Die künstlichen Düngestoffe und die Chemie des Bodens.
Da uns diese Stickstoffquelle im Inlande in ausreichender Menge zur Verfügung steht, während der Chilisalpeter importiert werden muß und für denselben jährlich große Summen an das Ausland bezahlt werden, so sind zahlreiche Versuche von hervorragenden Forschern wie Maercker, Stutzer, Wagner, Wolff u. a. darüber angestellt worden, wie sich die Wirkungen dieser beiden Stickstoff-Düngemittel zu einander verhalten, bez. ob es nicht möglich sei, den Chilisalpeter ganz durch das Ammoniaksalz zu ersetzen. Alle diese Versuche haben aber im wesentlichen ergeben, daß der Chilisalpeter bedeutende Vorteile vor dem Ammoniaksalz bietet. So wirkt er z. B. schneller, und das ist ganz erklärlich, weil er bereits ein fertiges salpetersaures Salz ist, während das Ammoniak erst zu Salpetersäure oxydiert werden muß. Ferner wirkt der Stickstoff im Chilisalpeter in den allermeisten Fällen intensiver, als dieselbe Stickstoff-Menge in dem Ammoniaksalz. So hat z. B. Stutzer bei je 100 kg Chilisalpeter in 144 Felddüngungsversuchen 940 kg Zuckerrüben mehr erhalten, als bei derselben Stickstoff-Menge im Ammoniak; bei der Futterrübe nach Versuchen in England war der Mehrertrag ca. 1700 kg, bei den Kartoffeln 164 kg u. s. f., endlich bei den Halmfrüchten nimmt man sogar einen ca. 20 % geringeren Dünge- wert für das Ammoniaksalz an. Diese geringere Wirkung für den Stickstoff im Ammoniak erklärt sich daraus, daß nicht überall die Ver- hältnisse der notwendigen Umbildung des Ammoniak zur Salpetersäure günstig sind, daß ferner während dieser Umbildung ca. 10 % Stickstoff für den vorliegenden Zweck verloren gehen, und daß endlich in manchen Fällen das im Chilisalpeter enthaltene Natron das Kali zu ersetzen scheint, wo dieses im Boden fehlt, und sogar eine eigene günstige Wirkung auch neben dem Kali äußert. Sehr übersichtlich stellt Wagner die von ihm nach dieser Richtung hin gemachten Versuche in seiner Broschüre: "Wie wirkt das schwefelsaure Ammoniak im Vergleich zum Chilisalpeter"? zusammen und giebt darin zahlreiche photographische Abbildungen der von ihm hierbei erzielten Ernteresultate, von denen hier nur (Fig. 220) die Versuche mit Gerste gezeigt werden mögen. Die gleiche Menge ein und desselben in Gefäße gefüllten Bodens wurde vorher gleichmäßig mit Phosphorsäure und Kali gedüngt und erhielten die mit O bezeichneten Gefäße gar keine Stickstoffdüngung, die mit S bezeichneten 1/2 g Stickstoff in Form von Chilisalpeter und die mit A bezeichneten 1,5 g Stickstoff in Form von schwefelsaurem Ammoniak. Trotzdem letztere die dreifache Stickstoffmenge erhalten hatten, sieht man an der Abbildung doch deutlich die schwächere Wirkung und gleich- zeitig bei Vergleich aller Gefäße die eminente Wirkung der Stickstoff- düngung überhaupt.
Die tierischen Abfälle endlich wirken infolge ihres Stickstoffgehaltes wie die oben beschriebenen Düngemittel, nur wesentlich langsamer, da ihre Zersetzung viel Zeit in Anspruch nimmt. Sie sind sehr zahlreich, und sei nur im allgemeinen erwähnt, daß der Reichtum, den sie in
Die künſtlichen Düngeſtoffe und die Chemie des Bodens.
Da uns dieſe Stickſtoffquelle im Inlande in ausreichender Menge zur Verfügung ſteht, während der Chiliſalpeter importiert werden muß und für denſelben jährlich große Summen an das Ausland bezahlt werden, ſo ſind zahlreiche Verſuche von hervorragenden Forſchern wie Maercker, Stutzer, Wagner, Wolff u. a. darüber angeſtellt worden, wie ſich die Wirkungen dieſer beiden Stickſtoff-Düngemittel zu einander verhalten, bez. ob es nicht möglich ſei, den Chiliſalpeter ganz durch das Ammoniakſalz zu erſetzen. Alle dieſe Verſuche haben aber im weſentlichen ergeben, daß der Chiliſalpeter bedeutende Vorteile vor dem Ammoniakſalz bietet. So wirkt er z. B. ſchneller, und das iſt ganz erklärlich, weil er bereits ein fertiges ſalpeterſaures Salz iſt, während das Ammoniak erſt zu Salpeterſäure oxydiert werden muß. Ferner wirkt der Stickſtoff im Chiliſalpeter in den allermeiſten Fällen intenſiver, als dieſelbe Stickſtoff-Menge in dem Ammoniakſalz. So hat z. B. Stutzer bei je 100 kg Chiliſalpeter in 144 Felddüngungsverſuchen 940 kg Zuckerrüben mehr erhalten, als bei derſelben Stickſtoff-Menge im Ammoniak; bei der Futterrübe nach Verſuchen in England war der Mehrertrag ca. 1700 kg, bei den Kartoffeln 164 kg u. ſ. f., endlich bei den Halmfrüchten nimmt man ſogar einen ca. 20 % geringeren Dünge- wert für das Ammoniakſalz an. Dieſe geringere Wirkung für den Stickſtoff im Ammoniak erklärt ſich daraus, daß nicht überall die Ver- hältniſſe der notwendigen Umbildung des Ammoniak zur Salpeterſäure günſtig ſind, daß ferner während dieſer Umbildung ca. 10 % Stickſtoff für den vorliegenden Zweck verloren gehen, und daß endlich in manchen Fällen das im Chiliſalpeter enthaltene Natron das Kali zu erſetzen ſcheint, wo dieſes im Boden fehlt, und ſogar eine eigene günſtige Wirkung auch neben dem Kali äußert. Sehr überſichtlich ſtellt Wagner die von ihm nach dieſer Richtung hin gemachten Verſuche in ſeiner Broſchüre: „Wie wirkt das ſchwefelſaure Ammoniak im Vergleich zum Chiliſalpeter“? zuſammen und giebt darin zahlreiche photographiſche Abbildungen der von ihm hierbei erzielten Erntereſultate, von denen hier nur (Fig. 220) die Verſuche mit Gerſte gezeigt werden mögen. Die gleiche Menge ein und desſelben in Gefäße gefüllten Bodens wurde vorher gleichmäßig mit Phosphorſäure und Kali gedüngt und erhielten die mit O bezeichneten Gefäße gar keine Stickſtoffdüngung, die mit S bezeichneten ½ g Stickſtoff in Form von Chiliſalpeter und die mit A bezeichneten 1,5 g Stickſtoff in Form von ſchwefelſaurem Ammoniak. Trotzdem letztere die dreifache Stickſtoffmenge erhalten hatten, ſieht man an der Abbildung doch deutlich die ſchwächere Wirkung und gleich- zeitig bei Vergleich aller Gefäße die eminente Wirkung der Stickſtoff- düngung überhaupt.
Die tieriſchen Abfälle endlich wirken infolge ihres Stickſtoffgehaltes wie die oben beſchriebenen Düngemittel, nur weſentlich langſamer, da ihre Zerſetzung viel Zeit in Anſpruch nimmt. Sie ſind ſehr zahlreich, und ſei nur im allgemeinen erwähnt, daß der Reichtum, den ſie in
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Die künſtlichen Düngeſtoffe und die Chemie des Bodens.
Da uns dieſe Stickſtoffquelle im Inlande in ausreichender Menge
zur Verfügung ſteht, während der Chiliſalpeter importiert werden muß
und für denſelben jährlich große Summen an das Ausland bezahlt
werden, ſo ſind zahlreiche Verſuche von hervorragenden Forſchern
wie Maercker, Stutzer, Wagner, Wolff u. a. darüber angeſtellt worden,
wie ſich die Wirkungen dieſer beiden Stickſtoff-Düngemittel zu einander
verhalten, bez. ob es nicht möglich ſei, den Chiliſalpeter ganz durch
das Ammoniakſalz zu erſetzen. Alle dieſe Verſuche haben aber im
weſentlichen ergeben, daß der Chiliſalpeter bedeutende Vorteile vor dem
Ammoniakſalz bietet. So wirkt er z. B. ſchneller, und das iſt ganz
erklärlich, weil er bereits ein fertiges ſalpeterſaures Salz iſt, während
das Ammoniak erſt zu Salpeterſäure oxydiert werden muß. Ferner
wirkt der Stickſtoff im Chiliſalpeter in den allermeiſten Fällen intenſiver,
als dieſelbe Stickſtoff-Menge in dem Ammoniakſalz. So hat z. B.
Stutzer bei je 100 kg Chiliſalpeter in 144 Felddüngungsverſuchen 940 kg
Zuckerrüben mehr erhalten, als bei derſelben Stickſtoff-Menge im
Ammoniak; bei der Futterrübe nach Verſuchen in England war der
Mehrertrag ca. 1700 kg, bei den Kartoffeln 164 kg u. ſ. f., endlich bei
den Halmfrüchten nimmt man ſogar einen ca. 20 % geringeren Dünge-
wert für das Ammoniakſalz an. Dieſe geringere Wirkung für den
Stickſtoff im Ammoniak erklärt ſich daraus, daß nicht überall die Ver-
hältniſſe der notwendigen Umbildung des Ammoniak zur Salpeterſäure
günſtig ſind, daß ferner während dieſer Umbildung ca. 10 % Stickſtoff
für den vorliegenden Zweck verloren gehen, und daß endlich in manchen
Fällen das im Chiliſalpeter enthaltene Natron das Kali zu erſetzen
ſcheint, wo dieſes im Boden fehlt, und ſogar eine eigene günſtige
Wirkung auch neben dem Kali äußert. Sehr überſichtlich ſtellt Wagner
die von ihm nach dieſer Richtung hin gemachten Verſuche in ſeiner
Broſchüre: „Wie wirkt das ſchwefelſaure Ammoniak im Vergleich zum
Chiliſalpeter“? zuſammen und giebt darin zahlreiche photographiſche
Abbildungen der von ihm hierbei erzielten Erntereſultate, von denen
hier nur (Fig. 220) die Verſuche mit Gerſte gezeigt werden mögen. Die
gleiche Menge ein und desſelben in Gefäße gefüllten Bodens wurde
vorher gleichmäßig mit Phosphorſäure und Kali gedüngt und erhielten
die mit O bezeichneten Gefäße gar keine Stickſtoffdüngung, die mit S
bezeichneten ½ g Stickſtoff in Form von Chiliſalpeter und die mit A
bezeichneten 1,5 g Stickſtoff in Form von ſchwefelſaurem Ammoniak.
Trotzdem letztere die dreifache Stickſtoffmenge erhalten hatten, ſieht man
an der Abbildung doch deutlich die ſchwächere Wirkung und gleich-
zeitig bei Vergleich aller Gefäße die eminente Wirkung der Stickſtoff-
düngung überhaupt.
Die tieriſchen Abfälle endlich wirken infolge ihres Stickſtoffgehaltes
wie die oben beſchriebenen Düngemittel, nur weſentlich langſamer, da
ihre Zerſetzung viel Zeit in Anſpruch nimmt. Sie ſind ſehr zahlreich,
und ſei nur im allgemeinen erwähnt, daß der Reichtum, den ſie in
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/458>, abgerufen am 22.11.2024.
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