Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.Von den Bewahrungsmitteln etc. All', alle Lebensfreuden zu frühe auch; Ach! es genießet nimmer der Blick Deine Schönheit, Natur, und nimmer danket die Thrän' Im Aug des Geretteten: nimmer schlinget den Arm Der Freude um uns die Einsamkeit, und Seeligkeiten Geust in den Labebecher die Liebe nimmer. Und du wärst Befreyer und Held, Sanften Schirm und Ruh darbietend im Schoose -- Wenn die Menschen umwogt des Elends Sturm, Und herstürzt wie Fels, und zermalmet der Gram, Und der Lichtblick dämmert, Und die Seele verzaget? Tyrann bist du!
Ach! die Armen wähnen es nicht, Daß den trügrischen Pfad Labyrinthe verschlingen, Und deine Rosenbänder, bald eherne Sklavenfessel Sie umklirren, und des Reitzes Zauberflor Siebenfachdeckende Mitternacht ist. Mit P 2
Von den Bewahrungsmitteln ꝛc. All’, alle Lebensfreuden zu frühe auch; Ach! es genießet nimmer der Blick Deine Schönheit, Natur, und nimmer danket die Thrän’ Im Aug des Geretteten: nimmer ſchlinget den Arm Der Freude um uns die Einſamkeit, und Seeligkeiten Geust in den Labebecher die Liebe nimmer. Und du wärſt Befreyer und Held, Sanften Schirm und Ruh darbietend im Schoose — Wenn die Menſchen umwogt des Elends Sturm, Und herſtürzt wie Fels, und zermalmet der Gram, Und der Lichtblick dämmert, Und die Seele verzaget? Tyrann biſt du!
Ach! die Armen wähnen es nicht, Daß den trügriſchen Pfad Labyrinthe verſchlingen, Und deine Roſenbänder, bald eherne Sklavenfeſſel Sie umklirren, und des Reitzes Zauberflor Siebenfachdeckende Mitternacht iſt. Mit P 2
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Von den Bewahrungsmitteln ꝛc.
All’, alle Lebensfreuden zu frühe auch;
Ach! es genießet nimmer der Blick
Deine Schönheit, Natur, und nimmer danket die Thrän’
Im Aug des Geretteten: nimmer ſchlinget den Arm
Der Freude um uns die Einſamkeit, und Seeligkeiten
Geust in den Labebecher die Liebe nimmer.
Und du wärſt Befreyer und Held,
Sanften Schirm und Ruh darbietend im Schoose —
Wenn die Menſchen umwogt des Elends Sturm,
Und herſtürzt wie Fels, und zermalmet der Gram,
Und der Lichtblick dämmert,
Und die Seele verzaget?
Tyrann biſt du!
Ach! die Armen wähnen es nicht,
Daß den trügriſchen Pfad Labyrinthe verſchlingen,
Und deine Roſenbänder, bald eherne Sklavenfeſſel
Sie umklirren, und des Reitzes Zauberflor
Siebenfachdeckende Mitternacht iſt.
Mit
P 2
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Zitationshilfe: | Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/231>, abgerufen am 16.07.2024. |