muß. Um diesen Ansprüchen zu genügen, muß der Pflug sehr kräftig gebaut und eigenartig konstruiert sein. Zum Aufreißen des Bodens dient ein Sech oder Rolter, welches in jeder beliebigen Lage durch einen Keil festgehalten wird. Eine flachgestellte Schar schält den Boden ab, und an diese schließen sich zu beiden Seiten zwei schraubenförmig gewundene Streichbretter aus Stahlblech an, welche den Erdstreifen allmählich nach beiden Seiten umlegen. Beide Streichbretter sind durch je einen stellbaren eisernen Abstreicher nach außen verlängert, welche den umgelegten Erdstreifen festdrücken und ein Zurückfallen desselben in die Furche verhindern. Der Tiefgang des Pfluges kann durch Stellung eines Ringes auf der von der Karrenachse aufwärtsstehenden Spindel beliebig bestimmt und fixiert werden.
Mit der Vervollkommnung der Pflüge, ganz besonders mit der Zunahme der Pflugschare und des Tiefganges, mußte naturgemäß auch die Größe der zur Bewegung des Pfluges nötigen Zugkraft wachsen, und nicht selten sah man, besonders bei Untergrundpflügen 4, ja selbst 6 Pferde vor einem Pfluge ziehen. Das wiederum mußte in einem Zeitalter, in dem der Dampf zur Kraftleistung eine so ungeheuer große Rolle spielte, auf den Gedanken bringen, auch den Pflug durch Dampf zu bewegen. So entstand der erste Dampfpflug, bei welchem der Pflug direkt anstatt von Pferden oder Rindern von einer Dampf- maschine über den Acker hin- und hergezogen wurde. Dieses System bewährte sich indes nicht, konnte aber erst verlassen werden, nachdem David & Thomas Fisken, zwei Schullehrer, 1855 den Balancierpflug erfanden, aus welchem sich sehr bald das sog. indirekte Dampfpflug- system entwickelte. Fowler und Howard bildeten, scharf untereinander konkurrierend, dieses System zu großer Vollkommenheit aus, und leisten
[Abbildung]
Fig. 241.
Drei-Furchen-Dampfpflug für Tiefkultur, von John Fowler & Co. in Magdeburg.
Die landwirtſchaftlichen Maſchinen und Geräte.
muß. Um dieſen Anſprüchen zu genügen, muß der Pflug ſehr kräftig gebaut und eigenartig konſtruiert ſein. Zum Aufreißen des Bodens dient ein Sech oder Rolter, welches in jeder beliebigen Lage durch einen Keil feſtgehalten wird. Eine flachgeſtellte Schar ſchält den Boden ab, und an dieſe ſchließen ſich zu beiden Seiten zwei ſchraubenförmig gewundene Streichbretter aus Stahlblech an, welche den Erdſtreifen allmählich nach beiden Seiten umlegen. Beide Streichbretter ſind durch je einen ſtellbaren eiſernen Abſtreicher nach außen verlängert, welche den umgelegten Erdſtreifen feſtdrücken und ein Zurückfallen desſelben in die Furche verhindern. Der Tiefgang des Pfluges kann durch Stellung eines Ringes auf der von der Karrenachſe aufwärtsſtehenden Spindel beliebig beſtimmt und fixiert werden.
Mit der Vervollkommnung der Pflüge, ganz beſonders mit der Zunahme der Pflugſchare und des Tiefganges, mußte naturgemäß auch die Größe der zur Bewegung des Pfluges nötigen Zugkraft wachſen, und nicht ſelten ſah man, beſonders bei Untergrundpflügen 4, ja ſelbſt 6 Pferde vor einem Pfluge ziehen. Das wiederum mußte in einem Zeitalter, in dem der Dampf zur Kraftleiſtung eine ſo ungeheuer große Rolle ſpielte, auf den Gedanken bringen, auch den Pflug durch Dampf zu bewegen. So entſtand der erſte Dampfpflug, bei welchem der Pflug direkt anſtatt von Pferden oder Rindern von einer Dampf- maſchine über den Acker hin- und hergezogen wurde. Dieſes Syſtem bewährte ſich indes nicht, konnte aber erſt verlaſſen werden, nachdem David & Thomas Fisken, zwei Schullehrer, 1855 den Balancierpflug erfanden, aus welchem ſich ſehr bald das ſog. indirekte Dampfpflug- ſyſtem entwickelte. Fowler und Howard bildeten, ſcharf untereinander konkurrierend, dieſes Syſtem zu großer Vollkommenheit aus, und leiſten
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Fig. 241.
Drei-Furchen-Dampfpflug für Tiefkultur, von John Fowler & Co. in Magdeburg.
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Die landwirtſchaftlichen Maſchinen und Geräte.
muß. Um dieſen Anſprüchen zu genügen, muß der Pflug ſehr kräftig
gebaut und eigenartig konſtruiert ſein. Zum Aufreißen des Bodens
dient ein Sech oder Rolter, welches in jeder beliebigen Lage durch
einen Keil feſtgehalten wird. Eine flachgeſtellte Schar ſchält den Boden
ab, und an dieſe ſchließen ſich zu beiden Seiten zwei ſchraubenförmig
gewundene Streichbretter aus Stahlblech an, welche den Erdſtreifen
allmählich nach beiden Seiten umlegen. Beide Streichbretter ſind durch
je einen ſtellbaren eiſernen Abſtreicher nach außen verlängert, welche
den umgelegten Erdſtreifen feſtdrücken und ein Zurückfallen desſelben
in die Furche verhindern. Der Tiefgang des Pfluges kann durch
Stellung eines Ringes auf der von der Karrenachſe aufwärtsſtehenden
Spindel beliebig beſtimmt und fixiert werden.
Mit der Vervollkommnung der Pflüge, ganz beſonders mit der
Zunahme der Pflugſchare und des Tiefganges, mußte naturgemäß auch
die Größe der zur Bewegung des Pfluges nötigen Zugkraft wachſen,
und nicht ſelten ſah man, beſonders bei Untergrundpflügen 4, ja ſelbſt
6 Pferde vor einem Pfluge ziehen. Das wiederum mußte in einem
Zeitalter, in dem der Dampf zur Kraftleiſtung eine ſo ungeheuer große
Rolle ſpielte, auf den Gedanken bringen, auch den Pflug durch Dampf
zu bewegen. So entſtand der erſte Dampfpflug, bei welchem der
Pflug direkt anſtatt von Pferden oder Rindern von einer Dampf-
maſchine über den Acker hin- und hergezogen wurde. Dieſes Syſtem
bewährte ſich indes nicht, konnte aber erſt verlaſſen werden, nachdem
David & Thomas Fisken, zwei Schullehrer, 1855 den Balancierpflug
erfanden, aus welchem ſich ſehr bald das ſog. indirekte Dampfpflug-
ſyſtem entwickelte. Fowler und Howard bildeten, ſcharf untereinander
konkurrierend, dieſes Syſtem zu großer Vollkommenheit aus, und leiſten
[Abbildung Fig. 241. Drei-Furchen-Dampfpflug für Tiefkultur, von John Fowler & Co. in Magdeburg.]
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/476>, abgerufen am 22.11.2024.
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