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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Phytodynamik.
"die uns auf höhere Verbindungen unseres Planeten im Welt-
raum" schließen läßt. "Daß das Licht die Ursache des Pflanzen-
schlafs sei, ließ sich bald vermuthen", sagt er, worauf nun die
einander widersprechenden Angaben Hill's, Zinn's und De
Candolle
's zu einem unentwirrbaren Knoten verschlungen, an-
geführt werden, der jeder logischen Behandlung spottet. Dann
weist er aber die mechanischen Erklärungsversuche mit der Be-
merkung ab, daß die Pflanzen ihren regelmäßigen Schlaf auch
im Dunkeln und in der Kühlung behalten, denn diese so merk-
liche Angewöhnung sei eines der wichtigsten Kennzeichen der Vitalität.
Zu demselben Resultat führt ihn Desfontaine's Erfahrung,
daß eine Mimose, der Erschütterung einer Wagenfahrt ausgesetzt, sich
anfangs zwar schließt, dann aber wieder ausbreitet. Bezüglich
der raschen Schwingungen der Blättchen von Hedysarum gyrans
und ähnlicher Bewegungen, weist er zwar Percival's An-
nahme eines Willens der Pflanzen zurück; sie aber von mecha-
nischen oder chemischen Gründen ableiten zu wollen, habe bisher
nur zu Spielerei geführt.

Daß Männer, die Solches und noch weit Schlimmeres
drucken ließen, auf diesem Gebiet nichts leisten konnten, liegt auf
der Hand. Der eben so breite, als seichte Strom derartiger
Meinungen fluthete aber noch lange, selbst bis in die dreißiger
Jahre fort, bis er sich endlich verlief, als nach und nach seine
Quellen durch neue Entdeckungen verstopft wurden und wissen-
schaftliche Forschungen wieder die Oberhand gewannen. Denn
einzelne ruhigere Denker, die sich mit leeren Worten nicht be-
gnügten, hatten unterdessen den von Ray, Dodart, Hales,
Du Hamel betretenen Weg weiter verfolgt und durch Experi-
mente und ernstes Nachdenken neue Thatsachen zu Tage gefördert,
welche die mechanische Erklärung phytodynamischer Erscheinungen
wenigstens anbahnen konnten. In diesem Sinne hatte schon am
Anfang dieses Zeitraums Senebier in seiner Physiologie
vegetale
1700 eine sehr ausführliche Untersuchung des Etiole-
ments mitgetheilt, welche zwar an dem großen Fehler litt, daß
er die im Finstern nicht stattfindende Kohlensäurezersetzung für

Geſchichte der Phytodynamik.
„die uns auf höhere Verbindungen unſeres Planeten im Welt-
raum“ ſchließen läßt. „Daß das Licht die Urſache des Pflanzen-
ſchlafs ſei, ließ ſich bald vermuthen“, ſagt er, worauf nun die
einander widerſprechenden Angaben Hill's, Zinn's und De
Candolle
's zu einem unentwirrbaren Knoten verſchlungen, an-
geführt werden, der jeder logiſchen Behandlung ſpottet. Dann
weiſt er aber die mechaniſchen Erklärungsverſuche mit der Be-
merkung ab, daß die Pflanzen ihren regelmäßigen Schlaf auch
im Dunkeln und in der Kühlung behalten, denn dieſe ſo merk-
liche Angewöhnung ſei eines der wichtigſten Kennzeichen der Vitalität.
Zu demſelben Reſultat führt ihn Desfontaine's Erfahrung,
daß eine Mimoſe, der Erſchütterung einer Wagenfahrt ausgeſetzt, ſich
anfangs zwar ſchließt, dann aber wieder ausbreitet. Bezüglich
der raſchen Schwingungen der Blättchen von Hedysarum gyrans
und ähnlicher Bewegungen, weiſt er zwar Percival's An-
nahme eines Willens der Pflanzen zurück; ſie aber von mecha-
niſchen oder chemiſchen Gründen ableiten zu wollen, habe bisher
nur zu Spielerei geführt.

Daß Männer, die Solches und noch weit Schlimmeres
drucken ließen, auf dieſem Gebiet nichts leiſten konnten, liegt auf
der Hand. Der eben ſo breite, als ſeichte Strom derartiger
Meinungen fluthete aber noch lange, ſelbſt bis in die dreißiger
Jahre fort, bis er ſich endlich verlief, als nach und nach ſeine
Quellen durch neue Entdeckungen verſtopft wurden und wiſſen-
ſchaftliche Forſchungen wieder die Oberhand gewannen. Denn
einzelne ruhigere Denker, die ſich mit leeren Worten nicht be-
gnügten, hatten unterdeſſen den von Ray, Dodart, Hales,
Du Hamel betretenen Weg weiter verfolgt und durch Experi-
mente und ernſtes Nachdenken neue Thatſachen zu Tage gefördert,
welche die mechaniſche Erklärung phytodynamiſcher Erſcheinungen
wenigſtens anbahnen konnten. In dieſem Sinne hatte ſchon am
Anfang dieſes Zeitraums Senebier in ſeiner Physiologie
végétale
1700 eine ſehr ausführliche Unterſuchung des Etiole-
ments mitgetheilt, welche zwar an dem großen Fehler litt, daß
er die im Finſtern nicht ſtattfindende Kohlenſäurezerſetzung für

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[591/0603] Geſchichte der Phytodynamik. „die uns auf höhere Verbindungen unſeres Planeten im Welt- raum“ ſchließen läßt. „Daß das Licht die Urſache des Pflanzen- ſchlafs ſei, ließ ſich bald vermuthen“, ſagt er, worauf nun die einander widerſprechenden Angaben Hill's, Zinn's und De Candolle's zu einem unentwirrbaren Knoten verſchlungen, an- geführt werden, der jeder logiſchen Behandlung ſpottet. Dann weiſt er aber die mechaniſchen Erklärungsverſuche mit der Be- merkung ab, daß die Pflanzen ihren regelmäßigen Schlaf auch im Dunkeln und in der Kühlung behalten, denn dieſe ſo merk- liche Angewöhnung ſei eines der wichtigſten Kennzeichen der Vitalität. Zu demſelben Reſultat führt ihn Desfontaine's Erfahrung, daß eine Mimoſe, der Erſchütterung einer Wagenfahrt ausgeſetzt, ſich anfangs zwar ſchließt, dann aber wieder ausbreitet. Bezüglich der raſchen Schwingungen der Blättchen von Hedysarum gyrans und ähnlicher Bewegungen, weiſt er zwar Percival's An- nahme eines Willens der Pflanzen zurück; ſie aber von mecha- niſchen oder chemiſchen Gründen ableiten zu wollen, habe bisher nur zu Spielerei geführt. Daß Männer, die Solches und noch weit Schlimmeres drucken ließen, auf dieſem Gebiet nichts leiſten konnten, liegt auf der Hand. Der eben ſo breite, als ſeichte Strom derartiger Meinungen fluthete aber noch lange, ſelbſt bis in die dreißiger Jahre fort, bis er ſich endlich verlief, als nach und nach ſeine Quellen durch neue Entdeckungen verſtopft wurden und wiſſen- ſchaftliche Forſchungen wieder die Oberhand gewannen. Denn einzelne ruhigere Denker, die ſich mit leeren Worten nicht be- gnügten, hatten unterdeſſen den von Ray, Dodart, Hales, Du Hamel betretenen Weg weiter verfolgt und durch Experi- mente und ernſtes Nachdenken neue Thatſachen zu Tage gefördert, welche die mechaniſche Erklärung phytodynamiſcher Erſcheinungen wenigſtens anbahnen konnten. In dieſem Sinne hatte ſchon am Anfang dieſes Zeitraums Senebier in ſeiner Physiologie végétale 1700 eine ſehr ausführliche Unterſuchung des Etiole- ments mitgetheilt, welche zwar an dem großen Fehler litt, daß er die im Finſtern nicht ſtattfindende Kohlenſäurezerſetzung für

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/603>, abgerufen am 23.11.2024.