Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.Erfindung der Zeitmeßapparate. lichsten Zeitmesser, nämlich die Gestirne. Die Sonne erreichte stets nachVerlauf derselben Zeit [i]hren höchsten Punkt am Himmel und so gab die Zeit von einem Mittag zum andern das erste Zeitmaß, den Sonnen- tag; der Mond wechselte sein Licht gleichfalls in regelmäßigen Perioden und wenn er wieder in erneuter Fülle am Himmel strahlte, so war die Zeit eines Monats vorbei. Die Sonne änderte von Tag zu Tage die Höhe, welche sie bei ihrem Wege über den Himmel erreichte. Niemand konnte es entgehen, daß die Jahreszeiten die einfache Folge dieser Änderungen waren. Wenn in der Entwickelung der Pflanzen- welt dieselben Erscheinungen wiederkehrten, so war die Sonne daran schuld, die jetzt dieselbe Höhe erlangt hatte, wie vor einem großen Zeit- raum, den man das Jahr nannte. So gaben der Wechsel von Tag und Nacht und derjenige der Jahreszeiten mit ihren vielfachen, so unmittelbaren Wirkungen, denen niemand sich entziehen kann, die natür- lichsten Maße für die Zeit, den Tag und das Jahr. Aber recht bald wird sich auch das Bedürfnis geltend gemacht haben, innerhalb des einzelnen Tages die Zeitpunkte genau festzustellen, die den Beginn und das Ende der Arbeit markierten und die für die Nahrungsaufnahme festgesetzten Pausen inne zu halten. Auch hierfür war die Sonne der beste Wegweiser. Wenn der Schatten eines bestimmten Körpers eine gewisse Länge erreichte oder in eine gewisse Richtung fiel, so war jener festgesetzte Zeitpunkt gekommen. Der erste Zeitmeßapparat, der Gnomon wurde erfunden. Es war nichts als ein senkrechter Stab, der durch die Länge seines Schattens die Zeit angab. Ein solcher Sonnenzeiger war z. B. jener Obelisk von mehr als 30 m Höhe, den der Kaiser Augustus aus Ägypten nach Rom bringen ließ. In der Kuppel des Domes zu Florenz befindet sich in einer Höhe von fast 90 m über dem Fußboden eine Öffnung, durch welche die Sonne ihr Bild auf den Fußboden wirft. Die schnelle Bewegung dieses Bildchens aber erlaubt eine ziemlich sichere Feststellung der Zeiten. Keine neue Erfindung, sondern nur die Vervollkommnungen dieser Erfindung der Zeitmeßapparate. lichſten Zeitmeſſer, nämlich die Geſtirne. Die Sonne erreichte ſtets nachVerlauf derſelben Zeit [i]hren höchſten Punkt am Himmel und ſo gab die Zeit von einem Mittag zum andern das erſte Zeitmaß, den Sonnen- tag; der Mond wechſelte ſein Licht gleichfalls in regelmäßigen Perioden und wenn er wieder in erneuter Fülle am Himmel ſtrahlte, ſo war die Zeit eines Monats vorbei. Die Sonne änderte von Tag zu Tage die Höhe, welche ſie bei ihrem Wege über den Himmel erreichte. Niemand konnte es entgehen, daß die Jahreszeiten die einfache Folge dieſer Änderungen waren. Wenn in der Entwickelung der Pflanzen- welt dieſelben Erſcheinungen wiederkehrten, ſo war die Sonne daran ſchuld, die jetzt dieſelbe Höhe erlangt hatte, wie vor einem großen Zeit- raum, den man das Jahr nannte. So gaben der Wechſel von Tag und Nacht und derjenige der Jahreszeiten mit ihren vielfachen, ſo unmittelbaren Wirkungen, denen niemand ſich entziehen kann, die natür- lichſten Maße für die Zeit, den Tag und das Jahr. Aber recht bald wird ſich auch das Bedürfnis geltend gemacht haben, innerhalb des einzelnen Tages die Zeitpunkte genau feſtzuſtellen, die den Beginn und das Ende der Arbeit markierten und die für die Nahrungsaufnahme feſtgeſetzten Pauſen inne zu halten. Auch hierfür war die Sonne der beſte Wegweiſer. Wenn der Schatten eines beſtimmten Körpers eine gewiſſe Länge erreichte oder in eine gewiſſe Richtung fiel, ſo war jener feſtgeſetzte Zeitpunkt gekommen. Der erſte Zeitmeßapparat, der Gnomon wurde erfunden. Es war nichts als ein ſenkrechter Stab, der durch die Länge ſeines Schattens die Zeit angab. Ein ſolcher Sonnenzeiger war z. B. jener Obelisk von mehr als 30 m Höhe, den der Kaiſer Auguſtus aus Ägypten nach Rom bringen ließ. In der Kuppel des Domes zu Florenz befindet ſich in einer Höhe von faſt 90 m über dem Fußboden eine Öffnung, durch welche die Sonne ihr Bild auf den Fußboden wirft. Die ſchnelle Bewegung dieſes Bildchens aber erlaubt eine ziemlich ſichere Feſtſtellung der Zeiten. Keine neue Erfindung, ſondern nur die Vervollkommnungen dieſer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0052" n="34"/><fw place="top" type="header">Erfindung der Zeitmeßapparate.</fw><lb/> lichſten Zeitmeſſer, nämlich die Geſtirne. 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Erfindung der Zeitmeßapparate.
lichſten Zeitmeſſer, nämlich die Geſtirne. Die Sonne erreichte ſtets nach
Verlauf derſelben Zeit ihren höchſten Punkt am Himmel und ſo gab
die Zeit von einem Mittag zum andern das erſte Zeitmaß, den Sonnen-
tag; der Mond wechſelte ſein Licht gleichfalls in regelmäßigen Perioden
und wenn er wieder in erneuter Fülle am Himmel ſtrahlte, ſo war
die Zeit eines Monats vorbei. Die Sonne änderte von Tag zu
Tage die Höhe, welche ſie bei ihrem Wege über den Himmel erreichte.
Niemand konnte es entgehen, daß die Jahreszeiten die einfache Folge
dieſer Änderungen waren. Wenn in der Entwickelung der Pflanzen-
welt dieſelben Erſcheinungen wiederkehrten, ſo war die Sonne daran
ſchuld, die jetzt dieſelbe Höhe erlangt hatte, wie vor einem großen Zeit-
raum, den man das Jahr nannte. So gaben der Wechſel von Tag
und Nacht und derjenige der Jahreszeiten mit ihren vielfachen, ſo
unmittelbaren Wirkungen, denen niemand ſich entziehen kann, die natür-
lichſten Maße für die Zeit, den Tag und das Jahr. Aber recht bald
wird ſich auch das Bedürfnis geltend gemacht haben, innerhalb des
einzelnen Tages die Zeitpunkte genau feſtzuſtellen, die den Beginn und
das Ende der Arbeit markierten und die für die Nahrungsaufnahme
feſtgeſetzten Pauſen inne zu halten. Auch hierfür war die Sonne der
beſte Wegweiſer. Wenn der Schatten eines beſtimmten Körpers eine
gewiſſe Länge erreichte oder in eine gewiſſe Richtung fiel, ſo war jener
feſtgeſetzte Zeitpunkt gekommen. Der erſte Zeitmeßapparat, der Gnomon
wurde erfunden. Es war nichts als ein ſenkrechter Stab, der durch
die Länge ſeines Schattens die Zeit angab. Ein ſolcher Sonnenzeiger
war z. B. jener Obelisk von mehr als 30 m Höhe, den der Kaiſer
Auguſtus aus Ägypten nach Rom bringen ließ. In der Kuppel des
Domes zu Florenz befindet ſich in einer Höhe von faſt 90 m über
dem Fußboden eine Öffnung, durch welche die Sonne ihr Bild auf den
Fußboden wirft. Die ſchnelle Bewegung dieſes Bildchens aber erlaubt
eine ziemlich ſichere Feſtſtellung der Zeiten.
Keine neue Erfindung, ſondern nur die Vervollkommnungen dieſer
Gnomone ſind die Sonnenuhren. Der Schatten eines Stiftes fällt
auf eine Ebene und die Richtung, die er dabei einnimmt, läßt die Zeit
erkennen. Die Aufſtellung der Sonnenuhren iſt ſehr verſchieden. Der
Stift muß freilich immer dieſelbe Richtung haben, nämlich diejenige
der Weltachſe, er wird alſo bei uns in Deutſchland einen Winkel von
50 Grad mit der wagerechten Linie, die nach Norden weiſt, bilden müſſen;
aber die Ebene, auf die der Schatten fällt, kann die wagerechte oder
die ſenkrechte, ja jede ſchräge Richtung haben. Man wird ſich nur
nach dieſer Stellung immer eine beſondere Bezifferung herſtellen müſſen.
Die Gnomone und die Sonnenuhren haben zwei in die Augen fallende
Nachteile. Zuvörderſt iſt ja die Sonne kein recht verläßlicher Geſell-
ſchafter des Menſchen. Abgeſehen davon, daß wir ihrer in der Nacht
ganz entraten müſſen, verſteckt ſie ſich ſelbſt am Tage oft genug hinter
Wolken, und mit ihr verſchwinden die zeitmeſſenden Schatten. Sodann
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