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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.

Man sieht, wie nahe Malpighi's Ansicht über die Be-
deutung der Blätter für die Ernährung an die Wahrheit streift,
in der That so nahe, als es bei dem damaligen Zustand chemi-
scher Kenntnisse überhaupt möglich war. Malpighi erweiterte
diese Ansicht jedoch, gestützt auf anatomische Ergebnisse und wenn
er dabei auch etwas ganz Richtiges traf, daß nämlich das Rinden-
parenchym ähnlich dem der Blätter wirke, so ging er freilich zu
weit, wenn er auch das farblose, bloß zur Aufbewahrung assimi-
lirter Stoffe dienende Parenchym dem der Blätter gleichsetzte.
Er sagt nämlich, man müsse nun auch eine den Blattzellen ähn-
liche Natur den entsprechenden Zellen der Rinde und denjenigen
zuschreiben, welche im Holz transversal gelagert sind (den Mark-
strahlen und Rindenstrahlen), es sei nicht irrationell, daß in
diesen Schläuchen die Pflanzennahrung zubereitet und aufbewahrt
werde. Indem er Zubereitung und bloße Aufbewahrung nicht
scharf sondert, schreibt er eine ähnliche Funktion, wie den
Blättern, auch dem Parenchym des Fruchtfleisches und der Zwiebel-
schalen zu; aus dem Austreiben abgehauener Baumstümpfe
und anderer Pflanzentheile schließt er, daß sie mit Reservestoffen
gefüllt sind (asservato humore turgent).

Daß die Gefäße des Holzes wesentlich luftführende Organe
sind, daß in den Blättern der rohe Nahrungssaft erst für das
Wachsthum vorbereitet, daß solcher Saft in verschiedenen Theilen
aufbewahrt wird, während die faserigen Elemente des Holzes
die von der Wurzel aufgenommenen rohen Nahrungsstoffe bis
in die Blätter hinaufführen, das waren also die wesentlichen
Puncte in Malpighi's Ernährungstheorie vom Jahre 1671.
Von einer Circulation der Säfte, welche der Blutcirculation ver-
gleichbar wäre, findet sich hier Nichts, obgleich ihm später viel-
fach eine solche Ansicht untergeschoben wurde. Davon geben
auch noch die weiteren Betrachtungen Malpighi's Zeugniß;
während er nicht zweifelhaft darüber war, in welchen Elementar-
organen der aufsteigende Nahrungssaft sich bewege, mußte er
sich auf bloße Vermuthungen beschränken, betreffs der Wege, auf
denen der im Zellgewebe der Blätter, der Rinde und überhaupt

Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.

Man ſieht, wie nahe Malpighi's Anſicht über die Be-
deutung der Blätter für die Ernährung an die Wahrheit ſtreift,
in der That ſo nahe, als es bei dem damaligen Zuſtand chemi-
ſcher Kenntniſſe überhaupt möglich war. Malpighi erweiterte
dieſe Anſicht jedoch, geſtützt auf anatomiſche Ergebniſſe und wenn
er dabei auch etwas ganz Richtiges traf, daß nämlich das Rinden-
parenchym ähnlich dem der Blätter wirke, ſo ging er freilich zu
weit, wenn er auch das farbloſe, bloß zur Aufbewahrung aſſimi-
lirter Stoffe dienende Parenchym dem der Blätter gleichſetzte.
Er ſagt nämlich, man müſſe nun auch eine den Blattzellen ähn-
liche Natur den entſprechenden Zellen der Rinde und denjenigen
zuſchreiben, welche im Holz transverſal gelagert ſind (den Mark-
ſtrahlen und Rindenſtrahlen), es ſei nicht irrationell, daß in
dieſen Schläuchen die Pflanzennahrung zubereitet und aufbewahrt
werde. Indem er Zubereitung und bloße Aufbewahrung nicht
ſcharf ſondert, ſchreibt er eine ähnliche Funktion, wie den
Blättern, auch dem Parenchym des Fruchtfleiſches und der Zwiebel-
ſchalen zu; aus dem Austreiben abgehauener Baumſtümpfe
und anderer Pflanzentheile ſchließt er, daß ſie mit Reſerveſtoffen
gefüllt ſind (asservato humore turgent).

Daß die Gefäße des Holzes weſentlich luftführende Organe
ſind, daß in den Blättern der rohe Nahrungsſaft erſt für das
Wachsthum vorbereitet, daß ſolcher Saft in verſchiedenen Theilen
aufbewahrt wird, während die faſerigen Elemente des Holzes
die von der Wurzel aufgenommenen rohen Nahrungsſtoffe bis
in die Blätter hinaufführen, das waren alſo die weſentlichen
Puncte in Malpighi's Ernährungstheorie vom Jahre 1671.
Von einer Circulation der Säfte, welche der Blutcirculation ver-
gleichbar wäre, findet ſich hier Nichts, obgleich ihm ſpäter viel-
fach eine ſolche Anſicht untergeſchoben wurde. Davon geben
auch noch die weiteren Betrachtungen Malpighi's Zeugniß;
während er nicht zweifelhaft darüber war, in welchen Elementar-
organen der aufſteigende Nahrungsſaft ſich bewege, mußte er
ſich auf bloße Vermuthungen beſchränken, betreffs der Wege, auf
denen der im Zellgewebe der Blätter, der Rinde und überhaupt

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[496/0508] Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. Man ſieht, wie nahe Malpighi's Anſicht über die Be- deutung der Blätter für die Ernährung an die Wahrheit ſtreift, in der That ſo nahe, als es bei dem damaligen Zuſtand chemi- ſcher Kenntniſſe überhaupt möglich war. Malpighi erweiterte dieſe Anſicht jedoch, geſtützt auf anatomiſche Ergebniſſe und wenn er dabei auch etwas ganz Richtiges traf, daß nämlich das Rinden- parenchym ähnlich dem der Blätter wirke, ſo ging er freilich zu weit, wenn er auch das farbloſe, bloß zur Aufbewahrung aſſimi- lirter Stoffe dienende Parenchym dem der Blätter gleichſetzte. Er ſagt nämlich, man müſſe nun auch eine den Blattzellen ähn- liche Natur den entſprechenden Zellen der Rinde und denjenigen zuſchreiben, welche im Holz transverſal gelagert ſind (den Mark- ſtrahlen und Rindenſtrahlen), es ſei nicht irrationell, daß in dieſen Schläuchen die Pflanzennahrung zubereitet und aufbewahrt werde. Indem er Zubereitung und bloße Aufbewahrung nicht ſcharf ſondert, ſchreibt er eine ähnliche Funktion, wie den Blättern, auch dem Parenchym des Fruchtfleiſches und der Zwiebel- ſchalen zu; aus dem Austreiben abgehauener Baumſtümpfe und anderer Pflanzentheile ſchließt er, daß ſie mit Reſerveſtoffen gefüllt ſind (asservato humore turgent). Daß die Gefäße des Holzes weſentlich luftführende Organe ſind, daß in den Blättern der rohe Nahrungsſaft erſt für das Wachsthum vorbereitet, daß ſolcher Saft in verſchiedenen Theilen aufbewahrt wird, während die faſerigen Elemente des Holzes die von der Wurzel aufgenommenen rohen Nahrungsſtoffe bis in die Blätter hinaufführen, das waren alſo die weſentlichen Puncte in Malpighi's Ernährungstheorie vom Jahre 1671. Von einer Circulation der Säfte, welche der Blutcirculation ver- gleichbar wäre, findet ſich hier Nichts, obgleich ihm ſpäter viel- fach eine ſolche Anſicht untergeſchoben wurde. Davon geben auch noch die weiteren Betrachtungen Malpighi's Zeugniß; während er nicht zweifelhaft darüber war, in welchen Elementar- organen der aufſteigende Nahrungsſaft ſich bewege, mußte er ſich auf bloße Vermuthungen beſchränken, betreffs der Wege, auf denen der im Zellgewebe der Blätter, der Rinde und überhaupt

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/508>, abgerufen am 22.11.2024.