dass zwey, einer ist in G. gestorben, sich am Sterbebette ihres Mitschülers, diesen unseeli- gen Dienst einander geleistet haben.
II.
Als ein Knabe von ohngefaehr acht| oder neun Jahren sahe ich -- o haette ich es nie gesehen! -- jenes tödtende Laster bey einem Schulcameraden, der ohngefaehr 16 bis 17 Jahr alt war. Dieser Unglückliche trieb diese schöne Beschaeftigung öffentlich und es war mir oft zum grössten Greuel, wenn ich es mit ansehen muste. Da mir die Natur die Geschlechtstriebe noch nicht beygelegt hatte, so konnte ich denn gar nicht die Ursachen auffinden, warum jener Mitschüler sich sol- cher Ausschweifung überliess: seine Zuckun- gen im Gesichte und der übrigen Glieder, waehrend des Onanirens, liessen mich viel- mehr vermuthen, dass seine Belustigung schmerzhaft und also unangenehm seyn müss- te: daher ich ihn denn auch oft herzlich und freundschaftlich bat, dieses schaendliche Spiel zu unterlassen. Aber vergebens. Denn es war bey ihm schon zur Leidenschaft gewor-
den
daſs zwey, einer iſt in G. geſtorben, ſich am Sterbebette ihres Mitſchülers, dieſen unſeeli- gen Dienſt einander geleiſtet haben.
II.
Als ein Knabe von ohngefæhr acht| oder neun Jahren ſahe ich — o hætte ich es nie geſehen! — jenes tödtende Laſter bey einem Schulcameraden, der ohngefæhr 16 bis 17 Jahr alt war. Dieſer Unglückliche trieb dieſe ſchöne Beſchæftigung öffentlich und es war mir oft zum gröſsten Greuel, wenn ich es mit anſehen muſte. Da mir die Natur die Geſchlechtstriebe noch nicht beygelegt hatte, ſo konnte ich denn gar nicht die Urſachen auffinden, warum jener Mitſchüler ſich ſol- cher Ausſchweifung überlieſs: ſeine Zuckun- gen im Geſichte und der übrigen Glieder, wæhrend des Onanirens, lieſsen mich viel- mehr vermuthen, daſs ſeine Beluſtigung ſchmerzhaft und alſo unangenehm ſeyn müſs- te: daher ich ihn denn auch oft herzlich und freundſchaftlich bat, dieſes ſchændliche Spiel zu unterlaſſen. Aber vergebens. Denn es war bey ihm ſchon zur Leidenſchaft gewor-
den
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daſs zwey, einer iſt in G. geſtorben, ſich am
Sterbebette ihres Mitſchülers, dieſen unſeeli-
gen Dienſt einander geleiſtet haben.
II.
Als ein Knabe von ohngefæhr acht| oder
neun Jahren ſahe ich — o hætte ich es nie
geſehen! — jenes tödtende Laſter bey einem
Schulcameraden, der ohngefæhr 16 bis 17
Jahr alt war. Dieſer Unglückliche trieb dieſe
ſchöne Beſchæftigung öffentlich und es war
mir oft zum gröſsten Greuel, wenn ich es
mit anſehen muſte. Da mir die Natur die
Geſchlechtstriebe noch nicht beygelegt hatte,
ſo konnte ich denn gar nicht die Urſachen
auffinden, warum jener Mitſchüler ſich ſol-
cher Ausſchweifung überlieſs: ſeine Zuckun-
gen im Geſichte und der übrigen Glieder,
wæhrend des Onanirens, lieſsen mich viel-
mehr vermuthen, daſs ſeine Beluſtigung
ſchmerzhaft und alſo unangenehm ſeyn müſs-
te: daher ich ihn denn auch oft herzlich und
freundſchaftlich bat, dieſes ſchændliche Spiel
zu unterlaſſen. Aber vergebens. Denn es
war bey ihm ſchon zur Leidenſchaft gewor-
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/188>, abgerufen am 24.11.2024.
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