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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Das Wirken und Stricken.
Haken. Wird ein Faden über diese Nadeln gelegt, und es treten
zwischen die Lücken derselben dünne Metallstäbchen, Platinen, so
drängen sie den Faden nach unten und bilden eine über den Nadeln
hängende Schleifenreihe. Schon erzeugte Ware befindet sich hinter
dieser Reihe und hängt gleichfalls über den Nadeln. Man schiebt
nun die neue Schleifenreihe unter die Haken der Nadeln, drückt die
Haken herunter, so daß sie die Reihe in sich schließen, und schiebt die
alte Ware, d. h. die letzte fertige Maschenreihe über die gepreßten
Nadeln herüber, bis sie von denselben abschlägt, wobei sie über die
neue Schleifenreihe stürzt und dabei hängen bleibt -- eine neue
Maschenreihe ist gebildet. Die Ware wird wieder wie zu Anfang nach
hinten gebracht, nachdem der Druck auf die Haken der Nadeln bereits
aufgehört hatte und das Spiel beginnt von neuem. Beim Ketten-
stuhl, vermutlich 1775 von Crane erfunden, sind die Kettfäden mehr
vertikal laufend durch die Öhren von Lochnadeln geführt, welche unter-
halb der festen Hakennadeln, angebracht, in einer Schiene befestigt sind
und mit dieser nach links und rechts verschoben, sowie nach oben und
unten durch die Nadellücken bewegt werden können. Die Fäden
werden mittels dieser Schiene teils über, teils unter die Nadeln ge-
legt, über 2, 3 oder mehr und wird hierdurch die Schleifenbildung
erreicht. Im übrigen wird wieder durch Unterbringung der neuen
Schleifenreihe unter die Haken der festen Nadeln, Pressen derselben
und Herüberschieben der alten Maschenreihe eine neue hergestellt.
Während man zuerst nur diese einfachste Kulier- und Kettenware zu
erzeugen vermochte, erfand man später Vorrichtungen, welche die Her-
stellung von Wirkmustern ermöglichten. Solche Erfindungen waren
die Preßmaschine 1740, die Ränder-
oder Fangmaschine von Jedediah Strutt
1755, die Petinet- oder Stechmaschine
von Butterworth um 1760 herum, die
Deckmaschine von Dumont zur gleichen
Zeit, doch stehen diese Angaben nicht
ganz fest, und werden auch andere Er-
finder für dieselben Maschinen geltend
gemacht. Die vorerwähnten Einrichtungen
sind heute noch in Verwendung, wenn
auch in sehr vervollkommneterer Kon-
struktion. Aus der Handwirkerei ent-
wickelte sich die mechanische Wirkerei.
1769 nahm der Engländer Sam. Wise
ein Patent auf einen flachen, d. h. dem
Handkulierstuhl nachgebildeten Drehkulier-
stuhl, 1798 der Franzose Decroix ein
solches auf einen Rundstuhl. Letzterer
hat die Nadeln im Kreise herum an-
[Abbildung] Fig. 213.

Rundwirkstuhl.

Das Wirken und Stricken.
Haken. Wird ein Faden über dieſe Nadeln gelegt, und es treten
zwiſchen die Lücken derſelben dünne Metallſtäbchen, Platinen, ſo
drängen ſie den Faden nach unten und bilden eine über den Nadeln
hängende Schleifenreihe. Schon erzeugte Ware befindet ſich hinter
dieſer Reihe und hängt gleichfalls über den Nadeln. Man ſchiebt
nun die neue Schleifenreihe unter die Haken der Nadeln, drückt die
Haken herunter, ſo daß ſie die Reihe in ſich ſchließen, und ſchiebt die
alte Ware, d. h. die letzte fertige Maſchenreihe über die gepreßten
Nadeln herüber, bis ſie von denſelben abſchlägt, wobei ſie über die
neue Schleifenreihe ſtürzt und dabei hängen bleibt — eine neue
Maſchenreihe iſt gebildet. Die Ware wird wieder wie zu Anfang nach
hinten gebracht, nachdem der Druck auf die Haken der Nadeln bereits
aufgehört hatte und das Spiel beginnt von neuem. Beim Ketten-
ſtuhl, vermutlich 1775 von Crane erfunden, ſind die Kettfäden mehr
vertikal laufend durch die Öhren von Lochnadeln geführt, welche unter-
halb der feſten Hakennadeln, angebracht, in einer Schiene befeſtigt ſind
und mit dieſer nach links und rechts verſchoben, ſowie nach oben und
unten durch die Nadellücken bewegt werden können. Die Fäden
werden mittels dieſer Schiene teils über, teils unter die Nadeln ge-
legt, über 2, 3 oder mehr und wird hierdurch die Schleifenbildung
erreicht. Im übrigen wird wieder durch Unterbringung der neuen
Schleifenreihe unter die Haken der feſten Nadeln, Preſſen derſelben
und Herüberſchieben der alten Maſchenreihe eine neue hergeſtellt.
Während man zuerſt nur dieſe einfachſte Kulier- und Kettenware zu
erzeugen vermochte, erfand man ſpäter Vorrichtungen, welche die Her-
ſtellung von Wirkmuſtern ermöglichten. Solche Erfindungen waren
die Preßmaſchine 1740, die Ränder-
oder Fangmaſchine von Jedediah Strutt
1755, die Petinet- oder Stechmaſchine
von Butterworth um 1760 herum, die
Deckmaſchine von Dumont zur gleichen
Zeit, doch ſtehen dieſe Angaben nicht
ganz feſt, und werden auch andere Er-
finder für dieſelben Maſchinen geltend
gemacht. Die vorerwähnten Einrichtungen
ſind heute noch in Verwendung, wenn
auch in ſehr vervollkommneterer Kon-
ſtruktion. Aus der Handwirkerei ent-
wickelte ſich die mechaniſche Wirkerei.
1769 nahm der Engländer Sam. Wiſe
ein Patent auf einen flachen, d. h. dem
Handkulierſtuhl nachgebildeten Drehkulier-
ſtuhl, 1798 der Franzoſe Decroix ein
ſolches auf einen Rundſtuhl. Letzterer
hat die Nadeln im Kreiſe herum an-
[Abbildung] Fig. 213.

Rundwirkſtuhl.

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[381/0399] Das Wirken und Stricken. Haken. Wird ein Faden über dieſe Nadeln gelegt, und es treten zwiſchen die Lücken derſelben dünne Metallſtäbchen, Platinen, ſo drängen ſie den Faden nach unten und bilden eine über den Nadeln hängende Schleifenreihe. Schon erzeugte Ware befindet ſich hinter dieſer Reihe und hängt gleichfalls über den Nadeln. Man ſchiebt nun die neue Schleifenreihe unter die Haken der Nadeln, drückt die Haken herunter, ſo daß ſie die Reihe in ſich ſchließen, und ſchiebt die alte Ware, d. h. die letzte fertige Maſchenreihe über die gepreßten Nadeln herüber, bis ſie von denſelben abſchlägt, wobei ſie über die neue Schleifenreihe ſtürzt und dabei hängen bleibt — eine neue Maſchenreihe iſt gebildet. Die Ware wird wieder wie zu Anfang nach hinten gebracht, nachdem der Druck auf die Haken der Nadeln bereits aufgehört hatte und das Spiel beginnt von neuem. Beim Ketten- ſtuhl, vermutlich 1775 von Crane erfunden, ſind die Kettfäden mehr vertikal laufend durch die Öhren von Lochnadeln geführt, welche unter- halb der feſten Hakennadeln, angebracht, in einer Schiene befeſtigt ſind und mit dieſer nach links und rechts verſchoben, ſowie nach oben und unten durch die Nadellücken bewegt werden können. Die Fäden werden mittels dieſer Schiene teils über, teils unter die Nadeln ge- legt, über 2, 3 oder mehr und wird hierdurch die Schleifenbildung erreicht. Im übrigen wird wieder durch Unterbringung der neuen Schleifenreihe unter die Haken der feſten Nadeln, Preſſen derſelben und Herüberſchieben der alten Maſchenreihe eine neue hergeſtellt. Während man zuerſt nur dieſe einfachſte Kulier- und Kettenware zu erzeugen vermochte, erfand man ſpäter Vorrichtungen, welche die Her- ſtellung von Wirkmuſtern ermöglichten. Solche Erfindungen waren die Preßmaſchine 1740, die Ränder- oder Fangmaſchine von Jedediah Strutt 1755, die Petinet- oder Stechmaſchine von Butterworth um 1760 herum, die Deckmaſchine von Dumont zur gleichen Zeit, doch ſtehen dieſe Angaben nicht ganz feſt, und werden auch andere Er- finder für dieſelben Maſchinen geltend gemacht. Die vorerwähnten Einrichtungen ſind heute noch in Verwendung, wenn auch in ſehr vervollkommneterer Kon- ſtruktion. Aus der Handwirkerei ent- wickelte ſich die mechaniſche Wirkerei. 1769 nahm der Engländer Sam. Wiſe ein Patent auf einen flachen, d. h. dem Handkulierſtuhl nachgebildeten Drehkulier- ſtuhl, 1798 der Franzoſe Decroix ein ſolches auf einen Rundſtuhl. Letzterer hat die Nadeln im Kreiſe herum an- [Abbildung Fig. 213. Rundwirkſtuhl.]

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/399>, abgerufen am 22.11.2024.