zellhautlamellen in Anſpruch nahm, deren
Subſtanz eine tief greifende chemiſche Veränderung erlitten habe.
— Auch dieſe Anſichten von der Interzellularſubſtanz und der
Cutikula mußten übrigens eine weſentlich andere Geſtalt an-
nehmen, als Nägeli ſeine Intusſuceptionstheorie aufſtellte.

Bei der hier gebotenen Kürze der Darſtellung müſſen dieſe
Notizen genügen, um Mohl's Bedeutung für die Ausbildung
der Zellentheorie, ſoweit dieſelbe den Bau des feſten Zellhaut-
gerüſtes betrifft, anzudeuten; auf ſeine Beobachtungen über die
Entſtehung der Zellen ſelbſt komme ich ſpäter noch zurück.

5) Gewebeformen und vergleichende Anatomie.
Die ſchwächſte Seite der Phytotomie bis in die dreißiger Jahre
hinein lag in der Claſſifikation der Gewebeformen, in der Auf-
faſſung ihrer Gruppirung und demzufolge in der hiſtologiſchen
Nomenclatur. Die darin liegenden Uebelſtände machten ſich be-
ſonders dann geltend, wenn es darauf ankam, den anatomiſchen
Bau verſchiedener Pflanzenklaſſen, der Cryptogamen, Coniferen,
Monokotylen und Dikotylen zu vergleichen, die wahren Unter-
ſchiede und wirklichen Uebereinſtimmungen derſelben feſtzuſetzen.
Wie wenig die Phytotomie in dieſer Richtung noch fortgeſchritten
war, zeigt ſich deutlich in der von Meyen noch 1837 im neuen
Syſtem gegebenen Darſtellung. Es gehört mit zu den Verdienſten
Mohl's, daß er ſchon in ſeinen früheren Arbeiten mehr als es
ſeine Zeitgenoſſen thaten, Werth auf eine natürliche und zweck-
mäßige Unterſcheidung der verſchiedenen Gewebeformen, auf eine
richtige Auffaſſung ihrer Gruppirung legte und ſo nicht nur die
Orientirung im Geſammtbau der höheren Pflanzen erleichterte,
ſondern auch die wiſſenſchaftliche Vergleichung der Struktur ver-
ſchiedener Pflanzenklaſſen ermöglichte.

Wie lange vorher Moldenhawer, ſo faßte auch Mohl
von vornherein die Gefäßbündel in ihrer Eigenartigkeit den
übrigen Gewebemaſſen gegenüber richtig auf, indem auch er
dabei von den Monokotylen ausging; ſchon in ſeiner 1831 er-
ſchienenen Abhandlung über die Struktur der Palmen und nicht

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[330/0342] Unterſuchung des fertigen Cutikula als primäre Zellhautlamellen in Anſpruch nahm, deren Subſtanz eine tief greifende chemiſche Veränderung erlitten habe. — Auch dieſe Anſichten von der Interzellularſubſtanz und der Cutikula mußten übrigens eine weſentlich andere Geſtalt an- nehmen, als Nägeli ſeine Intusſuceptionstheorie aufſtellte. Bei der hier gebotenen Kürze der Darſtellung müſſen dieſe Notizen genügen, um Mohl's Bedeutung für die Ausbildung der Zellentheorie, ſoweit dieſelbe den Bau des feſten Zellhaut- gerüſtes betrifft, anzudeuten; auf ſeine Beobachtungen über die Entſtehung der Zellen ſelbſt komme ich ſpäter noch zurück. 5) Gewebeformen und vergleichende Anatomie. Die ſchwächſte Seite der Phytotomie bis in die dreißiger Jahre hinein lag in der Claſſifikation der Gewebeformen, in der Auf- faſſung ihrer Gruppirung und demzufolge in der hiſtologiſchen Nomenclatur. Die darin liegenden Uebelſtände machten ſich be- ſonders dann geltend, wenn es darauf ankam, den anatomiſchen Bau verſchiedener Pflanzenklaſſen, der Cryptogamen, Coniferen, Monokotylen und Dikotylen zu vergleichen, die wahren Unter- ſchiede und wirklichen Uebereinſtimmungen derſelben feſtzuſetzen. Wie wenig die Phytotomie in dieſer Richtung noch fortgeſchritten war, zeigt ſich deutlich in der von Meyen noch 1837 im neuen Syſtem gegebenen Darſtellung. Es gehört mit zu den Verdienſten Mohl's, daß er ſchon in ſeinen früheren Arbeiten mehr als es ſeine Zeitgenoſſen thaten, Werth auf eine natürliche und zweck- mäßige Unterſcheidung der verſchiedenen Gewebeformen, auf eine richtige Auffaſſung ihrer Gruppirung legte und ſo nicht nur die Orientirung im Geſammtbau der höheren Pflanzen erleichterte, ſondern auch die wiſſenſchaftliche Vergleichung der Struktur ver- ſchiedener Pflanzenklaſſen ermöglichte. Wie lange vorher Moldenhawer, ſo faßte auch Mohl von vornherein die Gefäßbündel in ihrer Eigenartigkeit den übrigen Gewebemaſſen gegenüber richtig auf, indem auch er dabei von den Monokotylen ausging; ſchon in ſeiner 1831 er- ſchienenen Abhandlung über die Struktur der Palmen und nicht

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/342>, abgerufen am 21.11.2024.