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Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.

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bringen trachten; damit nicht etwa die falsche Weis-
heit eben so viel oder mehr Schaden anrichte, als Un-
wissenheit und Barbarey angerichtet haben.

Sie lässt h. keinen Guten, er sey so vollkom-
men
und so rein, als er wolle, auf dem Wege des Gut-
seyns stehen, sondern treibt ihn weiter, und hebt ihn
noch höher empor
. Sie treibt ihn weiter, indem sie ihn
seine täglichen Fehler erkennen, bekennen, und bes-
sern lehret: sprechen wir, wir haben nicht gesündiget,
so täuschen wir uns selbst
(I. Joh. I. 8.), und machen
Gott zum Lügner (10.). Sie treibt ihn weiter, indem
sie ihm Gott, als das Licht, das allerreinste Wesen, als
Muster darstellt, und die Bestimmung des Menschen,
mit dem allerreinsten Wesen in Gemeinschaft zu treten,
und wie im Licht zu wandeln, ohne Unterlass vorhält
(I. Joh. I. 5-7.). Sie hebt ihn höher, indem sie ihn an
den grossen Weingärtner addressirt, der jede Rebe, die
nicht Frucht bringt, vom Weinstocke wegnimmt, und
jede, die Frucht bringt, reiniget, dass sie noch mehr
Frucht bringe (Joh. XV. 1. 2.). Sie hebt ihn höher,
weil sie ihn allen, allen, allen Regungen der Eigenlie-
be, die die reine Liebe des Guten beflecket, wider-
stehen lehrt, und auf eine vollendete Heiligung dringt,
die uns fähig macht, Gott zu schauen (II. Cor. VII. 1.
I. Thess. V. 22. I. Petr. I. 14. 15.).

Sie lässt i. keinen Bürger im Staate Gottes
müssig gehen, und ruft jedem zu: Arbeite: brauche
was du hast: sey, was du itzt seyn kannst: wuchere

mit

bringen trachten; damit nicht etwa die falſche Weis-
heit eben ſo viel oder mehr Schaden anrichte, als Un-
wiſſenheit und Barbarey angerichtet haben.

Sie läſst h. keinen Guten, er ſey ſo vollkom-
men
und ſo rein, als er wolle, auf dem Wege des Gut-
ſeyns ſtehen, ſondern treibt ihn weiter, und hebt ihn
noch höher empor
. Sie treibt ihn weiter, indem ſie ihn
ſeine täglichen Fehler erkennen, bekennen, und beſ-
ſern lehret: ſprechen wir, wir haben nicht geſündiget,
ſo täuſchen wir uns ſelbſt
(I. Joh. I. 8.), und machen
Gott zum Lügner (10.). Sie treibt ihn weiter, indem
ſie ihm Gott, als das Licht, das allerreinſte Weſen, als
Muſter darſtellt, und die Beſtimmung des Menſchen,
mit dem allerreinſten Weſen in Gemeinſchaft zu treten,
und wie im Licht zu wandeln, ohne Unterlaſs vorhält
(I. Joh. I. 5-7.). Sie hebt ihn höher, indem ſie ihn an
den groſſen Weingärtner addreſſirt, der jede Rebe, die
nicht Frucht bringt, vom Weinſtocke wegnimmt, und
jede, die Frucht bringt, reiniget, daſs ſie noch mehr
Frucht bringe (Joh. XV. 1. 2.). Sie hebt ihn höher,
weil ſie ihn allen, allen, allen Regungen der Eigenlie-
be, die die reine Liebe des Guten beflecket, wider-
ſtehen lehrt, und auf eine vollendete Heiligung dringt,
die uns fähig macht, Gott zu ſchauen (II. Cor. VII. 1.
I. Theſſ. V. 22. I. Petr. I. 14. 15.).

Sie läſst i. keinen Bürger im Staate Gottes
müſſig gehen, und ruft jedem zu: Arbeite: brauche
was du haſt: ſey, was du itzt ſeyn kannſt: wuchere

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[77/0091] bringen trachten; damit nicht etwa die falſche Weis- heit eben ſo viel oder mehr Schaden anrichte, als Un- wiſſenheit und Barbarey angerichtet haben. Sie läſst h. keinen Guten, er ſey ſo vollkom- men und ſo rein, als er wolle, auf dem Wege des Gut- ſeyns ſtehen, ſondern treibt ihn weiter, und hebt ihn noch höher empor. Sie treibt ihn weiter, indem ſie ihn ſeine täglichen Fehler erkennen, bekennen, und beſ- ſern lehret: ſprechen wir, wir haben nicht geſündiget, ſo täuſchen wir uns ſelbſt (I. Joh. I. 8.), und machen Gott zum Lügner (10.). Sie treibt ihn weiter, indem ſie ihm Gott, als das Licht, das allerreinſte Weſen, als Muſter darſtellt, und die Beſtimmung des Menſchen, mit dem allerreinſten Weſen in Gemeinſchaft zu treten, und wie im Licht zu wandeln, ohne Unterlaſs vorhält (I. Joh. I. 5-7.). Sie hebt ihn höher, indem ſie ihn an den groſſen Weingärtner addreſſirt, der jede Rebe, die nicht Frucht bringt, vom Weinſtocke wegnimmt, und jede, die Frucht bringt, reiniget, daſs ſie noch mehr Frucht bringe (Joh. XV. 1. 2.). Sie hebt ihn höher, weil ſie ihn allen, allen, allen Regungen der Eigenlie- be, die die reine Liebe des Guten beflecket, wider- ſtehen lehrt, und auf eine vollendete Heiligung dringt, die uns fähig macht, Gott zu ſchauen (II. Cor. VII. 1. I. Theſſ. V. 22. I. Petr. I. 14. 15.). Sie läſst i. keinen Bürger im Staate Gottes müſſig gehen, und ruft jedem zu: Arbeite: brauche was du haſt: ſey, was du itzt ſeyn kannſt: wuchere mit

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/91>, abgerufen am 21.11.2024.