sich die Luft wieder zusammen und die Flüssigkeit konnte steigen. Die Höhe der Flüssigkeitssäule konnte man an einer Skala ablesen und also die Wärme in Teilen dieser Skala angeben.
Das Thermometer in seiner heutigen Form ist eine Erfindung der Florentiner Akademie oder der Academia del Cimento. Es bestand aus einer Kugel mit einer sogenannten Thermometerröhre, war mit Weingeist gefüllt und auf einer Skala befestigt, welche in Folge der Ausdehnung oder Zusammenziehung dieser Flüssigkeit die Vermehrung oder Verminderung der Wärme anzeigte. Hier wurde also bereits die Ausdehnung von Flüssigkeiten benutzt und noch heute sind im praktischen Leben alle, im Laboratorium die meisten Thermometer mit Quecksilber oder Alkohol gefüllt. Man nimmt hierbei an, daß die genannten Flüssigkeiten sich sehr gleichmäßig mit der Temperatur ausdehnen. Dies ist nur in beschränktem, aber für die Praxis im allgemeinen aus- reichendem Maße richtig. Beide Flüssigkeiten haben ihre Vorzüge und ihre Nachtheile. Quecksilber gefriert bereits bei -- 38° C., es wird dann fest; also unterhalb dieser Temperatur kann nur ein Weingeist- thermometer angewendet werden. Andrerseits siedet der reine Weingeist bereits bei 78,3°C.; er verwandelt sich in Dampf; also oberhalb dieser Grenze kann nur ein Quecksilberthermometer benutzt werden; Queck- silber siedet erst bei 360°; darüber hinaus bedient man sich der Gas- thermometer.
Die Instrumente der Akademie bedeuteten allerdings einen Fort- schritt, aber ihre Skala war eine ganz willkürliche; sollten die Thermo- meter einen praktischen und wissenschaftlichen Wert erlangen, so mußte eine Einheit für diese Skala geschaffen werden und ein Ausgangspunkt, von dem man zählte. Was lag näher, als daß man auch hierbei die Eigenschaften des Wassers benutzte, des Körpers, der im täglichen Leben eine so hervorragende Rolle spielte. Drei Forscher versuchten die Lösung der Aufgabe. Als erster Fahrenheit in Danzig um das Jahr 1714. Dieser steckte sein Thermometer in eine Mischung von Schnee und Salz und nannte den Punkt, an welchem die Flüssigkeit sich einstellte, 0, dann steckte er dasselbe Thermo- meter in siedendes Wasser und bezeichnete diesen Siedepunkt mit 212. Damit war die Willkür noch nicht behoben, denn durch die Einführung der Salzschneemischung war wieder eine Künstelei hineingebracht. Reaumur und Celsius nahmen beide als ersten festen Punkt die Temperatur des schmelzenden Eises, die sich überaus lange konstant erhält, so lange, wie überhaupt in dem Schmelzwasser noch Eis vorhanden ist; den zweiten Fixpunkt wählten sie in Ueberein- stimmung mit Fahrenheit. Reaumur teilte das Intervall zwischen dem Gefrierpunkt und dem
[Abbildung]
Fig. 19.
Die drei Thermometerskalen.
Die Apparate zur Wärmemeſſung
ſich die Luft wieder zuſammen und die Flüſſigkeit konnte ſteigen. Die Höhe der Flüſſigkeitsſäule konnte man an einer Skala ableſen und alſo die Wärme in Teilen dieſer Skala angeben.
Das Thermometer in ſeiner heutigen Form iſt eine Erfindung der Florentiner Akademie oder der Academia del Cimento. Es beſtand aus einer Kugel mit einer ſogenannten Thermometerröhre, war mit Weingeiſt gefüllt und auf einer Skala befeſtigt, welche in Folge der Ausdehnung oder Zuſammenziehung dieſer Flüſſigkeit die Vermehrung oder Verminderung der Wärme anzeigte. Hier wurde alſo bereits die Ausdehnung von Flüſſigkeiten benutzt und noch heute ſind im praktiſchen Leben alle, im Laboratorium die meiſten Thermometer mit Queckſilber oder Alkohol gefüllt. Man nimmt hierbei an, daß die genannten Flüſſigkeiten ſich ſehr gleichmäßig mit der Temperatur ausdehnen. Dies iſt nur in beſchränktem, aber für die Praxis im allgemeinen aus- reichendem Maße richtig. Beide Flüſſigkeiten haben ihre Vorzüge und ihre Nachtheile. Queckſilber gefriert bereits bei — 38° C., es wird dann feſt; alſo unterhalb dieſer Temperatur kann nur ein Weingeiſt- thermometer angewendet werden. Andrerſeits ſiedet der reine Weingeiſt bereits bei 78,3°C.; er verwandelt ſich in Dampf; alſo oberhalb dieſer Grenze kann nur ein Queckſilberthermometer benutzt werden; Queck- ſilber ſiedet erſt bei 360°; darüber hinaus bedient man ſich der Gas- thermometer.
Die Inſtrumente der Akademie bedeuteten allerdings einen Fort- ſchritt, aber ihre Skala war eine ganz willkürliche; ſollten die Thermo- meter einen praktiſchen und wiſſenſchaftlichen Wert erlangen, ſo mußte eine Einheit für dieſe Skala geſchaffen werden und ein Ausgangspunkt, von dem man zählte. Was lag näher, als daß man auch hierbei die Eigenſchaften des Waſſers benutzte, des Körpers, der im täglichen Leben eine ſo hervorragende Rolle ſpielte. Drei Forſcher verſuchten die Löſung der Aufgabe. Als erſter Fahrenheit in Danzig um das Jahr 1714. Dieſer ſteckte ſein Thermometer in eine Miſchung von Schnee und Salz und nannte den Punkt, an welchem die Flüſſigkeit ſich einſtellte, 0, dann ſteckte er dasſelbe Thermo- meter in ſiedendes Waſſer und bezeichnete dieſen Siedepunkt mit 212. Damit war die Willkür noch nicht behoben, denn durch die Einführung der Salzſchneemiſchung war wieder eine Künſtelei hineingebracht. Réaumur und Celſius nahmen beide als erſten feſten Punkt die Temperatur des ſchmelzenden Eiſes, die ſich überaus lange konſtant erhält, ſo lange, wie überhaupt in dem Schmelzwaſſer noch Eis vorhanden iſt; den zweiten Fixpunkt wählten ſie in Ueberein- ſtimmung mit Fahrenheit. Réaumur teilte das Intervall zwiſchen dem Gefrierpunkt und dem
[Abbildung]
Fig. 19.
Die drei Thermometerſkalen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0043"n="25"/><fwplace="top"type="header">Die Apparate zur Wärmemeſſung</fw><lb/>ſich die Luft wieder zuſammen und die Flüſſigkeit konnte ſteigen. Die<lb/>
Höhe der Flüſſigkeitsſäule konnte man an einer Skala ableſen und<lb/>
alſo die Wärme in Teilen dieſer Skala angeben.</p><lb/><p>Das Thermometer in ſeiner heutigen Form iſt eine Erfindung der<lb/>
Florentiner Akademie oder der <hirendition="#aq">Academia del Cimento.</hi> Es beſtand<lb/>
aus einer Kugel mit einer ſogenannten Thermometerröhre, war mit<lb/>
Weingeiſt gefüllt und auf einer Skala befeſtigt, welche in Folge der<lb/>
Ausdehnung oder Zuſammenziehung dieſer Flüſſigkeit die Vermehrung<lb/>
oder Verminderung der Wärme anzeigte. Hier wurde alſo bereits die<lb/>
Ausdehnung von Flüſſigkeiten benutzt und noch heute ſind im praktiſchen<lb/>
Leben alle, im Laboratorium die meiſten Thermometer mit Queckſilber<lb/>
oder Alkohol gefüllt. Man nimmt hierbei an, daß die genannten<lb/>
Flüſſigkeiten ſich ſehr gleichmäßig mit der Temperatur ausdehnen. Dies<lb/>
iſt nur in beſchränktem, aber für die Praxis im allgemeinen aus-<lb/>
reichendem Maße richtig. Beide Flüſſigkeiten haben ihre Vorzüge und<lb/>
ihre Nachtheile. Queckſilber gefriert bereits bei — 38° <hirendition="#aq">C.</hi>, es wird<lb/>
dann feſt; alſo unterhalb dieſer Temperatur kann nur ein Weingeiſt-<lb/>
thermometer angewendet werden. Andrerſeits ſiedet der reine Weingeiſt<lb/>
bereits bei 78,3°<hirendition="#aq">C.;</hi> er verwandelt ſich in Dampf; alſo oberhalb dieſer<lb/>
Grenze kann nur ein Queckſilberthermometer benutzt werden; Queck-<lb/>ſilber ſiedet erſt bei 360°; darüber hinaus bedient man ſich der Gas-<lb/>
thermometer.</p><lb/><p>Die Inſtrumente der Akademie bedeuteten allerdings einen Fort-<lb/>ſchritt, aber ihre Skala war eine ganz willkürliche; ſollten die Thermo-<lb/>
meter einen praktiſchen und wiſſenſchaftlichen Wert erlangen, ſo mußte<lb/>
eine Einheit für dieſe Skala geſchaffen werden und ein Ausgangspunkt,<lb/>
von dem man zählte. Was lag näher, als daß man auch hierbei die<lb/>
Eigenſchaften des Waſſers benutzte, des Körpers, der im täglichen<lb/>
Leben eine ſo hervorragende Rolle ſpielte. Drei Forſcher verſuchten<lb/>
die Löſung der Aufgabe. Als erſter Fahrenheit in Danzig um das<lb/>
Jahr 1714. Dieſer ſteckte ſein Thermometer in eine Miſchung von<lb/>
Schnee und Salz und nannte den Punkt, an welchem die Flüſſigkeit<lb/>ſich einſtellte, 0, dann ſteckte er dasſelbe Thermo-<lb/>
meter in ſiedendes Waſſer und bezeichnete dieſen<lb/>
Siedepunkt mit 212. Damit war die Willkür<lb/>
noch nicht behoben, denn durch die Einführung<lb/>
der Salzſchneemiſchung war wieder eine Künſtelei<lb/>
hineingebracht. R<hirendition="#aq">é</hi>aumur und Celſius nahmen<lb/>
beide als erſten feſten Punkt die Temperatur<lb/>
des ſchmelzenden Eiſes, die ſich überaus lange<lb/>
konſtant erhält, ſo lange, wie überhaupt in dem<lb/>
Schmelzwaſſer noch Eis vorhanden iſt; den<lb/>
zweiten Fixpunkt wählten ſie in Ueberein-<lb/>ſtimmung mit Fahrenheit. R<hirendition="#aq">é</hi>aumur teilte das<lb/>
Intervall zwiſchen dem Gefrierpunkt und dem<lb/><figure><head>Fig. 19.</head><lb/><p>Die drei Thermometerſkalen.</p></figure><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[25/0043]
Die Apparate zur Wärmemeſſung
ſich die Luft wieder zuſammen und die Flüſſigkeit konnte ſteigen. Die
Höhe der Flüſſigkeitsſäule konnte man an einer Skala ableſen und
alſo die Wärme in Teilen dieſer Skala angeben.
Das Thermometer in ſeiner heutigen Form iſt eine Erfindung der
Florentiner Akademie oder der Academia del Cimento. Es beſtand
aus einer Kugel mit einer ſogenannten Thermometerröhre, war mit
Weingeiſt gefüllt und auf einer Skala befeſtigt, welche in Folge der
Ausdehnung oder Zuſammenziehung dieſer Flüſſigkeit die Vermehrung
oder Verminderung der Wärme anzeigte. Hier wurde alſo bereits die
Ausdehnung von Flüſſigkeiten benutzt und noch heute ſind im praktiſchen
Leben alle, im Laboratorium die meiſten Thermometer mit Queckſilber
oder Alkohol gefüllt. Man nimmt hierbei an, daß die genannten
Flüſſigkeiten ſich ſehr gleichmäßig mit der Temperatur ausdehnen. Dies
iſt nur in beſchränktem, aber für die Praxis im allgemeinen aus-
reichendem Maße richtig. Beide Flüſſigkeiten haben ihre Vorzüge und
ihre Nachtheile. Queckſilber gefriert bereits bei — 38° C., es wird
dann feſt; alſo unterhalb dieſer Temperatur kann nur ein Weingeiſt-
thermometer angewendet werden. Andrerſeits ſiedet der reine Weingeiſt
bereits bei 78,3°C.; er verwandelt ſich in Dampf; alſo oberhalb dieſer
Grenze kann nur ein Queckſilberthermometer benutzt werden; Queck-
ſilber ſiedet erſt bei 360°; darüber hinaus bedient man ſich der Gas-
thermometer.
Die Inſtrumente der Akademie bedeuteten allerdings einen Fort-
ſchritt, aber ihre Skala war eine ganz willkürliche; ſollten die Thermo-
meter einen praktiſchen und wiſſenſchaftlichen Wert erlangen, ſo mußte
eine Einheit für dieſe Skala geſchaffen werden und ein Ausgangspunkt,
von dem man zählte. Was lag näher, als daß man auch hierbei die
Eigenſchaften des Waſſers benutzte, des Körpers, der im täglichen
Leben eine ſo hervorragende Rolle ſpielte. Drei Forſcher verſuchten
die Löſung der Aufgabe. Als erſter Fahrenheit in Danzig um das
Jahr 1714. Dieſer ſteckte ſein Thermometer in eine Miſchung von
Schnee und Salz und nannte den Punkt, an welchem die Flüſſigkeit
ſich einſtellte, 0, dann ſteckte er dasſelbe Thermo-
meter in ſiedendes Waſſer und bezeichnete dieſen
Siedepunkt mit 212. Damit war die Willkür
noch nicht behoben, denn durch die Einführung
der Salzſchneemiſchung war wieder eine Künſtelei
hineingebracht. Réaumur und Celſius nahmen
beide als erſten feſten Punkt die Temperatur
des ſchmelzenden Eiſes, die ſich überaus lange
konſtant erhält, ſo lange, wie überhaupt in dem
Schmelzwaſſer noch Eis vorhanden iſt; den
zweiten Fixpunkt wählten ſie in Ueberein-
ſtimmung mit Fahrenheit. Réaumur teilte das
Intervall zwiſchen dem Gefrierpunkt und dem
[Abbildung Fig. 19.
Die drei Thermometerſkalen.]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/43>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.