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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Erfindung der Maße und Gewichte.
Siedepunkt in 80, Celsius in 100 Grade. Wir haben also heute
3 Thermometerskalen: die Fahrenheitsche mit 212 Graden zeigt bei der
Temperatur des schmelzenden Eises + 32°, beim Siedepunkt 212 (Fig. 19),
die Reaumursche zeigt entsprechend 0 und 80°, die Celsiussche, in
ihrer heutigen Form Zentesimal- oder hundertteilige Skala genannt,
entsprechend 0 und 100°. Die Wärmegrade über 0 werden mit +,
diejenigen unter 0 mit -- bezeichnet. Die Fahrenheitschen Thermometer
haben den Vorzug, daß die in unseren Breiten üblichen Kältegrade
fast durchweg über 0 liegen, sind aber sonst höchst unpraktisch; sie werden
in England und Amerika benutzt. Reaumursche Thermometer haben
sich besonders in Deutschland eingeführt; Celsius hat mit der Hundert-
teilung das allein Richtige getroffen und ist deshalb auch allein von
der Wissenschaft angenommen.

Von einem guten Thermometer verlangt man, daß die Fixpunkte
gut eingestellt sind, und das Intervall zwischen denselben richtig geteilt
ist, kurz, daß es richtige Angaben mache. Daneben soll es aber auch
möglichst empfindlich sein, d. h., es soll die Temperatur der Umgebung
möglichst schnell annehmen und einer geringen Temperaturänderung
soll eine möglichst große Änderung der Höhe der Flüssigkeitssäule, ent-
sprechen. Ersteres erreicht man, wenn die Wandungen des Thermometer-
gefäßes, der Thermometerkugel möglichst dünn gemacht werden, letzteres,
wenn man das Gefäß möglichst groß und die Röhre, die Kapillare,
möglichst eng wählt. Soll das Thermometer richtig zeigen, so muß
ferner die Kapillare genau kalibrisch d. h. von Anfang bis zum Ende
innen gleich weit sein, und endlich darf keine Luft eingeschlossen sein.
Ist nicht alle Luft entfernt, so wird sie beim Ansteigen der Flüssig-
keitssäule zusammengepreßt und übt auf dieselbe einen Druck aus,
die Flüssigkeit kann also nicht so hoch steigen, wie es dem Wärmegrad
der Umgebung entspricht. In Frankreich pflegt man die Teilung auf
der Kapillarröhre selbst anzubringen, (Stabthermometer), während man
in Deutschland die Kapillare noch mit einer weiteren Röhre umhüllt, in
welcher hinter der Kapillare eine Milchglasskala befestigt ist (Umschluß-
thermometer). Bei den gewöhnlichen Thermometern ist die Kapillare
auf einer Holz-, Milchglas- oder Metall-Elfenbein- u. s. w. Skala
befestigt, nur die Badethermometer sind meist Umschlußthermometer.

Neben den Flüssigkeitsthermometern haben auch Metallthermometer
Eingang gefunden. Am einfachsten wäre es, hinter einem Metallstab
eine Skala anzubringen und die Länge des Stabes bei verschiedenen
Temperaturen abzulesen, wie man die Höhe der Flüssigkeitssäule abliest.
Die Ausdehnung des Metalles ist indessen zu gering, so daß kleinere
Wärmeänderungen überhaupt nicht bemerkbar werden würden. Man
lötet daher zwei Metallstreifen von ungleicher Ausdehnung in Form
einer Spiralfeder zusammen, so daß das Metall mit stärkerer Aus-
dehnung sich außen befindet, das mit geringerer Ausdehnung auf der
inneren Seite, dann wird die Krümmung der Spirale vergrößert bei

Die Erfindung der Maße und Gewichte.
Siedepunkt in 80, Celſius in 100 Grade. Wir haben alſo heute
3 Thermometerſkalen: die Fahrenheitſche mit 212 Graden zeigt bei der
Temperatur des ſchmelzenden Eiſes + 32°, beim Siedepunkt 212 (Fig. 19),
die Réaumurſche zeigt entſprechend 0 und 80°, die Celſiusſche, in
ihrer heutigen Form Zenteſimal- oder hundertteilige Skala genannt,
entſprechend 0 und 100°. Die Wärmegrade über 0 werden mit +,
diejenigen unter 0 mit — bezeichnet. Die Fahrenheitſchen Thermometer
haben den Vorzug, daß die in unſeren Breiten üblichen Kältegrade
faſt durchweg über 0 liegen, ſind aber ſonſt höchſt unpraktiſch; ſie werden
in England und Amerika benutzt. Reaumurſche Thermometer haben
ſich beſonders in Deutſchland eingeführt; Celſius hat mit der Hundert-
teilung das allein Richtige getroffen und iſt deshalb auch allein von
der Wiſſenſchaft angenommen.

Von einem guten Thermometer verlangt man, daß die Fixpunkte
gut eingeſtellt ſind, und das Intervall zwiſchen denſelben richtig geteilt
iſt, kurz, daß es richtige Angaben mache. Daneben ſoll es aber auch
möglichſt empfindlich ſein, d. h., es ſoll die Temperatur der Umgebung
möglichſt ſchnell annehmen und einer geringen Temperaturänderung
ſoll eine möglichſt große Änderung der Höhe der Flüſſigkeitsſäule, ent-
ſprechen. Erſteres erreicht man, wenn die Wandungen des Thermometer-
gefäßes, der Thermometerkugel möglichſt dünn gemacht werden, letzteres,
wenn man das Gefäß möglichſt groß und die Röhre, die Kapillare,
möglichſt eng wählt. Soll das Thermometer richtig zeigen, ſo muß
ferner die Kapillare genau kalibriſch d. h. von Anfang bis zum Ende
innen gleich weit ſein, und endlich darf keine Luft eingeſchloſſen ſein.
Iſt nicht alle Luft entfernt, ſo wird ſie beim Anſteigen der Flüſſig-
keitsſäule zuſammengepreßt und übt auf dieſelbe einen Druck aus,
die Flüſſigkeit kann alſo nicht ſo hoch ſteigen, wie es dem Wärmegrad
der Umgebung entſpricht. In Frankreich pflegt man die Teilung auf
der Kapillarröhre ſelbſt anzubringen, (Stabthermometer), während man
in Deutſchland die Kapillare noch mit einer weiteren Röhre umhüllt, in
welcher hinter der Kapillare eine Milchglasſkala befeſtigt iſt (Umſchluß-
thermometer). Bei den gewöhnlichen Thermometern iſt die Kapillare
auf einer Holz-, Milchglas- oder Metall-Elfenbein- u. ſ. w. Skala
befeſtigt, nur die Badethermometer ſind meiſt Umſchlußthermometer.

Neben den Flüſſigkeitsthermometern haben auch Metallthermometer
Eingang gefunden. Am einfachſten wäre es, hinter einem Metallſtab
eine Skala anzubringen und die Länge des Stabes bei verſchiedenen
Temperaturen abzuleſen, wie man die Höhe der Flüſſigkeitsſäule ablieſt.
Die Ausdehnung des Metalles iſt indeſſen zu gering, ſo daß kleinere
Wärmeänderungen überhaupt nicht bemerkbar werden würden. Man
lötet daher zwei Metallſtreifen von ungleicher Ausdehnung in Form
einer Spiralfeder zuſammen, ſo daß das Metall mit ſtärkerer Aus-
dehnung ſich außen befindet, das mit geringerer Ausdehnung auf der
inneren Seite, dann wird die Krümmung der Spirale vergrößert bei

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[26/0044] Die Erfindung der Maße und Gewichte. Siedepunkt in 80, Celſius in 100 Grade. Wir haben alſo heute 3 Thermometerſkalen: die Fahrenheitſche mit 212 Graden zeigt bei der Temperatur des ſchmelzenden Eiſes + 32°, beim Siedepunkt 212 (Fig. 19), die Réaumurſche zeigt entſprechend 0 und 80°, die Celſiusſche, in ihrer heutigen Form Zenteſimal- oder hundertteilige Skala genannt, entſprechend 0 und 100°. Die Wärmegrade über 0 werden mit +, diejenigen unter 0 mit — bezeichnet. Die Fahrenheitſchen Thermometer haben den Vorzug, daß die in unſeren Breiten üblichen Kältegrade faſt durchweg über 0 liegen, ſind aber ſonſt höchſt unpraktiſch; ſie werden in England und Amerika benutzt. Reaumurſche Thermometer haben ſich beſonders in Deutſchland eingeführt; Celſius hat mit der Hundert- teilung das allein Richtige getroffen und iſt deshalb auch allein von der Wiſſenſchaft angenommen. Von einem guten Thermometer verlangt man, daß die Fixpunkte gut eingeſtellt ſind, und das Intervall zwiſchen denſelben richtig geteilt iſt, kurz, daß es richtige Angaben mache. Daneben ſoll es aber auch möglichſt empfindlich ſein, d. h., es ſoll die Temperatur der Umgebung möglichſt ſchnell annehmen und einer geringen Temperaturänderung ſoll eine möglichſt große Änderung der Höhe der Flüſſigkeitsſäule, ent- ſprechen. Erſteres erreicht man, wenn die Wandungen des Thermometer- gefäßes, der Thermometerkugel möglichſt dünn gemacht werden, letzteres, wenn man das Gefäß möglichſt groß und die Röhre, die Kapillare, möglichſt eng wählt. Soll das Thermometer richtig zeigen, ſo muß ferner die Kapillare genau kalibriſch d. h. von Anfang bis zum Ende innen gleich weit ſein, und endlich darf keine Luft eingeſchloſſen ſein. Iſt nicht alle Luft entfernt, ſo wird ſie beim Anſteigen der Flüſſig- keitsſäule zuſammengepreßt und übt auf dieſelbe einen Druck aus, die Flüſſigkeit kann alſo nicht ſo hoch ſteigen, wie es dem Wärmegrad der Umgebung entſpricht. In Frankreich pflegt man die Teilung auf der Kapillarröhre ſelbſt anzubringen, (Stabthermometer), während man in Deutſchland die Kapillare noch mit einer weiteren Röhre umhüllt, in welcher hinter der Kapillare eine Milchglasſkala befeſtigt iſt (Umſchluß- thermometer). Bei den gewöhnlichen Thermometern iſt die Kapillare auf einer Holz-, Milchglas- oder Metall-Elfenbein- u. ſ. w. Skala befeſtigt, nur die Badethermometer ſind meiſt Umſchlußthermometer. Neben den Flüſſigkeitsthermometern haben auch Metallthermometer Eingang gefunden. Am einfachſten wäre es, hinter einem Metallſtab eine Skala anzubringen und die Länge des Stabes bei verſchiedenen Temperaturen abzuleſen, wie man die Höhe der Flüſſigkeitsſäule ablieſt. Die Ausdehnung des Metalles iſt indeſſen zu gering, ſo daß kleinere Wärmeänderungen überhaupt nicht bemerkbar werden würden. Man lötet daher zwei Metallſtreifen von ungleicher Ausdehnung in Form einer Spiralfeder zuſammen, ſo daß das Metall mit ſtärkerer Aus- dehnung ſich außen befindet, das mit geringerer Ausdehnung auf der inneren Seite, dann wird die Krümmung der Spirale vergrößert bei

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/44>, abgerufen am 21.11.2024.