Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Phytodynamik. Erde, Wasser und Luft zusammengesetzt sind, von denen die erstenvier einander anziehen und deßhalb den festen, trägen Theil der Pflanzensubstanz bilden; dasselbe thue jedoch die Luft nur solange, als sie durch jene in einem festen Zustand erhalten wird; sobald sie aber frei werde, sei sie expansibel; und auf diese Ausdehn- ungskraft der Luft, durch welche die Pflanzensäfte belebt und gekräftigt werden, baut er seine mechanische Theorie des Wachs- thums; nach ihr werden so die geschmeidigen Theile der Pflanze ausgedehnt und indem sich die Luft mit anderen Bestandtheilen verbindet, also fest wird, werde Wärme und Bewegung erzeugt, wodurch die Safttheilchen nach und nach eine Gestalt annehmen. Das waren die Principien, von denen Hales ausging. Um aber etwas Näheres zu erfahren über die Art, wie das Wachs- thum der Pflanzentheile fortschreitet, machte er an jungen Sten- geln und Blättern äquidistante Einstiche und es fand sich, daß diese durch das Wachsthum ihre Entfernungen um so mehr ver- größerten, je jünger die zwischen ihnen liegenden Theile waren. Dabei fiel ihm besonders die starke Verlängerung durch das Wachsthum auf, weil wie er sagt, die Gefäße trotz derselben doch hohl bleiben, gerade so, wie ein Glasröhrchen auch bei der stärksten Ausziehung seinen Kanal behält. Er findet nämlich Borelli's Meinung bestätigt, der junge Trieb wachse dadurch, daß die Feuchtigkeit im schwammigen Mark sich ausdehnt; daß hierbei der wachsende Sproß nicht auch in gleichem Grade quer ausgedehnt wird, sich also nicht kugelig abrundet wie ein Apfel, sucht er aus der Struktur des Zellgewebes darzuthun. Daß aber die im Zellgewebe eingeschlossene Luft und der Saft mit hin- reichender Kraft eindringe, um eine so große Ausdehnung zu bewirken, findet Hales durch seine Versuche bewiesen, welche über die große Kraft, womit das Wasser in blutenden Wein- stöcken emporsteigt und in quellende Erbsen eindringt, Auskunft geben; auch wisse man, daß Wasser mit großer Kraft wirke, wenn es in einer Maschine erhitzt wird, in welcher Wasser durch Hitze in die Höhe getrieben werden kann; der Pflanzensaft, der nichts Anderes sei, als eine Verbindung von Wasser, Luft und Geſchichte der Phytodynamik. Erde, Waſſer und Luft zuſammengeſetzt ſind, von denen die erſtenvier einander anziehen und deßhalb den feſten, trägen Theil der Pflanzenſubſtanz bilden; dasſelbe thue jedoch die Luft nur ſolange, als ſie durch jene in einem feſten Zuſtand erhalten wird; ſobald ſie aber frei werde, ſei ſie expanſibel; und auf dieſe Ausdehn- ungskraft der Luft, durch welche die Pflanzenſäfte belebt und gekräftigt werden, baut er ſeine mechaniſche Theorie des Wachs- thums; nach ihr werden ſo die geſchmeidigen Theile der Pflanze ausgedehnt und indem ſich die Luft mit anderen Beſtandtheilen verbindet, alſo feſt wird, werde Wärme und Bewegung erzeugt, wodurch die Safttheilchen nach und nach eine Geſtalt annehmen. Das waren die Principien, von denen Hales ausging. Um aber etwas Näheres zu erfahren über die Art, wie das Wachs- thum der Pflanzentheile fortſchreitet, machte er an jungen Sten- geln und Blättern äquidiſtante Einſtiche und es fand ſich, daß dieſe durch das Wachsthum ihre Entfernungen um ſo mehr ver- größerten, je jünger die zwiſchen ihnen liegenden Theile waren. Dabei fiel ihm beſonders die ſtarke Verlängerung durch das Wachsthum auf, weil wie er ſagt, die Gefäße trotz derſelben doch hohl bleiben, gerade ſo, wie ein Glasröhrchen auch bei der ſtärkſten Ausziehung ſeinen Kanal behält. Er findet nämlich Borelli's Meinung beſtätigt, der junge Trieb wachſe dadurch, daß die Feuchtigkeit im ſchwammigen Mark ſich ausdehnt; daß hierbei der wachſende Sproß nicht auch in gleichem Grade quer ausgedehnt wird, ſich alſo nicht kugelig abrundet wie ein Apfel, ſucht er aus der Struktur des Zellgewebes darzuthun. Daß aber die im Zellgewebe eingeſchloſſene Luft und der Saft mit hin- reichender Kraft eindringe, um eine ſo große Ausdehnung zu bewirken, findet Hales durch ſeine Verſuche bewieſen, welche über die große Kraft, womit das Waſſer in blutenden Wein- ſtöcken emporſteigt und in quellende Erbſen eindringt, Auskunft geben; auch wiſſe man, daß Waſſer mit großer Kraft wirke, wenn es in einer Maſchine erhitzt wird, in welcher Waſſer durch Hitze in die Höhe getrieben werden kann; der Pflanzenſaft, der nichts Anderes ſei, als eine Verbindung von Waſſer, Luft und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0595" n="583"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Phytodynamik.</fw><lb/> Erde, Waſſer und Luft zuſammengeſetzt ſind, von denen die erſten<lb/> vier einander anziehen und deßhalb den feſten, trägen Theil der<lb/> Pflanzenſubſtanz bilden; dasſelbe thue jedoch die Luft nur ſolange,<lb/> als ſie durch jene in einem feſten Zuſtand erhalten wird; ſobald<lb/> ſie aber frei werde, ſei ſie expanſibel; und auf dieſe Ausdehn-<lb/> ungskraft der Luft, durch welche die Pflanzenſäfte belebt und<lb/> gekräftigt werden, baut er ſeine mechaniſche Theorie des Wachs-<lb/> thums; nach ihr werden ſo die geſchmeidigen Theile der Pflanze<lb/> ausgedehnt und indem ſich die Luft mit anderen Beſtandtheilen<lb/> verbindet, alſo feſt wird, werde Wärme und Bewegung erzeugt,<lb/> wodurch die Safttheilchen nach und nach eine Geſtalt annehmen.<lb/> Das waren die Principien, von denen <hi rendition="#g">Hales</hi> ausging. 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Geſchichte der Phytodynamik.
Erde, Waſſer und Luft zuſammengeſetzt ſind, von denen die erſten
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Pflanzenſubſtanz bilden; dasſelbe thue jedoch die Luft nur ſolange,
als ſie durch jene in einem feſten Zuſtand erhalten wird; ſobald
ſie aber frei werde, ſei ſie expanſibel; und auf dieſe Ausdehn-
ungskraft der Luft, durch welche die Pflanzenſäfte belebt und
gekräftigt werden, baut er ſeine mechaniſche Theorie des Wachs-
thums; nach ihr werden ſo die geſchmeidigen Theile der Pflanze
ausgedehnt und indem ſich die Luft mit anderen Beſtandtheilen
verbindet, alſo feſt wird, werde Wärme und Bewegung erzeugt,
wodurch die Safttheilchen nach und nach eine Geſtalt annehmen.
Das waren die Principien, von denen Hales ausging. Um
aber etwas Näheres zu erfahren über die Art, wie das Wachs-
thum der Pflanzentheile fortſchreitet, machte er an jungen Sten-
geln und Blättern äquidiſtante Einſtiche und es fand ſich, daß
dieſe durch das Wachsthum ihre Entfernungen um ſo mehr ver-
größerten, je jünger die zwiſchen ihnen liegenden Theile waren.
Dabei fiel ihm beſonders die ſtarke Verlängerung durch das
Wachsthum auf, weil wie er ſagt, die Gefäße trotz derſelben
doch hohl bleiben, gerade ſo, wie ein Glasröhrchen auch bei der
ſtärkſten Ausziehung ſeinen Kanal behält. Er findet nämlich
Borelli's Meinung beſtätigt, der junge Trieb wachſe dadurch,
daß die Feuchtigkeit im ſchwammigen Mark ſich ausdehnt; daß
hierbei der wachſende Sproß nicht auch in gleichem Grade quer
ausgedehnt wird, ſich alſo nicht kugelig abrundet wie ein Apfel,
ſucht er aus der Struktur des Zellgewebes darzuthun. Daß aber
die im Zellgewebe eingeſchloſſene Luft und der Saft mit hin-
reichender Kraft eindringe, um eine ſo große Ausdehnung zu
bewirken, findet Hales durch ſeine Verſuche bewieſen, welche
über die große Kraft, womit das Waſſer in blutenden Wein-
ſtöcken emporſteigt und in quellende Erbſen eindringt, Auskunft
geben; auch wiſſe man, daß Waſſer mit großer Kraft wirke,
wenn es in einer Maſchine erhitzt wird, in welcher Waſſer durch
Hitze in die Höhe getrieben werden kann; der Pflanzenſaft, der
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