wachsamen Gärtner, wenn in einem seiner Gewächshäuser die Temperatur zu hoch wird und den Pflanzen schaden könnte. Das Quecksilber des dort befindlichen Thermometers schließt nämlich, wenn es einen be- stimmten Punkt erreicht, einen galvanischen Strom, der ein Läutewerk in Thätigkeit setzt.
Die telegraphische Zeitversorgung.
Und so giebt es schließlich nichts, was uns nicht durch die Elektrizität bekannt gegeben würde. Selbst die Zeit zeigt sie uns an. Aber haben wir nicht vernommen, daß diese uns durch gute Uhren bis auf die Sekunde genau geliefert wird, und glaubt nicht jeder von uns, daß seine Uhr richtig genug gehe, um ihn wenigstens auf die Minute pünktlich sein Werk verrichten zu lassen? Es ist von keiner der gewöhnlichen Taschen- oder Wanduhren zu verlangen, daß sie ihren richtigen Gang immer innehalte. Gute Uhren, von denen man das verlangen kann, sind von schwer erschwinglichem Preise. Es kommt aber an vielen Stellen auch darauf an, Uhren in genau gleichem Gange zu erhalten, so z. B. im Eisenbahnbetriebe. Welche Störungen kann hier nicht eine Abweichung der einen von der anderen Uhr zur Folge haben! Nun braucht man sich durch die Elektrizität ja blos die richtige Zeit von einer bestimmten Centralstation aus telegraphieren zu lassen, und das geschieht z. B. einmal täglich an alle deutschen Telegraphenämter. Aber wäre es nicht besser, wenn die elektrische Kraft selbstthätig das Regulieren der Uhren besorgen könnte, ohne daß man sie jedesmal stellen oder die mitgeteilte Zeitkorrektur in Betracht ziehen müßte? Die Elektrizität hilft auch hierzu. Es giebt vielerlei elektrische Uhren, die von einer Zentrale aus mit Zeit versorgt werden. In Berlin sind zwei von diesen Systemen jedem bekannt. Das eine von Hipp erfundene ist auf der Stadtbahn in Verwendung. Die Zentrale befindet sich da auf dem schlesischen Bahnhofe und die Uhren, die man in den Bahnhofs- hallen sieht, sind kaum etwas mehr als bloße Zifferblätter. Jedesmal nach einer Minute schließt das Pendel der Zentraluhr einen elektrischen Strom und die Zeiger aller Zifferblätter gehen damit um einen Teil weiter. Die Zentraluhr kann nun entweder eine gewöhnliche gut gehende Uhr sein, oder sie kann mit Hülfe einer solchen, wie sie z. B. die Sternwarten besitzen, auf elektromagnetischem Wege reguliert werden. Dieses System sehen wir in den Berliner Normaluhren verwirklicht. Hier sind nicht bloße Zifferblätter vorhanden, sondern jede Uhr hat ihr besonderes Gangwerk, das aber mit demjenigen einer Uhr auf der Sternwarte so in elektrischer Verbindung steht, daß die Pendel beider stets gleiche Zeiten zum Durchlaufen ihrer Wege gebrauchen. Ist eine von diesen Uhren trotzdem um mehr als eine halbe Sekunde zurück oder vor, was sie selbstthätig täglich auf der Sternwarte meldet, so
Das Buch der Erfindungen. 17
Die telegraphiſche Zeitverſorgung.
wachſamen Gärtner, wenn in einem ſeiner Gewächshäuſer die Temperatur zu hoch wird und den Pflanzen ſchaden könnte. Das Queckſilber des dort befindlichen Thermometers ſchließt nämlich, wenn es einen be- ſtimmten Punkt erreicht, einen galvaniſchen Strom, der ein Läutewerk in Thätigkeit ſetzt.
Die telegraphiſche Zeitverſorgung.
Und ſo giebt es ſchließlich nichts, was uns nicht durch die Elektrizität bekannt gegeben würde. Selbſt die Zeit zeigt ſie uns an. Aber haben wir nicht vernommen, daß dieſe uns durch gute Uhren bis auf die Sekunde genau geliefert wird, und glaubt nicht jeder von uns, daß ſeine Uhr richtig genug gehe, um ihn wenigſtens auf die Minute pünktlich ſein Werk verrichten zu laſſen? Es iſt von keiner der gewöhnlichen Taſchen- oder Wanduhren zu verlangen, daß ſie ihren richtigen Gang immer innehalte. Gute Uhren, von denen man das verlangen kann, ſind von ſchwer erſchwinglichem Preiſe. Es kommt aber an vielen Stellen auch darauf an, Uhren in genau gleichem Gange zu erhalten, ſo z. B. im Eiſenbahnbetriebe. Welche Störungen kann hier nicht eine Abweichung der einen von der anderen Uhr zur Folge haben! Nun braucht man ſich durch die Elektrizität ja blos die richtige Zeit von einer beſtimmten Centralſtation aus telegraphieren zu laſſen, und das geſchieht z. B. einmal täglich an alle deutſchen Telegraphenämter. Aber wäre es nicht beſſer, wenn die elektriſche Kraft ſelbſtthätig das Regulieren der Uhren beſorgen könnte, ohne daß man ſie jedesmal ſtellen oder die mitgeteilte Zeitkorrektur in Betracht ziehen müßte? Die Elektrizität hilft auch hierzu. Es giebt vielerlei elektriſche Uhren, die von einer Zentrale aus mit Zeit verſorgt werden. In Berlin ſind zwei von dieſen Syſtemen jedem bekannt. Das eine von Hipp erfundene iſt auf der Stadtbahn in Verwendung. Die Zentrale befindet ſich da auf dem ſchleſiſchen Bahnhofe und die Uhren, die man in den Bahnhofs- hallen ſieht, ſind kaum etwas mehr als bloße Zifferblätter. Jedesmal nach einer Minute ſchließt das Pendel der Zentraluhr einen elektriſchen Strom und die Zeiger aller Zifferblätter gehen damit um einen Teil weiter. Die Zentraluhr kann nun entweder eine gewöhnliche gut gehende Uhr ſein, oder ſie kann mit Hülfe einer ſolchen, wie ſie z. B. die Sternwarten beſitzen, auf elektromagnetiſchem Wege reguliert werden. Dieſes Syſtem ſehen wir in den Berliner Normaluhren verwirklicht. Hier ſind nicht bloße Zifferblätter vorhanden, ſondern jede Uhr hat ihr beſonderes Gangwerk, das aber mit demjenigen einer Uhr auf der Sternwarte ſo in elektriſcher Verbindung ſteht, daß die Pendel beider ſtets gleiche Zeiten zum Durchlaufen ihrer Wege gebrauchen. Iſt eine von dieſen Uhren trotzdem um mehr als eine halbe Sekunde zurück oder vor, was ſie ſelbſtthätig täglich auf der Sternwarte meldet, ſo
Das Buch der Erfindungen. 17
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Die telegraphiſche Zeitverſorgung.
wachſamen Gärtner, wenn in einem ſeiner Gewächshäuſer die Temperatur
zu hoch wird und den Pflanzen ſchaden könnte. Das Queckſilber des
dort befindlichen Thermometers ſchließt nämlich, wenn es einen be-
ſtimmten Punkt erreicht, einen galvaniſchen Strom, der ein Läutewerk
in Thätigkeit ſetzt.
Die telegraphiſche Zeitverſorgung.
Und ſo giebt es ſchließlich nichts, was uns nicht durch die Elektrizität
bekannt gegeben würde. Selbſt die Zeit zeigt ſie uns an. Aber haben
wir nicht vernommen, daß dieſe uns durch gute Uhren bis auf die
Sekunde genau geliefert wird, und glaubt nicht jeder von uns, daß ſeine
Uhr richtig genug gehe, um ihn wenigſtens auf die Minute pünktlich
ſein Werk verrichten zu laſſen? Es iſt von keiner der gewöhnlichen
Taſchen- oder Wanduhren zu verlangen, daß ſie ihren richtigen Gang
immer innehalte. Gute Uhren, von denen man das verlangen kann,
ſind von ſchwer erſchwinglichem Preiſe. Es kommt aber an vielen
Stellen auch darauf an, Uhren in genau gleichem Gange zu erhalten,
ſo z. B. im Eiſenbahnbetriebe. Welche Störungen kann hier nicht eine
Abweichung der einen von der anderen Uhr zur Folge haben! Nun
braucht man ſich durch die Elektrizität ja blos die richtige Zeit von
einer beſtimmten Centralſtation aus telegraphieren zu laſſen, und das
geſchieht z. B. einmal täglich an alle deutſchen Telegraphenämter.
Aber wäre es nicht beſſer, wenn die elektriſche Kraft ſelbſtthätig das
Regulieren der Uhren beſorgen könnte, ohne daß man ſie jedesmal
ſtellen oder die mitgeteilte Zeitkorrektur in Betracht ziehen müßte? Die
Elektrizität hilft auch hierzu. Es giebt vielerlei elektriſche Uhren, die
von einer Zentrale aus mit Zeit verſorgt werden. In Berlin ſind
zwei von dieſen Syſtemen jedem bekannt. Das eine von Hipp erfundene
iſt auf der Stadtbahn in Verwendung. Die Zentrale befindet ſich da
auf dem ſchleſiſchen Bahnhofe und die Uhren, die man in den Bahnhofs-
hallen ſieht, ſind kaum etwas mehr als bloße Zifferblätter. Jedesmal
nach einer Minute ſchließt das Pendel der Zentraluhr einen elektriſchen
Strom und die Zeiger aller Zifferblätter gehen damit um einen Teil
weiter. Die Zentraluhr kann nun entweder eine gewöhnliche gut
gehende Uhr ſein, oder ſie kann mit Hülfe einer ſolchen, wie ſie z. B. die
Sternwarten beſitzen, auf elektromagnetiſchem Wege reguliert werden.
Dieſes Syſtem ſehen wir in den Berliner Normaluhren verwirklicht.
Hier ſind nicht bloße Zifferblätter vorhanden, ſondern jede Uhr hat
ihr beſonderes Gangwerk, das aber mit demjenigen einer Uhr auf der
Sternwarte ſo in elektriſcher Verbindung ſteht, daß die Pendel beider
ſtets gleiche Zeiten zum Durchlaufen ihrer Wege gebrauchen. Iſt eine
von dieſen Uhren trotzdem um mehr als eine halbe Sekunde zurück
oder vor, was ſie ſelbſtthätig täglich auf der Sternwarte meldet, ſo
Das Buch der Erfindungen. 17
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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