kehre von dem Wege des Elendes, den du betratst, zurück, so lange es noch Zeit ist! Und wenn dich nichts dazu bewegen kann, nicht die Sorge für deine Gesundheit und dei- ne Selbsterhaltung, nicht die Vorstellung, dass du dich zu jedem Amte untüchtig machst; dass du die Hofnung deiner Familie, in dir ei- ne Stütze, Trost und Freude zu finden, ver- nichtest; so muss es der Gedanke thun: du wirst unfaehig, je die reinen erlaubten Freu- den der Liebe, die süssesten in der Natur zu geniessen, je den Vaternamen zu führen; und verehlichst du dich dennoch, so bedenke die traurigen Folgen die deiner harren! Er- stickung aller Liebe deiner Gattin, Ehebruch und die schrecklichen Gefaehrten desselben. Ich wage es nicht, diess Bild auszumalen. Ich warne dich nicht im kalten Prediger oder Kathedertone, ich werde nicht dafür bezahlt, dir die Freuden der Jugend zu rauben; nein es ist die Stimme deines leidenden Mitbru- ders, der dir zuruft, der alles diess selbst fühlt, in seiner ganzen Staerke fühlt, und der sein Elend durch den Gedanken, dich zu retten erleichtern will. O könnt ich doch die Vorstel- lung mit ins Grab nehmen, nur einen der dieses lieset, nur einen einzigen gerettet zu haben!
Wie
Von heimlichen Sünden. (E)
kehre von dem Wege des Elendes, den du betratſt, zurück, ſo lange es noch Zeit iſt! Und wenn dich nichts dazu bewegen kann, nicht die Sorge für deine Geſundheit und dei- ne Selbſterhaltung, nicht die Vorſtellung, daſs du dich zu jedem Amte untüchtig machſt; daſs du die Hofnung deiner Familie, in dir ei- ne Stütze, Troſt und Freude zu finden, ver- nichteſt; ſo muſs es der Gedanke thun: du wirſt unfæhig, je die reinen erlaubten Freu- den der Liebe, die ſüſſeſten in der Natur zu genieſſen, je den Vaternamen zu führen; und verehlichſt du dich dennoch, ſo bedenke die traurigen Folgen die deiner harren! Er- ſtickung aller Liebe deiner Gattin, Ehebruch und die ſchrecklichen Gefæhrten deſſelben. Ich wage es nicht, dieſs Bild auszumalen. Ich warne dich nicht im kalten Prediger oder Kathedertone, ich werde nicht dafür bezahlt, dir die Freuden der Jugend zu rauben; nein es iſt die Stimme deines leidenden Mitbru- ders, der dir zuruft, der alles dieſs ſelbſt fühlt, in ſeiner ganzen Stærke fühlt, und der ſein Elend durch den Gedanken, dich zu retten erleichtern will. O könnt ich doch die Vorſtel- lung mit ins Grab nehmen, nur einen der dieſes lieſet, nur einen einzigen gerettet zu haben!
Wie
Von heimlichen Sünden. (E)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0075"n="65"/>
kehre von dem Wege des Elendes, den du<lb/>
betratſt, zurück, ſo lange es noch Zeit iſt!<lb/>
Und wenn dich nichts dazu bewegen kann,<lb/>
nicht die Sorge für deine Geſundheit und dei-<lb/>
ne Selbſterhaltung, nicht die Vorſtellung,<lb/>
daſs du dich zu jedem Amte untüchtig machſt;<lb/>
daſs du die Hofnung deiner Familie, in dir ei-<lb/>
ne Stütze, Troſt und Freude zu finden, ver-<lb/>
nichteſt; ſo muſs es der Gedanke thun: du<lb/>
wirſt unfæhig, je die reinen erlaubten Freu-<lb/>
den der Liebe, die ſüſſeſten in der Natur zu<lb/>
genieſſen, je den Vaternamen zu führen; und<lb/>
verehlichſt du dich dennoch, ſo bedenke<lb/>
die traurigen Folgen die deiner harren! Er-<lb/>ſtickung aller Liebe deiner Gattin, Ehebruch<lb/>
und die ſchrecklichen Gefæhrten deſſelben.<lb/>
Ich wage es nicht, dieſs Bild auszumalen.<lb/>
Ich warne dich nicht im kalten Prediger oder<lb/>
Kathedertone, ich werde nicht dafür bezahlt,<lb/>
dir die Freuden der Jugend zu rauben; nein<lb/>
es iſt die Stimme deines leidenden Mitbru-<lb/>
ders, der dir zuruft, der alles dieſs ſelbſt<lb/>
fühlt, in ſeiner ganzen Stærke fühlt, und der<lb/>ſein Elend durch den Gedanken, dich zu retten<lb/>
erleichtern will. O könnt ich doch die Vorſtel-<lb/>
lung mit ins Grab nehmen, nur einen der dieſes<lb/>
lieſet, nur einen einzigen gerettet zu haben!</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#i">Von heimlichen Sünden.</hi> (E)</fw><fwplace="bottom"type="catch">Wie</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[65/0075]
kehre von dem Wege des Elendes, den du
betratſt, zurück, ſo lange es noch Zeit iſt!
Und wenn dich nichts dazu bewegen kann,
nicht die Sorge für deine Geſundheit und dei-
ne Selbſterhaltung, nicht die Vorſtellung,
daſs du dich zu jedem Amte untüchtig machſt;
daſs du die Hofnung deiner Familie, in dir ei-
ne Stütze, Troſt und Freude zu finden, ver-
nichteſt; ſo muſs es der Gedanke thun: du
wirſt unfæhig, je die reinen erlaubten Freu-
den der Liebe, die ſüſſeſten in der Natur zu
genieſſen, je den Vaternamen zu führen; und
verehlichſt du dich dennoch, ſo bedenke
die traurigen Folgen die deiner harren! Er-
ſtickung aller Liebe deiner Gattin, Ehebruch
und die ſchrecklichen Gefæhrten deſſelben.
Ich wage es nicht, dieſs Bild auszumalen.
Ich warne dich nicht im kalten Prediger oder
Kathedertone, ich werde nicht dafür bezahlt,
dir die Freuden der Jugend zu rauben; nein
es iſt die Stimme deines leidenden Mitbru-
ders, der dir zuruft, der alles dieſs ſelbſt
fühlt, in ſeiner ganzen Stærke fühlt, und der
ſein Elend durch den Gedanken, dich zu retten
erleichtern will. O könnt ich doch die Vorſtel-
lung mit ins Grab nehmen, nur einen der dieſes
lieſet, nur einen einzigen gerettet zu haben!
Wie
Von heimlichen Sünden. (E)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/75>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.