Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.Die künstlichen Düngestoffe und die Chemie des Bodens. bei bekanntlich ein größeres Volumen einnimmt und so den Riß erweitert.In langsamer, aber steter Arbeit vergrößert sich dieser Riß von Jahr zu Jahr und reißt nicht nur endlich ein häufig gewaltig großes Stück vom Felsen los, sondern zerlegt dieses auf dem eben beschriebenen Wege wiederum in kleinere Teile, bis es endlich ganz gepulvert ist. Während des ganzen Ganges dieser Arbeit haben aber zwei wichtige chemische Kräfte mitgewirkt und zwar eine auflösende und eine oxydierende, dadurch das Resultat nicht nur beschleunigt, sondern speziell zur Voll- kommenheit desselben beigetragen, indem gerade ihnen die Feinheit des Bodens im wesentlichen zu verdanken ist. Die im Wasser enthaltene Kohlensäure hat gewisse Bestandteile der Gesteinsart aufgelöst und der in der atmosphärischen Luft enthaltene Sauerstoff hat andere oxydiert, wodurch der Verwitterungsprozeß sehr gefördert wurde. Diesen drei vereinten Kräften kann selbst der festeste Granitblock nicht widerstehen und zerbröckelt schließlich zu einem feinen Pulver von Thon und Sand; die jahrtausendlange Arbeit dieser Kräfte haben uns die großen Flächen Ackerboden geliefert und arbeiten täglich fort und fort an ihrer Auf- gabe. Je nach der Gesteinsart des betreffenden Felsens entstehen nun die verschiedenen Bodenarten, so wird z. B. aus dem Sandstein ein schwerer Sandboden, aus dem Keuper ein milder thoniger Boden, aus dem Granit oder Basalt ein sandiger Thonboden gebildet etc. Bleibt dieser Boden an seinem Entstehungsorte liegen, so wird er "Ver- witterungsboden" genannt, während wir ihn "angeschwemmten Boden" nennen, wenn er durch die Bewegung des Wassers von seinem Ent- stehungsorte fortgespült und wo anders angeschwemmt wurde. Letzterer ist gewöhnlich fruchtbarer, weil er auf dem Wege zu seinem Ablagerungs- orte sich mit anderen Bodenarten vermischt und so eine reichere Zusammen- setzung in Bezug auf die den Pflanzen notwendigen Nährstoffe erhält. Aber nicht nur die anorganischen Bestandteile des Bodens sind Die Fruchtbarkeit eines Bodens ist -- bei noch zu betrachtenden Die künſtlichen Düngeſtoffe und die Chemie des Bodens. bei bekanntlich ein größeres Volumen einnimmt und ſo den Riß erweitert.In langſamer, aber ſteter Arbeit vergrößert ſich dieſer Riß von Jahr zu Jahr und reißt nicht nur endlich ein häufig gewaltig großes Stück vom Felſen los, ſondern zerlegt dieſes auf dem eben beſchriebenen Wege wiederum in kleinere Teile, bis es endlich ganz gepulvert iſt. Während des ganzen Ganges dieſer Arbeit haben aber zwei wichtige chemiſche Kräfte mitgewirkt und zwar eine auflöſende und eine oxydierende, dadurch das Reſultat nicht nur beſchleunigt, ſondern ſpeziell zur Voll- kommenheit desſelben beigetragen, indem gerade ihnen die Feinheit des Bodens im weſentlichen zu verdanken iſt. Die im Waſſer enthaltene Kohlenſäure hat gewiſſe Beſtandteile der Geſteinsart aufgelöſt und der in der atmoſphäriſchen Luft enthaltene Sauerſtoff hat andere oxydiert, wodurch der Verwitterungsprozeß ſehr gefördert wurde. Dieſen drei vereinten Kräften kann ſelbſt der feſteſte Granitblock nicht widerſtehen und zerbröckelt ſchließlich zu einem feinen Pulver von Thon und Sand; die jahrtauſendlange Arbeit dieſer Kräfte haben uns die großen Flächen Ackerboden geliefert und arbeiten täglich fort und fort an ihrer Auf- gabe. Je nach der Geſteinsart des betreffenden Felſens entſtehen nun die verſchiedenen Bodenarten, ſo wird z. B. aus dem Sandſtein ein ſchwerer Sandboden, aus dem Keuper ein milder thoniger Boden, aus dem Granit oder Baſalt ein ſandiger Thonboden gebildet ꝛc. Bleibt dieſer Boden an ſeinem Entſtehungsorte liegen, ſo wird er „Ver- witterungsboden“ genannt, während wir ihn „angeſchwemmten Boden“ nennen, wenn er durch die Bewegung des Waſſers von ſeinem Ent- ſtehungsorte fortgeſpült und wo anders angeſchwemmt wurde. Letzterer iſt gewöhnlich fruchtbarer, weil er auf dem Wege zu ſeinem Ablagerungs- orte ſich mit anderen Bodenarten vermiſcht und ſo eine reichere Zuſammen- ſetzung in Bezug auf die den Pflanzen notwendigen Nährſtoffe erhält. 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Die künſtlichen Düngeſtoffe und die Chemie des Bodens.
bei bekanntlich ein größeres Volumen einnimmt und ſo den Riß erweitert.
In langſamer, aber ſteter Arbeit vergrößert ſich dieſer Riß von Jahr
zu Jahr und reißt nicht nur endlich ein häufig gewaltig großes Stück
vom Felſen los, ſondern zerlegt dieſes auf dem eben beſchriebenen
Wege wiederum in kleinere Teile, bis es endlich ganz gepulvert iſt.
Während des ganzen Ganges dieſer Arbeit haben aber zwei wichtige
chemiſche Kräfte mitgewirkt und zwar eine auflöſende und eine oxydierende,
dadurch das Reſultat nicht nur beſchleunigt, ſondern ſpeziell zur Voll-
kommenheit desſelben beigetragen, indem gerade ihnen die Feinheit des
Bodens im weſentlichen zu verdanken iſt. Die im Waſſer enthaltene
Kohlenſäure hat gewiſſe Beſtandteile der Geſteinsart aufgelöſt und der
in der atmoſphäriſchen Luft enthaltene Sauerſtoff hat andere oxydiert,
wodurch der Verwitterungsprozeß ſehr gefördert wurde. Dieſen drei
vereinten Kräften kann ſelbſt der feſteſte Granitblock nicht widerſtehen
und zerbröckelt ſchließlich zu einem feinen Pulver von Thon und Sand;
die jahrtauſendlange Arbeit dieſer Kräfte haben uns die großen Flächen
Ackerboden geliefert und arbeiten täglich fort und fort an ihrer Auf-
gabe. Je nach der Geſteinsart des betreffenden Felſens entſtehen nun
die verſchiedenen Bodenarten, ſo wird z. B. aus dem Sandſtein ein
ſchwerer Sandboden, aus dem Keuper ein milder thoniger Boden, aus
dem Granit oder Baſalt ein ſandiger Thonboden gebildet ꝛc. Bleibt
dieſer Boden an ſeinem Entſtehungsorte liegen, ſo wird er „Ver-
witterungsboden“ genannt, während wir ihn „angeſchwemmten Boden“
nennen, wenn er durch die Bewegung des Waſſers von ſeinem Ent-
ſtehungsorte fortgeſpült und wo anders angeſchwemmt wurde. Letzterer
iſt gewöhnlich fruchtbarer, weil er auf dem Wege zu ſeinem Ablagerungs-
orte ſich mit anderen Bodenarten vermiſcht und ſo eine reichere Zuſammen-
ſetzung in Bezug auf die den Pflanzen notwendigen Nährſtoffe erhält.
Aber nicht nur die anorganiſchen Beſtandteile des Bodens ſind
wichtig für die Fruchtbarkeit desſelben, ſondern auch einige organiſche,
welche wir „Humus“ nennen, wenn man auch die ältere Anſicht, daß
Humus eine unbedingte Notwendigkeit für die Fruchtbarkeit iſt, längſt
und mit Recht aufgegeben hat, denn zahlreiche Verſuche und die kräftige
Entwickelung von Bäumen und Sträuchern auf nackten Felſen haben
längſt das Gegenteil bewieſen. „Humus“ nennen wir die Geſamt-
menge der organiſchen und ſomit verbrennlichen Subſtanz des Bodens,
welche aus Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Sauerſtoff und Stickſtoff beſteht
und als Zerſetzungsprodukt zahlreicher, verſchiedenartiger, abgeſtorbener
Organismen im Boden entſtanden iſt. Humus iſt ſomit ein Produkt
der Vegetation, und kann ſeine Bildung — dieſe erhöht die Frucht-
barkeit des Bodens weſentlich — durch den Anbau gewiſſer Pflanzen
leicht gefördert werden.
Die Fruchtbarkeit eines Bodens iſt — bei noch zu betrachtenden
phyſikaliſchen Eigenſchaften desſelben — bedingt durch die in ihm ent-
haltenen Nährſtoffe für Pflanzen und wird um ſo größer ſein, je mehr
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