sichtbare Wirkung verursachte, die mindeste böse Begierde in mir erwachten. Wie her- nach etwas dadurch hervorgetrieben wurde, so wusste ich mir zwar diess gar nicht zu erklae- ren, bekümmerte mich aber auch weiter nicht darum, und blieb immer so sehr in meiner Un- schuld, dass ich nie argwöhnte, was straefliches begangen zu haben, auch nie nach der That der geringste reuige Gedanke mich beun- ruhigte.
IV.
Meine Eltern und Lehrer haben Religion, wahre aufs Herz wirkende Religion, frühzeitig und tief in meine Seele gepraegt. Und noch dank ichs ihnen mit jedem Tage! Aber wollte Gott sie haetten diesem Laster bey mir mit eben so vieler Einsicht und Sorgfalt entgegen gear- beitet, als den übrigen. Sie bemerkten mitten unter meinen frommen und guten Gesinnun- gen eine gewisse Heftigkeit aller Begierden, in meinem Herzen, bey welcher es einzig und allein auf die Richtung ankam, die sie beka- men, ob ich der nützlichste oder elendeste Mensch auf der Erden werden sollte. Sie
mussten
(Von heimlicden Sünden.) (B)
ſichtbare Wirkung verurſachte, die mindeſte böſe Begierde in mir erwachten. Wie her- nach etwas dadurch hervorgetrieben wurde, ſo wuſste ich mir zwar dieſs gar nicht zu erklæ- ren, bekümmerte mich aber auch weiter nicht darum, und blieb immer ſo ſehr in meiner Un- ſchuld, daſs ich nie argwöhnte, was ſtræfliches begangen zu haben, auch nie nach der That der geringſte reuige Gedanke mich beun- ruhigte.
IV.
Meine Eltern und Lehrer haben Religion, wahre aufs Herz wirkende Religion, frühzeitig und tief in meine Seele geprægt. Und noch dank ichs ihnen mit jedem Tage! Aber wollte Gott ſie hætten dieſem Laſter bey mir mit eben ſo vieler Einſicht und Sorgfalt entgegen gear- beitet, als den übrigen. Sie bemerkten mitten unter meinen frommen und guten Geſinnun- gen eine gewiſse Heftigkeit aller Begierden, in meinem Herzen, bey welcher es einzig und allein auf die Richtung ankam, die ſie beka- men, ob ich der nützlichſte oder elendeſte Menſch auf der Erden werden ſollte. Sie
muſsten
(Von heimlicden Sünden.) (B)
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ſichtbare Wirkung verurſachte, die mindeſte
böſe Begierde in mir erwachten. Wie her-
nach etwas dadurch hervorgetrieben wurde, ſo
wuſste ich mir zwar dieſs gar nicht zu erklæ-
ren, bekümmerte mich aber auch weiter nicht
darum, und blieb immer ſo ſehr in meiner Un-
ſchuld, daſs ich nie argwöhnte, was ſtræfliches
begangen zu haben, auch nie nach der That
der geringſte reuige Gedanke mich beun-
ruhigte.
IV.
Meine Eltern und Lehrer haben Religion,
wahre aufs Herz wirkende Religion, frühzeitig
und tief in meine Seele geprægt. Und noch
dank ichs ihnen mit jedem Tage! Aber wollte
Gott ſie hætten dieſem Laſter bey mir mit eben
ſo vieler Einſicht und Sorgfalt entgegen gear-
beitet, als den übrigen. Sie bemerkten mitten
unter meinen frommen und guten Geſinnun-
gen eine gewiſse Heftigkeit aller Begierden, in
meinem Herzen, bey welcher es einzig und
allein auf die Richtung ankam, die ſie beka-
men, ob ich der nützlichſte oder elendeſte
Menſch auf der Erden werden ſollte. Sie
muſsten
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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