Jedes Buch, das gelesen wird, ist des Lesenden Gesellschafter, wirkt also alle das Böse und alle das Gute, das ein lebendiger Gesellschafter zu wirken pflegt. Diess, und was vorhin von der Lecture gesagt worden ist, beweisst, wie behutsam dieselbe für Kin- der gewaehlt werden müsse. Billig sollte es Kindern zur Pflicht gemacht werden, dass sie kein Buch lesen dürften, das ihre I ehrer nicht zuvor geprüft und gebilligt haetten. Die Ankündigung dieser Pflicht dürfte frey- lich nicht das Ansehen eines Bücherverbors haben, weil sie alsdenn gewiss alle die Wir- kungen haben würde, die Bücherverboten immer eigen zu seyn pflegen, sondern man müsste, nachdem die Kinder erst gewöhnt worden waeren, ohne ihrer Vorgesetzten Rath und Einwilligung nichts zu thun, ih- nen auch vorstellen, dass eben diese Leitung der Erwachsnen ihnen auch bey der Lectüre nöthig sey, weil sie sonst leicht auf Bücher verfallen könnten, aus denen sie nichts lern- ten, und bey denen sie ihre edle Zeit ver- schwendeten.
Was
Jedes Buch, das geleſen wird, iſt des Leſenden Geſellſchafter, wirkt alſo alle das Böſe und alle das Gute, das ein lebendiger Geſellſchafter zu wirken pflegt. Dieſs, und was vorhin von der Lecture geſagt worden iſt, beweiſst, wie behutſam dieſelbe für Kin- der gewæhlt werden müſſe. Billig ſollte es Kindern zur Pflicht gemacht werden, daſs ſie kein Buch leſen dürften, das ihre I ehrer nicht zuvor geprüft und gebilligt hætten. Die Ankündigung dieſer Pflicht dürfte frey- lich nicht das Anſehen eines Bücherverbors haben, weil ſie alsdenn gewiſs alle die Wir- kungen haben würde, die Bücherverboten immer eigen zu ſeyn pflegen, ſondern man müſste, nachdem die Kinder erſt gewöhnt worden wæren, ohne ihrer Vorgeſetzten Rath und Einwilligung nichts zu thun, ih- nen auch vorſtellen, daſs eben dieſe Leitung der Erwachsnen ihnen auch bey der Lectüre nöthig ſey, weil ſie ſonſt leicht auf Bücher verfallen könnten, aus denen ſie nichts lern- ten, und bey denen ſie ihre edle Zeit ver- ſchwendeten.
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Jedes Buch, das geleſen wird, iſt des
Leſenden Geſellſchafter, wirkt alſo alle das
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Geſellſchafter zu wirken pflegt. Dieſs, und
was vorhin von der Lecture geſagt worden
iſt, beweiſst, wie behutſam dieſelbe für Kin-
der gewæhlt werden müſſe. Billig ſollte es
Kindern zur Pflicht gemacht werden, daſs
ſie kein Buch leſen dürften, das ihre I ehrer
nicht zuvor geprüft und gebilligt hætten.
Die Ankündigung dieſer Pflicht dürfte frey-
lich nicht das Anſehen eines Bücherverbors
haben, weil ſie alsdenn gewiſs alle die Wir-
kungen haben würde, die Bücherverboten
immer eigen zu ſeyn pflegen, ſondern man
müſste, nachdem die Kinder erſt gewöhnt
worden wæren, ohne ihrer Vorgeſetzten
Rath und Einwilligung nichts zu thun, ih-
nen auch vorſtellen, daſs eben dieſe Leitung
der Erwachsnen ihnen auch bey der Lectüre
nöthig ſey, weil ſie ſonſt leicht auf Bücher
verfallen könnten, aus denen ſie nichts lern-
ten, und bey denen ſie ihre edle Zeit ver-
ſchwendeten.
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/261>, abgerufen am 24.11.2024.
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