Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Phytodynamik. schon von selbst in die Augen springen; wogegen erst, wenn dieZahlen bereits vorliegen, die eigentlich wissenschaftliche Arbeit beginnt. Aus diesem Grunde führten denn auch die hier noch zu nennenden Beobachtungen zu keinem bestimmten Ergebniß. Der Einfluß, welchen die veränderliche Lufttemperatur 1) und der periodische Wechsel von Tageslicht und nächtlicher Dunkelheit auf das Längenwachsthum der Internodien und Blätter geltend macht, nachdem dieselben aus dem Knospenzustand hervorgetreten sind, ist vielfach Gegenstand der Untersuchung gewesen; schon Christian Jacob Trew publicirte 1727 lange fortgesetzte tägliche Messungen am Blüthenschaft von Agave americana in Verbindung mit Temperatur- und Wetterbeobachtungen; aber erst hundert Jahre später wurden ähnliche Beobachtungen von Ernst Meyer 1827 und Mulder 1829 aufgenommen, denen dann van der Hopp, de Briese 1847 und 1848 folgten; eingehender wurden die einschlägigen Fragen aber erst von Harting 1842 und Caspary 1856 untersucht. Abgesehen von dem Ergebniß, welches Münter andeutete und Harting theoretisch verwerthete, daß nämlich die Wachsthumsgeschwindig- keit unabhängig von äußeren Ursachen erst zunimmt, dann ein Maximum erreicht, um wieder abzunehmen und ganz aufzuhören, worauf übrigens von Niemand weiter geachtet wurde, führten alle diese zum Theil sehr fleißigen Beobachtungen zu keinem Resultat, nicht einmal zur Feststellung einer wirklich brauchbaren Beobachtungsmethode; kaum zwei Beobachter kamen zu gleichem Resultat, da man sich die Fragen über die Beziehungen des Längenwachsthums zur Temperatur und zum Licht nicht hin- reichend klar gemacht hatte. Es erschienen sogar Mittheilungen, die einfach nur fortgesetzte Längenmessungen wachsender Pflanzen- theile tabellirten und wohl ein Bild der fortwährenden Ungleich- förmigkeit des Wachsthums gaben, ohne aber von den Ursachen derselben irgendwie Rechenschaft geben zu können; so groß war die Unklarheit selbst in den fünfziger und sechziger Jahren, daß 1) Vergl. Arbeiten des bot. Instit. in Würzburg Bd. I. p. 99.
Geſchichte der Phytodynamik. ſchon von ſelbſt in die Augen ſpringen; wogegen erſt, wenn dieZahlen bereits vorliegen, die eigentlich wiſſenſchaftliche Arbeit beginnt. Aus dieſem Grunde führten denn auch die hier noch zu nennenden Beobachtungen zu keinem beſtimmten Ergebniß. Der Einfluß, welchen die veränderliche Lufttemperatur 1) und der periodiſche Wechſel von Tageslicht und nächtlicher Dunkelheit auf das Längenwachsthum der Internodien und Blätter geltend macht, nachdem dieſelben aus dem Knoſpenzuſtand hervorgetreten ſind, iſt vielfach Gegenſtand der Unterſuchung geweſen; ſchon Chriſtian Jacob Trew publicirte 1727 lange fortgeſetzte tägliche Meſſungen am Blüthenſchaft von Agave americana in Verbindung mit Temperatur- und Wetterbeobachtungen; aber erſt hundert Jahre ſpäter wurden ähnliche Beobachtungen von Ernſt Meyer 1827 und Mulder 1829 aufgenommen, denen dann van der Hopp, de Brieſe 1847 und 1848 folgten; eingehender wurden die einſchlägigen Fragen aber erſt von Harting 1842 und Caspary 1856 unterſucht. Abgeſehen von dem Ergebniß, welches Münter andeutete und Harting theoretiſch verwerthete, daß nämlich die Wachsthumsgeſchwindig- keit unabhängig von äußeren Urſachen erſt zunimmt, dann ein Maximum erreicht, um wieder abzunehmen und ganz aufzuhören, worauf übrigens von Niemand weiter geachtet wurde, führten alle dieſe zum Theil ſehr fleißigen Beobachtungen zu keinem Reſultat, nicht einmal zur Feſtſtellung einer wirklich brauchbaren Beobachtungsmethode; kaum zwei Beobachter kamen zu gleichem Reſultat, da man ſich die Fragen über die Beziehungen des Längenwachsthums zur Temperatur und zum Licht nicht hin- reichend klar gemacht hatte. Es erſchienen ſogar Mittheilungen, die einfach nur fortgeſetzte Längenmeſſungen wachſender Pflanzen- theile tabellirten und wohl ein Bild der fortwährenden Ungleich- förmigkeit des Wachsthums gaben, ohne aber von den Urſachen derſelben irgendwie Rechenſchaft geben zu können; ſo groß war die Unklarheit ſelbſt in den fünfziger und ſechziger Jahren, daß 1) Vergl. Arbeiten des bot. Inſtit. in Würzburg Bd. I. p. 99.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0617" n="605"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Phytodynamik.</fw><lb/> ſchon von ſelbſt in die Augen ſpringen; wogegen erſt, wenn die<lb/> Zahlen bereits vorliegen, die eigentlich wiſſenſchaftliche Arbeit<lb/> beginnt. Aus dieſem Grunde führten denn auch die hier noch<lb/> zu nennenden Beobachtungen zu keinem beſtimmten Ergebniß.<lb/> Der Einfluß, welchen die veränderliche Lufttemperatur <note place="foot" n="1)">Vergl. Arbeiten des bot. Inſtit. in Würzburg Bd. <hi rendition="#aq">I. p.</hi> 99.</note> und der<lb/> periodiſche Wechſel von Tageslicht und nächtlicher Dunkelheit<lb/> auf das Längenwachsthum der Internodien und Blätter geltend<lb/> macht, nachdem dieſelben aus dem Knoſpenzuſtand hervorgetreten<lb/> ſind, iſt vielfach Gegenſtand der Unterſuchung geweſen; ſchon<lb/><hi rendition="#g">Chriſtian Jacob Trew</hi> publicirte 1727 lange fortgeſetzte<lb/> tägliche Meſſungen am Blüthenſchaft von <hi rendition="#aq">Agave americana</hi><lb/> in Verbindung mit Temperatur- und Wetterbeobachtungen; aber<lb/> erſt hundert Jahre ſpäter wurden ähnliche Beobachtungen von<lb/><hi rendition="#g">Ernſt Meyer</hi> 1827 und <hi rendition="#g">Mulder</hi> 1829 aufgenommen, denen<lb/> dann <hi rendition="#g">van der Hopp</hi>, <hi rendition="#g">de Brieſe</hi> 1847 und 1848 folgten;<lb/> eingehender wurden die einſchlägigen Fragen aber erſt von<lb/><hi rendition="#g">Harting</hi> 1842 und <hi rendition="#g">Caspary</hi> 1856 unterſucht. Abgeſehen<lb/> von dem Ergebniß, welches <hi rendition="#g">Münter</hi> andeutete und <hi rendition="#g">Harting</hi><lb/> theoretiſch verwerthete, daß nämlich die Wachsthumsgeſchwindig-<lb/> keit unabhängig von äußeren Urſachen erſt zunimmt, dann ein<lb/> Maximum erreicht, um wieder abzunehmen und ganz aufzuhören,<lb/> worauf übrigens von Niemand weiter geachtet wurde, führten<lb/> alle dieſe zum Theil ſehr fleißigen Beobachtungen zu keinem<lb/> Reſultat, nicht einmal zur Feſtſtellung einer wirklich brauchbaren<lb/> Beobachtungsmethode; kaum zwei Beobachter kamen zu gleichem<lb/> Reſultat, da man ſich die Fragen über die Beziehungen des<lb/> Längenwachsthums zur Temperatur und zum Licht nicht hin-<lb/> reichend klar gemacht hatte. Es erſchienen ſogar Mittheilungen,<lb/> die einfach nur fortgeſetzte Längenmeſſungen wachſender Pflanzen-<lb/> theile tabellirten und wohl ein Bild der fortwährenden Ungleich-<lb/> förmigkeit des Wachsthums gaben, ohne aber von den Urſachen<lb/> derſelben irgendwie Rechenſchaft geben zu können; ſo groß war<lb/> die Unklarheit ſelbſt in den fünfziger und ſechziger Jahren, daß<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [605/0617]
Geſchichte der Phytodynamik.
ſchon von ſelbſt in die Augen ſpringen; wogegen erſt, wenn die
Zahlen bereits vorliegen, die eigentlich wiſſenſchaftliche Arbeit
beginnt. Aus dieſem Grunde führten denn auch die hier noch
zu nennenden Beobachtungen zu keinem beſtimmten Ergebniß.
Der Einfluß, welchen die veränderliche Lufttemperatur 1) und der
periodiſche Wechſel von Tageslicht und nächtlicher Dunkelheit
auf das Längenwachsthum der Internodien und Blätter geltend
macht, nachdem dieſelben aus dem Knoſpenzuſtand hervorgetreten
ſind, iſt vielfach Gegenſtand der Unterſuchung geweſen; ſchon
Chriſtian Jacob Trew publicirte 1727 lange fortgeſetzte
tägliche Meſſungen am Blüthenſchaft von Agave americana
in Verbindung mit Temperatur- und Wetterbeobachtungen; aber
erſt hundert Jahre ſpäter wurden ähnliche Beobachtungen von
Ernſt Meyer 1827 und Mulder 1829 aufgenommen, denen
dann van der Hopp, de Brieſe 1847 und 1848 folgten;
eingehender wurden die einſchlägigen Fragen aber erſt von
Harting 1842 und Caspary 1856 unterſucht. Abgeſehen
von dem Ergebniß, welches Münter andeutete und Harting
theoretiſch verwerthete, daß nämlich die Wachsthumsgeſchwindig-
keit unabhängig von äußeren Urſachen erſt zunimmt, dann ein
Maximum erreicht, um wieder abzunehmen und ganz aufzuhören,
worauf übrigens von Niemand weiter geachtet wurde, führten
alle dieſe zum Theil ſehr fleißigen Beobachtungen zu keinem
Reſultat, nicht einmal zur Feſtſtellung einer wirklich brauchbaren
Beobachtungsmethode; kaum zwei Beobachter kamen zu gleichem
Reſultat, da man ſich die Fragen über die Beziehungen des
Längenwachsthums zur Temperatur und zum Licht nicht hin-
reichend klar gemacht hatte. Es erſchienen ſogar Mittheilungen,
die einfach nur fortgeſetzte Längenmeſſungen wachſender Pflanzen-
theile tabellirten und wohl ein Bild der fortwährenden Ungleich-
förmigkeit des Wachsthums gaben, ohne aber von den Urſachen
derſelben irgendwie Rechenſchaft geben zu können; ſo groß war
die Unklarheit ſelbſt in den fünfziger und ſechziger Jahren, daß
1) Vergl. Arbeiten des bot. Inſtit. in Würzburg Bd. I. p. 99.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |