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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Gewebeform, Molecularstruktur der organischen Gewebe.
sei, vorausgesetzt freilich, daß der Beobachter mit der Physik des
polarisirten Lichtes vollkommen vertraut ist. Doch zeigte sich
auch bei dieser Gelegenheit wieder die Eigenthümlichkeit Mohl's,
welche ihn schon zwanzig Jahre früher gehindert hatte, seine
gründlichen und ausgedehnten Untersuchungen über die Zell-
bildung zu einem theoretischen Abschluß zu bringen; er begnügte
sich auch dießmal wieder, gründlich und richtig zu beobachten,
das Beobachtete sorgfältig zu beschreiben und es mit den nächst-
liegenden physikalischen Ansichten so in Verbindung zu bringen,
daß dadurch mehr eine Classifikation der Erscheinungen, als eine
neue und tiefere Einsicht in das Wesen der Sache gewonnen
wurde. Es fehlte ihm der schöpferische Gedanke, der Drang,
die Ergebnisse seiner Untersuchungen bis in die letzten Elemente
zu analysiren und sich aus diesem ein klares Bild der inneren
Struktur der organisirten Theile zu bilden. Mohl blieb auch
hier also bei der Induktion stehen, ohne bis zur deduktiven und
construirenden Bearbeitung der vorliegenden Frage überzugehen;
das Letztere that, wie wir sehen werden, Nägeli auch in
diesem Fall.

Unterdessen erschien 1861 ein umfangreicheres Werk von
Valentin über die Untersuchung der Pflanzen- und Thier-
gewebe im polarisirten Licht, wo der mit großer Literatur- und
Sachkenntniß ausgerüstete Verfasser die Polarisationserschein-
ungen ausführlich untersuchte, die Instrumente und ihre Hand-
habung ausgezeichnet darstellte, überhaupt die Theorie und
Technik derartiger Untersuchungen entwickelte. Er übersah jedoch
betreffs der pflanzlichen Zellhäute eine bereits von Mohl er-
kannte Erscheinung, daß nämlich die vom polarisirten Licht
senkrecht zu ihrer Fläche durchstrahlten Membranen Inter-
ferenzfarben zeigen, was ihn nothwendig zu einer unrichtigen
Deutung ihrer inneren Struktur führen mußte.

Auch Nägeli widmete von 1859 ab den Polarisations-
erscheinungen langwierige theoretische und physikalische Studien,
die im dritten Heft seiner botanischen Beiträge erst 1863
publicirt wurden; aber schon ein Jahr früher machte er die

Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gewebe.
ſei, vorausgeſetzt freilich, daß der Beobachter mit der Phyſik des
polariſirten Lichtes vollkommen vertraut iſt. Doch zeigte ſich
auch bei dieſer Gelegenheit wieder die Eigenthümlichkeit Mohl's,
welche ihn ſchon zwanzig Jahre früher gehindert hatte, ſeine
gründlichen und ausgedehnten Unterſuchungen über die Zell-
bildung zu einem theoretiſchen Abſchluß zu bringen; er begnügte
ſich auch dießmal wieder, gründlich und richtig zu beobachten,
das Beobachtete ſorgfältig zu beſchreiben und es mit den nächſt-
liegenden phyſikaliſchen Anſichten ſo in Verbindung zu bringen,
daß dadurch mehr eine Claſſifikation der Erſcheinungen, als eine
neue und tiefere Einſicht in das Weſen der Sache gewonnen
wurde. Es fehlte ihm der ſchöpferiſche Gedanke, der Drang,
die Ergebniſſe ſeiner Unterſuchungen bis in die letzten Elemente
zu analyſiren und ſich aus dieſem ein klares Bild der inneren
Struktur der organiſirten Theile zu bilden. Mohl blieb auch
hier alſo bei der Induktion ſtehen, ohne bis zur deduktiven und
conſtruirenden Bearbeitung der vorliegenden Frage überzugehen;
das Letztere that, wie wir ſehen werden, Nägeli auch in
dieſem Fall.

Unterdeſſen erſchien 1861 ein umfangreicheres Werk von
Valentin über die Unterſuchung der Pflanzen- und Thier-
gewebe im polariſirten Licht, wo der mit großer Literatur- und
Sachkenntniß ausgerüſtete Verfaſſer die Polariſationserſchein-
ungen ausführlich unterſuchte, die Inſtrumente und ihre Hand-
habung ausgezeichnet darſtellte, überhaupt die Theorie und
Technik derartiger Unterſuchungen entwickelte. Er überſah jedoch
betreffs der pflanzlichen Zellhäute eine bereits von Mohl er-
kannte Erſcheinung, daß nämlich die vom polariſirten Licht
ſenkrecht zu ihrer Fläche durchſtrahlten Membranen Inter-
ferenzfarben zeigen, was ihn nothwendig zu einer unrichtigen
Deutung ihrer inneren Struktur führen mußte.

Auch Nägeli widmete von 1859 ab den Polariſations-
erſcheinungen langwierige theoretiſche und phyſikaliſche Studien,
die im dritten Heft ſeiner botaniſchen Beiträge erſt 1863
publicirt wurden; aber ſchon ein Jahr früher machte er die

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[383/0395] Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gewebe. ſei, vorausgeſetzt freilich, daß der Beobachter mit der Phyſik des polariſirten Lichtes vollkommen vertraut iſt. Doch zeigte ſich auch bei dieſer Gelegenheit wieder die Eigenthümlichkeit Mohl's, welche ihn ſchon zwanzig Jahre früher gehindert hatte, ſeine gründlichen und ausgedehnten Unterſuchungen über die Zell- bildung zu einem theoretiſchen Abſchluß zu bringen; er begnügte ſich auch dießmal wieder, gründlich und richtig zu beobachten, das Beobachtete ſorgfältig zu beſchreiben und es mit den nächſt- liegenden phyſikaliſchen Anſichten ſo in Verbindung zu bringen, daß dadurch mehr eine Claſſifikation der Erſcheinungen, als eine neue und tiefere Einſicht in das Weſen der Sache gewonnen wurde. Es fehlte ihm der ſchöpferiſche Gedanke, der Drang, die Ergebniſſe ſeiner Unterſuchungen bis in die letzten Elemente zu analyſiren und ſich aus dieſem ein klares Bild der inneren Struktur der organiſirten Theile zu bilden. Mohl blieb auch hier alſo bei der Induktion ſtehen, ohne bis zur deduktiven und conſtruirenden Bearbeitung der vorliegenden Frage überzugehen; das Letztere that, wie wir ſehen werden, Nägeli auch in dieſem Fall. Unterdeſſen erſchien 1861 ein umfangreicheres Werk von Valentin über die Unterſuchung der Pflanzen- und Thier- gewebe im polariſirten Licht, wo der mit großer Literatur- und Sachkenntniß ausgerüſtete Verfaſſer die Polariſationserſchein- ungen ausführlich unterſuchte, die Inſtrumente und ihre Hand- habung ausgezeichnet darſtellte, überhaupt die Theorie und Technik derartiger Unterſuchungen entwickelte. Er überſah jedoch betreffs der pflanzlichen Zellhäute eine bereits von Mohl er- kannte Erſcheinung, daß nämlich die vom polariſirten Licht ſenkrecht zu ihrer Fläche durchſtrahlten Membranen Inter- ferenzfarben zeigen, was ihn nothwendig zu einer unrichtigen Deutung ihrer inneren Struktur führen mußte. Auch Nägeli widmete von 1859 ab den Polariſations- erſcheinungen langwierige theoretiſche und phyſikaliſche Studien, die im dritten Heft ſeiner botaniſchen Beiträge erſt 1863 publicirt wurden; aber ſchon ein Jahr früher machte er die

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/395>, abgerufen am 24.11.2024.