Mikroskopische Untersuchung der Befruchtungsvorgänge etc.
mehr veränderten Ansichten Schleiden's enthielt, eine Darlegung, welche man als einen vollständigen Widerruf Schleiden's deuten konnte, zu welchem bald darauf auch Schacht sich genöthigt sah, als er bei Gladiolus Verhältnisse an der Samenknospe kennen lernte, die mit der Schleiden'schen Theorie handgreiflich unverein- bar waren.
Hofmeister hatte von vornherein seine Aufmerksamkeit speziell der Frage zugewendet, ob im Pollenschlauch sich Gebilde vor- finden, welche etwa den Spermatozoiden entsprechen und ob etwa eine Oeffnung am Ende des Pollenschlauches wahrzunehmen sei. Zwar fand er bei den Coniferen (1851) Gebilde, welche immer- hin an die männlichen Befruchtungskörper höherer Cryptogamen erinnern mochten; der Pollenschlauch aber war geschlossen, sowie bei den übrigen Phanerogamen, wo seine Haut noch dazu eine sehr beträchtliche Dicke erreicht. Es blieb also Nichts übrig, als die Annahme, daß eine flüßige Substanz durch die Wand des Pollenschlauches und des Embryosackes hindurchdiffundirend die Befruchtung des Keimbläschens vermittelt und so war es nicht die Präformationstheorie des vorigen Jahrhunderts, welcher noch Brongniart anhing, sondern die von Koelreuter ver- tretene Ansicht, welche sich schließlich als die der Wahrheit näher kommende erwies; wenn freilich auch von Koelreuter's Ansicht Nichts weiter übrig blieb, als daß die befruchtende Substanz bei den Phanerogamen eine flüßige sei. Die für Sperma- tozoiden gehaltenen Inhaltskörnchen des Pollens dagegen haben sich später zum Theil als unschuldige Stärkekörnchen und Oel- tropfen zu erkennen gegeben.
8. Entdeckung der Sexualität der Kryptogamen. 1837-1860.
Um die Mitte der vierziger Jahre zweifelte kein Urtheils- fähiger mehr an der Sexualität der Phanerogamen. Nicht so war es bezüglich der kryptogamischen Pflanzen, obgleich schon
Mikroſkopiſche Unterſuchung der Befruchtungsvorgänge etc.
mehr veränderten Anſichten Schleiden's enthielt, eine Darlegung, welche man als einen vollſtändigen Widerruf Schleiden's deuten konnte, zu welchem bald darauf auch Schacht ſich genöthigt ſah, als er bei Gladiolus Verhältniſſe an der Samenknoſpe kennen lernte, die mit der Schleiden'ſchen Theorie handgreiflich unverein- bar waren.
Hofmeiſter hatte von vornherein ſeine Aufmerkſamkeit ſpeziell der Frage zugewendet, ob im Pollenſchlauch ſich Gebilde vor- finden, welche etwa den Spermatozoiden entſprechen und ob etwa eine Oeffnung am Ende des Pollenſchlauches wahrzunehmen ſei. Zwar fand er bei den Coniferen (1851) Gebilde, welche immer- hin an die männlichen Befruchtungskörper höherer Cryptogamen erinnern mochten; der Pollenſchlauch aber war geſchloſſen, ſowie bei den übrigen Phanerogamen, wo ſeine Haut noch dazu eine ſehr beträchtliche Dicke erreicht. Es blieb alſo Nichts übrig, als die Annahme, daß eine flüßige Subſtanz durch die Wand des Pollenſchlauches und des Embryoſackes hindurchdiffundirend die Befruchtung des Keimbläschens vermittelt und ſo war es nicht die Präformationstheorie des vorigen Jahrhunderts, welcher noch Brongniart anhing, ſondern die von Koelreuter ver- tretene Anſicht, welche ſich ſchließlich als die der Wahrheit näher kommende erwies; wenn freilich auch von Koelreuter's Anſicht Nichts weiter übrig blieb, als daß die befruchtende Subſtanz bei den Phanerogamen eine flüßige ſei. Die für Sperma- tozoiden gehaltenen Inhaltskörnchen des Pollens dagegen haben ſich ſpäter zum Theil als unſchuldige Stärkekörnchen und Oel- tropfen zu erkennen gegeben.
8. Entdeckung der Sexualität der Kryptogamen. 1837-1860.
Um die Mitte der vierziger Jahre zweifelte kein Urtheils- fähiger mehr an der Sexualität der Phanerogamen. Nicht ſo war es bezüglich der kryptogamiſchen Pflanzen, obgleich ſchon
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Mikroſkopiſche Unterſuchung der Befruchtungsvorgänge etc.
mehr veränderten Anſichten Schleiden's enthielt, eine Darlegung,
welche man als einen vollſtändigen Widerruf Schleiden's deuten
konnte, zu welchem bald darauf auch Schacht ſich genöthigt ſah,
als er bei Gladiolus Verhältniſſe an der Samenknoſpe kennen
lernte, die mit der Schleiden'ſchen Theorie handgreiflich unverein-
bar waren.
Hofmeiſter hatte von vornherein ſeine Aufmerkſamkeit ſpeziell
der Frage zugewendet, ob im Pollenſchlauch ſich Gebilde vor-
finden, welche etwa den Spermatozoiden entſprechen und ob etwa
eine Oeffnung am Ende des Pollenſchlauches wahrzunehmen ſei.
Zwar fand er bei den Coniferen (1851) Gebilde, welche immer-
hin an die männlichen Befruchtungskörper höherer Cryptogamen
erinnern mochten; der Pollenſchlauch aber war geſchloſſen, ſowie
bei den übrigen Phanerogamen, wo ſeine Haut noch dazu eine
ſehr beträchtliche Dicke erreicht. Es blieb alſo Nichts übrig,
als die Annahme, daß eine flüßige Subſtanz durch die Wand
des Pollenſchlauches und des Embryoſackes hindurchdiffundirend
die Befruchtung des Keimbläschens vermittelt und ſo war es
nicht die Präformationstheorie des vorigen Jahrhunderts, welcher
noch Brongniart anhing, ſondern die von Koelreuter ver-
tretene Anſicht, welche ſich ſchließlich als die der Wahrheit näher
kommende erwies; wenn freilich auch von Koelreuter's Anſicht
Nichts weiter übrig blieb, als daß die befruchtende Subſtanz
bei den Phanerogamen eine flüßige ſei. Die für Sperma-
tozoiden gehaltenen Inhaltskörnchen des Pollens dagegen haben
ſich ſpäter zum Theil als unſchuldige Stärkekörnchen und Oel-
tropfen zu erkennen gegeben.
8.
Entdeckung der Sexualität der Kryptogamen.
1837-1860.
Um die Mitte der vierziger Jahre zweifelte kein Urtheils-
fähiger mehr an der Sexualität der Phanerogamen. Nicht ſo
war es bezüglich der kryptogamiſchen Pflanzen, obgleich ſchon
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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