Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.Die elektrischen Erfindungen. richtet sein. Diesem Bedürfnisse sucht jetzt z. B. eine in London täglicherscheinende illustrierte Zeitung Rechnung zu tragen. Aber freilich ist es mit der Lösung unserer Aufgabe noch nicht weit her, obgleich viel Scharfsinn auf die Erfindung eines geeigneten Bildertelegraphen ver- wendet ward. Der erste, der einen Kopiertelegraphen baute, war der Engländer Bakewell (1848), einen anderen, den sogenannten Pan- telegraphen, konstruierte Caselli in Florenz 1865, welcher vorübergehend zwischen Paris und Lyon in Gebrauch war. An jeder der beiden Stationen befindet sich eine Metallplatte, die mit einem Pole der Batterie in leitender Verbindung steht. Auf der einen liegt ein Blatt Papier, welches mit gelbem Blutlaugensalz durchtränkt ist, auf der anderen ein Stanniolblatt. Wird durch die Salzlösung ein galvanischer Strom geführt, so zersetzt sie sich und es entsteht Berliner Blau. Man kann diese Zuleitung einfach durch einen Metallstift geschehen lassen, den man über die Platte hinführt. Wo der Strom unterbrochen wird, da bleibt die Blaufärbung des Papiers aus. Auf das Stanniolblatt der Aufgabestation wird das Bild oder die Depesche mit Harzlösung aufgezeichnet. Nun ist eine sehr sinnreiche Einrichtung getroffen, daß auf beiden Stationen ein Griffel mit derselben Geschwindigkeit in vielen parallelen Linien nacheinander über die Platten gleitet und, wo er metallische oder feuchte Verbindung mit diesen hat, einen Strom schließt. Dieser ist natürlich an der isolierenden Harzschicht unterbrochen und so wird an den entsprechenden Stellen der andern Station die Blau- färbung ausbleiben. Es wird sich also als Kopie des Bildes ein weißes Bild auf blauem Grunde ergeben, das aus lauter parallelen Strichen besteht. Die Ausführung setzt natürlich voraus, daß beide Griffel sich höchst gleichmäßig über die Platten bewegen, und das ge- schieht durch zwei Pendel, die auf elektrischem Wege in Übereinstimmung gehalten werden. Es ist klar, daß man nur höchst unvollkommene Nachbildungen auf diesem Wege erlangt hat, und das allerneueste Ver- fahren von Amstutz in Cleveland (1891) zeigt auch noch große Mängel. Derselbe benutzte die Eigentümlichkeit einer chromierten Gelatineschicht, daß sie bei Belichtung in heißem Wasser unlöslich wird. Man kann also auf photographischem Wege ein Bild, etwa ein Portrait, auf die Platte bringen. Dieses wird auf einen der Phonographenwalze nach- gebildeten Cylinder gebracht und ähnlich wie beim Pantelegraphen von einem Stifte mit einer hier spiraligen Linie überzogen, wodurch ein galvanischer Strom bald stärker bald schwächer wird, und auf einer Wachswalze der Empfangsstation durch einen Griffel ein entsprechendes Bild gezeichnet wird, wenn beide Walzen gleiche Umdrehungsgeschwindig- keiten haben. Wenn die Resultate noch viele Mängel aufweisen, so ist doch zu hoffen, daß die Vervollkommnung dieses Verfahrens die telegraphische Übermittelung von Bildern erlauben wird. Die elektriſchen Erfindungen. richtet ſein. Dieſem Bedürfniſſe ſucht jetzt z. B. eine in London täglicherſcheinende illuſtrierte Zeitung Rechnung zu tragen. Aber freilich iſt es mit der Löſung unſerer Aufgabe noch nicht weit her, obgleich viel Scharfſinn auf die Erfindung eines geeigneten Bildertelegraphen ver- wendet ward. Der erſte, der einen Kopiertelegraphen baute, war der Engländer Bakewell (1848), einen anderen, den ſogenannten Pan- telegraphen, konſtruierte Caſelli in Florenz 1865, welcher vorübergehend zwiſchen Paris und Lyon in Gebrauch war. An jeder der beiden Stationen befindet ſich eine Metallplatte, die mit einem Pole der Batterie in leitender Verbindung ſteht. Auf der einen liegt ein Blatt Papier, welches mit gelbem Blutlaugenſalz durchtränkt iſt, auf der anderen ein Stanniolblatt. Wird durch die Salzlöſung ein galvaniſcher Strom geführt, ſo zerſetzt ſie ſich und es entſteht Berliner Blau. Man kann dieſe Zuleitung einfach durch einen Metallſtift geſchehen laſſen, den man über die Platte hinführt. Wo der Strom unterbrochen wird, da bleibt die Blaufärbung des Papiers aus. Auf das Stanniolblatt der Aufgabeſtation wird das Bild oder die Depeſche mit Harzlöſung aufgezeichnet. Nun iſt eine ſehr ſinnreiche Einrichtung getroffen, daß auf beiden Stationen ein Griffel mit derſelben Geſchwindigkeit in vielen parallelen Linien nacheinander über die Platten gleitet und, wo er metalliſche oder feuchte Verbindung mit dieſen hat, einen Strom ſchließt. Dieſer iſt natürlich an der iſolierenden Harzſchicht unterbrochen und ſo wird an den entſprechenden Stellen der andern Station die Blau- färbung ausbleiben. Es wird ſich alſo als Kopie des Bildes ein weißes Bild auf blauem Grunde ergeben, das aus lauter parallelen Strichen beſteht. Die Ausführung ſetzt natürlich voraus, daß beide Griffel ſich höchſt gleichmäßig über die Platten bewegen, und das ge- ſchieht durch zwei Pendel, die auf elektriſchem Wege in Übereinſtimmung gehalten werden. Es iſt klar, daß man nur höchſt unvollkommene Nachbildungen auf dieſem Wege erlangt hat, und das allerneueſte Ver- fahren von Amſtutz in Cleveland (1891) zeigt auch noch große Mängel. Derſelbe benutzte die Eigentümlichkeit einer chromierten Gelatineſchicht, daß ſie bei Belichtung in heißem Waſſer unlöslich wird. Man kann alſo auf photographiſchem Wege ein Bild, etwa ein Portrait, auf die Platte bringen. Dieſes wird auf einen der Phonographenwalze nach- gebildeten Cylinder gebracht und ähnlich wie beim Pantelegraphen von einem Stifte mit einer hier ſpiraligen Linie überzogen, wodurch ein galvaniſcher Strom bald ſtärker bald ſchwächer wird, und auf einer Wachswalze der Empfangsſtation durch einen Griffel ein entſprechendes Bild gezeichnet wird, wenn beide Walzen gleiche Umdrehungsgeſchwindig- keiten haben. Wenn die Reſultate noch viele Mängel aufweiſen, ſo iſt doch zu hoffen, daß die Vervollkommnung dieſes Verfahrens die telegraphiſche Übermittelung von Bildern erlauben wird. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0272" n="254"/><fw place="top" type="header">Die elektriſchen Erfindungen.</fw><lb/> richtet ſein. 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Die elektriſchen Erfindungen.
richtet ſein. Dieſem Bedürfniſſe ſucht jetzt z. B. eine in London täglich
erſcheinende illuſtrierte Zeitung Rechnung zu tragen. Aber freilich iſt
es mit der Löſung unſerer Aufgabe noch nicht weit her, obgleich viel
Scharfſinn auf die Erfindung eines geeigneten Bildertelegraphen ver-
wendet ward. Der erſte, der einen Kopiertelegraphen baute, war der
Engländer Bakewell (1848), einen anderen, den ſogenannten Pan-
telegraphen, konſtruierte Caſelli in Florenz 1865, welcher vorübergehend
zwiſchen Paris und Lyon in Gebrauch war. An jeder der beiden
Stationen befindet ſich eine Metallplatte, die mit einem Pole der
Batterie in leitender Verbindung ſteht. Auf der einen liegt ein Blatt
Papier, welches mit gelbem Blutlaugenſalz durchtränkt iſt, auf der
anderen ein Stanniolblatt. Wird durch die Salzlöſung ein galvaniſcher
Strom geführt, ſo zerſetzt ſie ſich und es entſteht Berliner Blau. Man
kann dieſe Zuleitung einfach durch einen Metallſtift geſchehen laſſen,
den man über die Platte hinführt. Wo der Strom unterbrochen wird,
da bleibt die Blaufärbung des Papiers aus. Auf das Stanniolblatt
der Aufgabeſtation wird das Bild oder die Depeſche mit Harzlöſung
aufgezeichnet. Nun iſt eine ſehr ſinnreiche Einrichtung getroffen, daß
auf beiden Stationen ein Griffel mit derſelben Geſchwindigkeit in vielen
parallelen Linien nacheinander über die Platten gleitet und, wo er
metalliſche oder feuchte Verbindung mit dieſen hat, einen Strom ſchließt.
Dieſer iſt natürlich an der iſolierenden Harzſchicht unterbrochen und
ſo wird an den entſprechenden Stellen der andern Station die Blau-
färbung ausbleiben. Es wird ſich alſo als Kopie des Bildes ein
weißes Bild auf blauem Grunde ergeben, das aus lauter parallelen
Strichen beſteht. Die Ausführung ſetzt natürlich voraus, daß beide
Griffel ſich höchſt gleichmäßig über die Platten bewegen, und das ge-
ſchieht durch zwei Pendel, die auf elektriſchem Wege in Übereinſtimmung
gehalten werden. Es iſt klar, daß man nur höchſt unvollkommene
Nachbildungen auf dieſem Wege erlangt hat, und das allerneueſte Ver-
fahren von Amſtutz in Cleveland (1891) zeigt auch noch große Mängel.
Derſelbe benutzte die Eigentümlichkeit einer chromierten Gelatineſchicht,
daß ſie bei Belichtung in heißem Waſſer unlöslich wird. Man kann
alſo auf photographiſchem Wege ein Bild, etwa ein Portrait, auf die
Platte bringen. Dieſes wird auf einen der Phonographenwalze nach-
gebildeten Cylinder gebracht und ähnlich wie beim Pantelegraphen von
einem Stifte mit einer hier ſpiraligen Linie überzogen, wodurch ein
galvaniſcher Strom bald ſtärker bald ſchwächer wird, und auf einer
Wachswalze der Empfangsſtation durch einen Griffel ein entſprechendes
Bild gezeichnet wird, wenn beide Walzen gleiche Umdrehungsgeſchwindig-
keiten haben. Wenn die Reſultate noch viele Mängel aufweiſen, ſo
iſt doch zu hoffen, daß die Vervollkommnung dieſes Verfahrens die
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