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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Farben und das Färben.
oder das Gewebe in die Lösung hineingebracht, und darin bewegt (um-
gezogen). Meistens setzt man, um ein gleichmäßiges "Aufgehen" der
Farbe zu erzielen, dem Färbebade Säuren (Schwefelsäure, Essigsäure)
oder Salze (Kochsalz, Glaubersalz) hinzu. Es giebt nämlich Farbstoffe,
die von der Wolle oder Seide so begierig aufgenommen werden, daß
sie sich sofort an den Teilen niederschlagen, die der Flüssigkeit zunächst
sind, während die im Innern des Garnes oder Gewebes liegenden
Fasern nur wenig Farbstoff abbekommen. Derartige Färbungen sind
natürlich unbrauchbar. Man mildert die Wirkung eben durch Zusätze,
welche die Anziehungskraft der Faser vermindern, so daß der Farbstoff
nur langsam aufgenommen wird. Dieses direkte Färben ist fast aus-
schließlich durch die Teerfarbstoffe möglich geworden, vor der Ein-
führung derselben war der Färber nur in wenigen Ausnahmefällen so
glücklich, auf diesem einfachsten Wege sein Ziel zu erreichen. Die meisten
Farbstoffe bedürfen zu ihrer Befestigung der Beizen. Wie schon er-
wähnt, beruht die Wirkung der Beize darauf, daß sie mit dem Farb-
stoff eine unlösliche Verbindung bildet, und da die chemische Natur
der Farbstoffe sehr verschieden ist, so weichen auch die Beizen in ihrem
chemischen Charakter stark von einander ab. Für Wolle und Seide
verwendet man hauptsächlich Farbstoffe von saurem Charakter. Dieses
"sauer" ist natürlich nicht so zu verstehen, als ob der Farbstoff sauer
schmeckte, sondern man versteht darunter die Eigenschaft, sich mit "Basen"
zu verbinden. Als Basen gelten vor allem die Metalloxyde, man
kann daher sagen, ein saurer Farbstoff ist ein solcher, der sich mit
Metalloxyden zu meist unlöslichen Verbindungen vereinigt. Die Beizen
für saure Farbstoffe bestehen daher auch aus löslichen Verbindungen
(Salzen) der verschiedenen Metalle (Eisen, Aluminium, Blei, Kupfer,
Nickel, Zink u. s. w.) Besonders die Wollfasser hat nun die Eigentüm-
lichkeit, solche löslichen Metallsalze zu zerlegen, indem sich das Metall-
oxyd, die Base, auf der Faser niederschlägt, während die Säure im
Wasser gelöst bleibt. Bringt man die mit der Base beladene Wolle
in die Lösung eines sauren Farbstoffs, so tritt zwischen dem Farbstoff
und der Base eine Verbindung ein, und da dieselbe in der Faser in
feinster Verteilung vor sich geht, so erscheint nachher die Faser gefärbt.
Als Gegensatz zu den sauren Farbstoffen giebt es nun aber auch basische
Farbstoffe. Um diese auf die Faser niederzuschlagen (zu "fixieren"), be-
darf man natürlich einer sauren Beize, und als solche dient allgemein
die Gerbsäure. Letzteres Verfahren wird ausschließlich für die Baum-
wollfärberei verwendet, während das oben geschilderte für tierische und
pflanzliche Faserstoffe in Gebrauch ist. Mit dem Färben unter Zu-
hülfenahme einer Beize läßt sich das öfters angewandte Erzeugen von
Mineralfarben auf dem Zeuge selbst vergleichen. Man beizt z. B.
Baumwolle mit einem Eisensalze, und färbt sie dann gewissermaßen in
Blutlaugensalz aus; dabei bildet sich das an sich unlösliche Berliner
Blau auf der Faser und haftet infolge dessen so fest wie ein Farbstoff.

Die Farben und das Färben.
oder das Gewebe in die Löſung hineingebracht, und darin bewegt (um-
gezogen). Meiſtens ſetzt man, um ein gleichmäßiges „Aufgehen“ der
Farbe zu erzielen, dem Färbebade Säuren (Schwefelſäure, Eſſigſäure)
oder Salze (Kochſalz, Glauberſalz) hinzu. Es giebt nämlich Farbſtoffe,
die von der Wolle oder Seide ſo begierig aufgenommen werden, daß
ſie ſich ſofort an den Teilen niederſchlagen, die der Flüſſigkeit zunächſt
ſind, während die im Innern des Garnes oder Gewebes liegenden
Faſern nur wenig Farbſtoff abbekommen. Derartige Färbungen ſind
natürlich unbrauchbar. Man mildert die Wirkung eben durch Zuſätze,
welche die Anziehungskraft der Faſer vermindern, ſo daß der Farbſtoff
nur langſam aufgenommen wird. Dieſes direkte Färben iſt faſt aus-
ſchließlich durch die Teerfarbſtoffe möglich geworden, vor der Ein-
führung derſelben war der Färber nur in wenigen Ausnahmefällen ſo
glücklich, auf dieſem einfachſten Wege ſein Ziel zu erreichen. Die meiſten
Farbſtoffe bedürfen zu ihrer Befeſtigung der Beizen. Wie ſchon er-
wähnt, beruht die Wirkung der Beize darauf, daß ſie mit dem Farb-
ſtoff eine unlösliche Verbindung bildet, und da die chemiſche Natur
der Farbſtoffe ſehr verſchieden iſt, ſo weichen auch die Beizen in ihrem
chemiſchen Charakter ſtark von einander ab. Für Wolle und Seide
verwendet man hauptſächlich Farbſtoffe von ſaurem Charakter. Dieſes
„ſauer“ iſt natürlich nicht ſo zu verſtehen, als ob der Farbſtoff ſauer
ſchmeckte, ſondern man verſteht darunter die Eigenſchaft, ſich mit „Baſen“
zu verbinden. Als Baſen gelten vor allem die Metalloxyde, man
kann daher ſagen, ein ſaurer Farbſtoff iſt ein ſolcher, der ſich mit
Metalloxyden zu meiſt unlöslichen Verbindungen vereinigt. Die Beizen
für ſaure Farbſtoffe beſtehen daher auch aus löslichen Verbindungen
(Salzen) der verſchiedenen Metalle (Eiſen, Aluminium, Blei, Kupfer,
Nickel, Zink u. ſ. w.) Beſonders die Wollfaſſer hat nun die Eigentüm-
lichkeit, ſolche löslichen Metallſalze zu zerlegen, indem ſich das Metall-
oxyd, die Baſe, auf der Faſer niederſchlägt, während die Säure im
Waſſer gelöſt bleibt. Bringt man die mit der Baſe beladene Wolle
in die Löſung eines ſauren Farbſtoffs, ſo tritt zwiſchen dem Farbſtoff
und der Baſe eine Verbindung ein, und da dieſelbe in der Faſer in
feinſter Verteilung vor ſich geht, ſo erſcheint nachher die Faſer gefärbt.
Als Gegenſatz zu den ſauren Farbſtoffen giebt es nun aber auch baſiſche
Farbſtoffe. Um dieſe auf die Faſer niederzuſchlagen (zu „fixieren“), be-
darf man natürlich einer ſauren Beize, und als ſolche dient allgemein
die Gerbſäure. Letzteres Verfahren wird ausſchließlich für die Baum-
wollfärberei verwendet, während das oben geſchilderte für tieriſche und
pflanzliche Faſerſtoffe in Gebrauch iſt. Mit dem Färben unter Zu-
hülfenahme einer Beize läßt ſich das öfters angewandte Erzeugen von
Mineralfarben auf dem Zeuge ſelbſt vergleichen. Man beizt z. B.
Baumwolle mit einem Eiſenſalze, und färbt ſie dann gewiſſermaßen in
Blutlaugenſalz aus; dabei bildet ſich das an ſich unlösliche Berliner
Blau auf der Faſer und haftet infolge deſſen ſo feſt wie ein Farbſtoff.

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[416/0434] Die Farben und das Färben. oder das Gewebe in die Löſung hineingebracht, und darin bewegt (um- gezogen). Meiſtens ſetzt man, um ein gleichmäßiges „Aufgehen“ der Farbe zu erzielen, dem Färbebade Säuren (Schwefelſäure, Eſſigſäure) oder Salze (Kochſalz, Glauberſalz) hinzu. Es giebt nämlich Farbſtoffe, die von der Wolle oder Seide ſo begierig aufgenommen werden, daß ſie ſich ſofort an den Teilen niederſchlagen, die der Flüſſigkeit zunächſt ſind, während die im Innern des Garnes oder Gewebes liegenden Faſern nur wenig Farbſtoff abbekommen. Derartige Färbungen ſind natürlich unbrauchbar. Man mildert die Wirkung eben durch Zuſätze, welche die Anziehungskraft der Faſer vermindern, ſo daß der Farbſtoff nur langſam aufgenommen wird. Dieſes direkte Färben iſt faſt aus- ſchließlich durch die Teerfarbſtoffe möglich geworden, vor der Ein- führung derſelben war der Färber nur in wenigen Ausnahmefällen ſo glücklich, auf dieſem einfachſten Wege ſein Ziel zu erreichen. Die meiſten Farbſtoffe bedürfen zu ihrer Befeſtigung der Beizen. Wie ſchon er- wähnt, beruht die Wirkung der Beize darauf, daß ſie mit dem Farb- ſtoff eine unlösliche Verbindung bildet, und da die chemiſche Natur der Farbſtoffe ſehr verſchieden iſt, ſo weichen auch die Beizen in ihrem chemiſchen Charakter ſtark von einander ab. Für Wolle und Seide verwendet man hauptſächlich Farbſtoffe von ſaurem Charakter. Dieſes „ſauer“ iſt natürlich nicht ſo zu verſtehen, als ob der Farbſtoff ſauer ſchmeckte, ſondern man verſteht darunter die Eigenſchaft, ſich mit „Baſen“ zu verbinden. Als Baſen gelten vor allem die Metalloxyde, man kann daher ſagen, ein ſaurer Farbſtoff iſt ein ſolcher, der ſich mit Metalloxyden zu meiſt unlöslichen Verbindungen vereinigt. Die Beizen für ſaure Farbſtoffe beſtehen daher auch aus löslichen Verbindungen (Salzen) der verſchiedenen Metalle (Eiſen, Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink u. ſ. w.) Beſonders die Wollfaſſer hat nun die Eigentüm- lichkeit, ſolche löslichen Metallſalze zu zerlegen, indem ſich das Metall- oxyd, die Baſe, auf der Faſer niederſchlägt, während die Säure im Waſſer gelöſt bleibt. Bringt man die mit der Baſe beladene Wolle in die Löſung eines ſauren Farbſtoffs, ſo tritt zwiſchen dem Farbſtoff und der Baſe eine Verbindung ein, und da dieſelbe in der Faſer in feinſter Verteilung vor ſich geht, ſo erſcheint nachher die Faſer gefärbt. Als Gegenſatz zu den ſauren Farbſtoffen giebt es nun aber auch baſiſche Farbſtoffe. Um dieſe auf die Faſer niederzuſchlagen (zu „fixieren“), be- darf man natürlich einer ſauren Beize, und als ſolche dient allgemein die Gerbſäure. Letzteres Verfahren wird ausſchließlich für die Baum- wollfärberei verwendet, während das oben geſchilderte für tieriſche und pflanzliche Faſerſtoffe in Gebrauch iſt. Mit dem Färben unter Zu- hülfenahme einer Beize läßt ſich das öfters angewandte Erzeugen von Mineralfarben auf dem Zeuge ſelbſt vergleichen. Man beizt z. B. Baumwolle mit einem Eiſenſalze, und färbt ſie dann gewiſſermaßen in Blutlaugenſalz aus; dabei bildet ſich das an ſich unlösliche Berliner Blau auf der Faſer und haftet infolge deſſen ſo feſt wie ein Farbſtoff.

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/434>, abgerufen am 22.11.2024.