Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.Definition derselben, zu thun seyn wird: dann wer- D. Die
Definition derſelben, zu thun ſeyn wird: dann wer- D. Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0104" n="90"/> Definition derſelben, zu thun ſeyn wird: dann wer-<lb/> den wir den ganzen Widerſtand der ſinnlichen Natur<lb/> gegen die lautere Rechtſchaffenheit des Willens fühlen,<lb/> und aus dieſem Widerſtande die Beſchwerniſſe, die mit<lb/> der Erfüllung der Pflicht verknüpft find, in ihrem<lb/> Umfange kennen lernen. Dieſe vorher ungeglaubten,<lb/> itzt aber aus Erfahrung erkannten Beſchwerniſſe zu he-<lb/> ben, werden wir ein Gegengewicht gegen die nieder-<lb/> beugende Sinnlichkeit aufſuchen müſſen, und da uns<lb/> das bloſſe <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Ideal</hi></hi> von der Schönheit der Tugend dieſes<lb/> Gegengewicht unmöglich wird ſchaffen können: ſo<lb/> werden wir durch die Erfahrung gedrungen werden,<lb/> es bey dem <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">höchſten Gute ſelbſt</hi></hi> zu ſuchen. Um<lb/> aber dieſe überwiegende Kraft in dem höchſten Gute<lb/> zu ſuchen, werden wir zuerſt glauben müſſen, <hi rendition="#i">daſs ein<lb/> höchſtes Gut ſey, und daſs es uns eine überwiegende<lb/> Kraft zum Guten ſchenken könne und wolle</hi>. So wird<lb/> uns der <hi rendition="#i">Eifer</hi>, die Pflicht zu erfüllen, einen weſent-<lb/> lichen Zuſammenhang zwiſchen Glaubens- und Sitten-<lb/> lehren wieder finden lehren: ſo wie uns vielleicht der<lb/> Eifer, die Pflicht bloſs zu zergliedern, dieſen Zuſam-<lb/> menhang aus dem Auge gerückt hat. Die Pflicht er-<lb/> füllen <hi rendition="#i">wollen</hi>, und von ganzem Herzen erfüllen <hi rendition="#i">wollen</hi>,<lb/> ſtatt bloſs von derſelben zu diskuriren, iſt alſo das<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Mittel</hi></hi>, den unſeligen Bemühungen der Menſchen,<lb/> die Sittenlehre von aller Glaubenslehre zu trennen,<lb/> ein Ende zu machen. Wohl dem, der nicht weiter<lb/> liest, ehe er den Entſchluſs gefaſst, die Wirkſamkeit<lb/> dieſes Mittels an ſich zu probiren!</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">D. <hi rendition="#i">Die</hi></fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0104]
Definition derſelben, zu thun ſeyn wird: dann wer-
den wir den ganzen Widerſtand der ſinnlichen Natur
gegen die lautere Rechtſchaffenheit des Willens fühlen,
und aus dieſem Widerſtande die Beſchwerniſſe, die mit
der Erfüllung der Pflicht verknüpft find, in ihrem
Umfange kennen lernen. Dieſe vorher ungeglaubten,
itzt aber aus Erfahrung erkannten Beſchwerniſſe zu he-
ben, werden wir ein Gegengewicht gegen die nieder-
beugende Sinnlichkeit aufſuchen müſſen, und da uns
das bloſſe Ideal von der Schönheit der Tugend dieſes
Gegengewicht unmöglich wird ſchaffen können: ſo
werden wir durch die Erfahrung gedrungen werden,
es bey dem höchſten Gute ſelbſt zu ſuchen. Um
aber dieſe überwiegende Kraft in dem höchſten Gute
zu ſuchen, werden wir zuerſt glauben müſſen, daſs ein
höchſtes Gut ſey, und daſs es uns eine überwiegende
Kraft zum Guten ſchenken könne und wolle. So wird
uns der Eifer, die Pflicht zu erfüllen, einen weſent-
lichen Zuſammenhang zwiſchen Glaubens- und Sitten-
lehren wieder finden lehren: ſo wie uns vielleicht der
Eifer, die Pflicht bloſs zu zergliedern, dieſen Zuſam-
menhang aus dem Auge gerückt hat. Die Pflicht er-
füllen wollen, und von ganzem Herzen erfüllen wollen,
ſtatt bloſs von derſelben zu diskuriren, iſt alſo das
Mittel, den unſeligen Bemühungen der Menſchen,
die Sittenlehre von aller Glaubenslehre zu trennen,
ein Ende zu machen. Wohl dem, der nicht weiter
liest, ehe er den Entſchluſs gefaſst, die Wirkſamkeit
dieſes Mittels an ſich zu probiren!
D. Die
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