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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Erste inductive Versuche und Eröffnung neuer Gesichtspuncte etc.
des Parenchym's zubereitete Nahrungssaft fortgeführt werde.
Ueber die Richtung aber war er nicht im Zweifel, er nahm viel-
mehr an, daß dieser Saft sowohl abwärts durch den Stamm in
die Wurzeln dringe, als auch aufwärts in den Zweigen oberhalb
der Blätter und zu den Früchten hin; Malpighi hatte somit
eine richtigere Vorstellung von der Bewegung der assimilirten
Stoffe als die Mehrzahl seiner Nachfolger, welche den sehr un-
passenden Ausdruck: "absteigender Saft" einführten. Er hielt es
ferner für wahrscheinlich, daß der zubereitete Nahrungssaft in
den Bastbündeln fortgeleitet werde, 1) ohne jedoch einen continuir-
lichen Zu- und Abfluß zu haben (absque perenni et consi-
derabili fluxu et refluxu
); daß er in den Milchsaftgefäßen
gewissermaßen stagnire und je nach Bedürfniß, durch Trans-
spiration und äußere Einflüsse veranlaßt, zuweilen auch in höhere
Theile sich bewege, wodurch Wachsthum und Ernährung unter-
halten wird. Auch diese letzteren Bemerkungen sind besser als
Vieles, was im 18., selbst im 19. Jahrhundert über die Saft-
bewegung der Pflanzen gesagt worden ist und jedenfalls beweisen
sie, daß es ein großes Mißverständniß war, wenn, wie es später
häufig geschah; Malpighi als ein Vertheidiger der Saftcircu-
lation im Sinne Major's bezeichnet wurde.

Malpighi hat seine, schon 1671 im Zusammenhang kurz
dargestellte Theorie in der ausführlicheren Bearbeitung der Phy-
totomie von 1674 im Einzelnen weiter begründet; namentlich
legte er Werth auf seine Entdeckung, daß die Pflanzen gleich den
Thieren der Luft zur Athmung bedürfen und daß die Gefäße
des Holzes den Tracheen der Insekten und den Lungen der
übrigen Thiere ihrer Function nach entsprechen. Ebenso kommt
er wiederholt auf die Bedeutung der Blätter als der Zubereitungs-
organe des Nahrungsstoffes zurück.

Wenn man Malpighi's Ernährungstheorie der Pflanzen
mit den Ansichten seiner Vorgänger vergleicht, so muß man an-

1) In mediis vasculis reticularibus, was im Zusammenhang mit
seinen histologischen Darstellungen wohl als Bastbündel aufgefaßt werden muß.
Sachs, Geschichte der Botanik. 32

Erſte inductive Verſuche und Eröffnung neuer Geſichtspuncte etc.
des Parenchym's zubereitete Nahrungsſaft fortgeführt werde.
Ueber die Richtung aber war er nicht im Zweifel, er nahm viel-
mehr an, daß dieſer Saft ſowohl abwärts durch den Stamm in
die Wurzeln dringe, als auch aufwärts in den Zweigen oberhalb
der Blätter und zu den Früchten hin; Malpighi hatte ſomit
eine richtigere Vorſtellung von der Bewegung der aſſimilirten
Stoffe als die Mehrzahl ſeiner Nachfolger, welche den ſehr un-
paſſenden Ausdruck: „abſteigender Saft“ einführten. Er hielt es
ferner für wahrſcheinlich, daß der zubereitete Nahrungsſaft in
den Baſtbündeln fortgeleitet werde, 1) ohne jedoch einen continuir-
lichen Zu- und Abfluß zu haben (absque perenni et consi-
derabili fluxu et refluxu
); daß er in den Milchſaftgefäßen
gewiſſermaßen ſtagnire und je nach Bedürfniß, durch Trans-
ſpiration und äußere Einflüſſe veranlaßt, zuweilen auch in höhere
Theile ſich bewege, wodurch Wachsthum und Ernährung unter-
halten wird. Auch dieſe letzteren Bemerkungen ſind beſſer als
Vieles, was im 18., ſelbſt im 19. Jahrhundert über die Saft-
bewegung der Pflanzen geſagt worden iſt und jedenfalls beweiſen
ſie, daß es ein großes Mißverſtändniß war, wenn, wie es ſpäter
häufig geſchah; Malpighi als ein Vertheidiger der Saftcircu-
lation im Sinne Major's bezeichnet wurde.

Malpighi hat ſeine, ſchon 1671 im Zuſammenhang kurz
dargeſtellte Theorie in der ausführlicheren Bearbeitung der Phy-
totomie von 1674 im Einzelnen weiter begründet; namentlich
legte er Werth auf ſeine Entdeckung, daß die Pflanzen gleich den
Thieren der Luft zur Athmung bedürfen und daß die Gefäße
des Holzes den Tracheen der Inſekten und den Lungen der
übrigen Thiere ihrer Function nach entſprechen. Ebenſo kommt
er wiederholt auf die Bedeutung der Blätter als der Zubereitungs-
organe des Nahrungsſtoffes zurück.

Wenn man Malpighi's Ernährungstheorie der Pflanzen
mit den Anſichten ſeiner Vorgänger vergleicht, ſo muß man an-

1) In mediis vasculis reticularibus, was im Zuſammenhang mit
ſeinen hiſtologiſchen Darſtellungen wohl als Baſtbündel aufgefaßt werden muß.
Sachs, Geſchichte der Botanik. 32
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[497/0509] Erſte inductive Verſuche und Eröffnung neuer Geſichtspuncte etc. des Parenchym's zubereitete Nahrungsſaft fortgeführt werde. Ueber die Richtung aber war er nicht im Zweifel, er nahm viel- mehr an, daß dieſer Saft ſowohl abwärts durch den Stamm in die Wurzeln dringe, als auch aufwärts in den Zweigen oberhalb der Blätter und zu den Früchten hin; Malpighi hatte ſomit eine richtigere Vorſtellung von der Bewegung der aſſimilirten Stoffe als die Mehrzahl ſeiner Nachfolger, welche den ſehr un- paſſenden Ausdruck: „abſteigender Saft“ einführten. Er hielt es ferner für wahrſcheinlich, daß der zubereitete Nahrungsſaft in den Baſtbündeln fortgeleitet werde, 1) ohne jedoch einen continuir- lichen Zu- und Abfluß zu haben (absque perenni et consi- derabili fluxu et refluxu); daß er in den Milchſaftgefäßen gewiſſermaßen ſtagnire und je nach Bedürfniß, durch Trans- ſpiration und äußere Einflüſſe veranlaßt, zuweilen auch in höhere Theile ſich bewege, wodurch Wachsthum und Ernährung unter- halten wird. Auch dieſe letzteren Bemerkungen ſind beſſer als Vieles, was im 18., ſelbſt im 19. Jahrhundert über die Saft- bewegung der Pflanzen geſagt worden iſt und jedenfalls beweiſen ſie, daß es ein großes Mißverſtändniß war, wenn, wie es ſpäter häufig geſchah; Malpighi als ein Vertheidiger der Saftcircu- lation im Sinne Major's bezeichnet wurde. Malpighi hat ſeine, ſchon 1671 im Zuſammenhang kurz dargeſtellte Theorie in der ausführlicheren Bearbeitung der Phy- totomie von 1674 im Einzelnen weiter begründet; namentlich legte er Werth auf ſeine Entdeckung, daß die Pflanzen gleich den Thieren der Luft zur Athmung bedürfen und daß die Gefäße des Holzes den Tracheen der Inſekten und den Lungen der übrigen Thiere ihrer Function nach entſprechen. Ebenſo kommt er wiederholt auf die Bedeutung der Blätter als der Zubereitungs- organe des Nahrungsſtoffes zurück. Wenn man Malpighi's Ernährungstheorie der Pflanzen mit den Anſichten ſeiner Vorgänger vergleicht, ſo muß man an- 1) In mediis vasculis reticularibus, was im Zuſammenhang mit ſeinen hiſtologiſchen Darſtellungen wohl als Baſtbündel aufgefaßt werden muß. Sachs, Geſchichte der Botanik. 32

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/509>, abgerufen am 22.11.2024.