Wenn also meine Stimme im Publikum etwas gilt, so kann ich nicht anders, als schlechterdings darauf bestehen, dass alle Kinder, und wenn es Fürstenkinder waeren, körperliche Arbeit treiben müssen. Es sind mir zwar gegen diese Aeusserung verschiede- ne Einwendungen gemacht worden, keine aber ist so stark gewesen, dass sie mich haette bestimmen können, meine Meynung zu aen- dern. Körperliche Arbeiten, wenn sie, wie meine Meynung ist, maesig getrieben werden, schwaechen weder das Gefühl für das Schöne, noch machen sie die Glieder zu den Werken der Kunst unbiegsam. Die vorzüglichsten Werkzeuge, durch welche wir das Schöne empfinden, sind Auge und Ohr, und diese werden bey der körperlichen Arbeit so we- nig angestrengt, dass man gar keinen Grund hat, zu besorgen, sie möchten durch diesel- be stumpf gemacht werden.
Eben so wenig hat man Grund zu be- fürchten, die Glieder möchten, durch kör-
perliche
Wenn alſo meine Stimme im Publikum etwas gilt, ſo kann ich nicht anders, als ſchlechterdings darauf beſtehen, daſs alle Kinder, und wenn es Fürſtenkinder wæren, körperliche Arbeit treiben müſſen. Es ſind mir zwar gegen dieſe Aeuſſerung verſchiede- ne Einwendungen gemacht worden, keine aber iſt ſo ſtark geweſen, daſs ſie mich hætte beſtimmen können, meine Meynung zu æn- dern. Körperliche Arbeiten, wenn ſie, wie meine Meynung iſt, mæſig getrieben werden, ſchwæchen weder das Gefühl für das Schöne, noch machen ſie die Glieder zu den Werken der Kunſt unbiegſam. Die vorzüglichſten Werkzeuge, durch welche wir das Schöne empfinden, ſind Auge und Ohr, und dieſe werden bey der körperlichen Arbeit ſo we- nig angeſtrengt, daſs man gar keinen Grund hat, zu beſorgen, ſie möchten durch dieſel- be ſtumpf gemacht werden.
Eben ſo wenig hat man Grund zu be- fürchten, die Glieder möchten, durch kör-
perliche
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Wenn alſo meine Stimme im Publikum
etwas gilt, ſo kann ich nicht anders, als
ſchlechterdings darauf beſtehen, daſs alle
Kinder, und wenn es Fürſtenkinder wæren,
körperliche Arbeit treiben müſſen. Es ſind
mir zwar gegen dieſe Aeuſſerung verſchiede-
ne Einwendungen gemacht worden, keine
aber iſt ſo ſtark geweſen, daſs ſie mich hætte
beſtimmen können, meine Meynung zu æn-
dern. Körperliche Arbeiten, wenn ſie, wie
meine Meynung iſt, mæſig getrieben werden,
ſchwæchen weder das Gefühl für das Schöne,
noch machen ſie die Glieder zu den Werken
der Kunſt unbiegſam. Die vorzüglichſten
Werkzeuge, durch welche wir das Schöne
empfinden, ſind Auge und Ohr, und dieſe
werden bey der körperlichen Arbeit ſo we-
nig angeſtrengt, daſs man gar keinen Grund
hat, zu beſorgen, ſie möchten durch dieſel-
be ſtumpf gemacht werden.
Eben ſo wenig hat man Grund zu be-
fürchten, die Glieder möchten, durch kör-
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/244>, abgerufen am 24.11.2024.
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