Gewebeform, Molecularstruktur der organischen Gebilde.
stattfindet, besonders auch auf diejenige sehr dünne zwischen Holz und Rinde liegende Gewebeschicht, aus welcher sich die Holz- und Rindenlagen der Holzpflanzen regeneriren, eine Schicht, welche nach Mirbel's Theorie als eine sulzige Saftmasse gegolten hatte, in welcher neue Zellen als Vacuolen entstehen.
Unger trat 1844 (Bot. Ztg. bei Gelegenheit einer Unter- suchung über das Wachsthum der Internodien) nochmals der Schleiden'schen Theorie entgegen, indem er zunächst irrthümlich das allgemeine Vorkommen der Zellkerne im Theilungsgewebe bestritt, dagegen ganz zutreffend aus der Lagerung, der ver- schiedenen Wanddicke und relativen Größe der Zellen auf die Vermehrung derselben durch Entstehung von Theilungswänden hinwies, die Betheiligung des Zellinhaltes bei der Vermehrung der Zellen in Haaren hervorhob und die Allgemeinheit der merismatischen Zellbildung (Zelltheilung) bei dem Wachsthum vegetativer Organe behauptete, indem er ausdrücklich hervorhob, daß alles das, was man an den Bildungsstätten des Zellgewebes wirklich sieht, mit Schleiden's Theorie nicht in Einklang zu bringen sei. Die bei der Zelltheilung stattfindenden Vorgänge beobachtete jedoch Unger nicht Schritt für Schritt; seine Be- obachtungen reichten im Ganzen hin, Schleiden's Theorie sehr unwahrscheinlich zu machen, ohne jedoch genügende Grundlagen zu einer neuen zu bieten und Schleiden unterließ nicht in der zweiten Auflage seiner Grundzüge 1845 Unger's Einwürfe abzuweisen.
In demselben Jahrgang der botanischen Zeitung trat schon vorher Mohl mit seiner bereits erwähnten Abhandlung über den Primordialschlauch hervor, mit welchem Namen er zum Theil die sehr dünne Protoplasmaschicht bezeichnete, welche in saft- reichen größeren Zellen wie eine Tapete die Innenseite der Zell- wand auskleidet, zum Theil aber eine äußere Schicht vom Pro- toplasma jüngerer Zellen, welche noch reich an dieser Substanz sind. Es war gerade kein glücklicher Griff, den Mohl mit der Aufstellung seines Primordialschlauches that, doch verstand er es, in seiner gewöhnlichen gründlichen Weise, diesen zu einer besseren
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Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gebilde.
ſtattfindet, beſonders auch auf diejenige ſehr dünne zwiſchen Holz und Rinde liegende Gewebeſchicht, aus welcher ſich die Holz- und Rindenlagen der Holzpflanzen regeneriren, eine Schicht, welche nach Mirbel's Theorie als eine ſulzige Saftmaſſe gegolten hatte, in welcher neue Zellen als Vacuolen entſtehen.
Unger trat 1844 (Bot. Ztg. bei Gelegenheit einer Unter- ſuchung über das Wachsthum der Internodien) nochmals der Schleiden'ſchen Theorie entgegen, indem er zunächſt irrthümlich das allgemeine Vorkommen der Zellkerne im Theilungsgewebe beſtritt, dagegen ganz zutreffend aus der Lagerung, der ver- ſchiedenen Wanddicke und relativen Größe der Zellen auf die Vermehrung derſelben durch Entſtehung von Theilungswänden hinwies, die Betheiligung des Zellinhaltes bei der Vermehrung der Zellen in Haaren hervorhob und die Allgemeinheit der merismatiſchen Zellbildung (Zelltheilung) bei dem Wachsthum vegetativer Organe behauptete, indem er ausdrücklich hervorhob, daß alles das, was man an den Bildungsſtätten des Zellgewebes wirklich ſieht, mit Schleiden's Theorie nicht in Einklang zu bringen ſei. Die bei der Zelltheilung ſtattfindenden Vorgänge beobachtete jedoch Unger nicht Schritt für Schritt; ſeine Be- obachtungen reichten im Ganzen hin, Schleiden's Theorie ſehr unwahrſcheinlich zu machen, ohne jedoch genügende Grundlagen zu einer neuen zu bieten und Schleiden unterließ nicht in der zweiten Auflage ſeiner Grundzüge 1845 Unger's Einwürfe abzuweiſen.
In demſelben Jahrgang der botaniſchen Zeitung trat ſchon vorher Mohl mit ſeiner bereits erwähnten Abhandlung über den Primordialſchlauch hervor, mit welchem Namen er zum Theil die ſehr dünne Protoplasmaſchicht bezeichnete, welche in ſaft- reichen größeren Zellen wie eine Tapete die Innenſeite der Zell- wand auskleidet, zum Theil aber eine äußere Schicht vom Pro- toplasma jüngerer Zellen, welche noch reich an dieſer Subſtanz ſind. Es war gerade kein glücklicher Griff, den Mohl mit der Aufſtellung ſeines Primordialſchlauches that, doch verſtand er es, in ſeiner gewöhnlichen gründlichen Weiſe, dieſen zu einer beſſeren
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Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gebilde.
ſtattfindet, beſonders auch auf diejenige ſehr dünne zwiſchen Holz
und Rinde liegende Gewebeſchicht, aus welcher ſich die Holz- und
Rindenlagen der Holzpflanzen regeneriren, eine Schicht, welche
nach Mirbel's Theorie als eine ſulzige Saftmaſſe gegolten
hatte, in welcher neue Zellen als Vacuolen entſtehen.
Unger trat 1844 (Bot. Ztg. bei Gelegenheit einer Unter-
ſuchung über das Wachsthum der Internodien) nochmals der
Schleiden'ſchen Theorie entgegen, indem er zunächſt irrthümlich
das allgemeine Vorkommen der Zellkerne im Theilungsgewebe
beſtritt, dagegen ganz zutreffend aus der Lagerung, der ver-
ſchiedenen Wanddicke und relativen Größe der Zellen auf die
Vermehrung derſelben durch Entſtehung von Theilungswänden
hinwies, die Betheiligung des Zellinhaltes bei der Vermehrung
der Zellen in Haaren hervorhob und die Allgemeinheit der
merismatiſchen Zellbildung (Zelltheilung) bei dem Wachsthum
vegetativer Organe behauptete, indem er ausdrücklich hervorhob,
daß alles das, was man an den Bildungsſtätten des Zellgewebes
wirklich ſieht, mit Schleiden's Theorie nicht in Einklang zu
bringen ſei. Die bei der Zelltheilung ſtattfindenden Vorgänge
beobachtete jedoch Unger nicht Schritt für Schritt; ſeine Be-
obachtungen reichten im Ganzen hin, Schleiden's Theorie ſehr
unwahrſcheinlich zu machen, ohne jedoch genügende Grundlagen
zu einer neuen zu bieten und Schleiden unterließ nicht in
der zweiten Auflage ſeiner Grundzüge 1845 Unger's Einwürfe
abzuweiſen.
In demſelben Jahrgang der botaniſchen Zeitung trat ſchon
vorher Mohl mit ſeiner bereits erwähnten Abhandlung über
den Primordialſchlauch hervor, mit welchem Namen er zum Theil
die ſehr dünne Protoplasmaſchicht bezeichnete, welche in ſaft-
reichen größeren Zellen wie eine Tapete die Innenſeite der Zell-
wand auskleidet, zum Theil aber eine äußere Schicht vom Pro-
toplasma jüngerer Zellen, welche noch reich an dieſer Subſtanz
ſind. Es war gerade kein glücklicher Griff, den Mohl mit der
Aufſtellung ſeines Primordialſchlauches that, doch verſtand er es,
in ſeiner gewöhnlichen gründlichen Weiſe, dieſen zu einer beſſeren
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/367>, abgerufen am 24.11.2024.
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