an Nikotin hervorruft. Die eiweißhaltigen Bestandteile des Blattes sind es, welche den unangenehmen Geruch nach verbranntem Horn erzeugen, diese müssen also zerstört und der Nikotingehalt muß vermindert werden, wodurch gleichzeitig das Aroma des Tabaks mehr hervortritt. Eine fernere Aufgabe der Zubereitung ist es, daß man den Blättern die für die Fabrikation von Rauch- und Schnupftabak geeignete Form giebt. Die geernteten Blätter müssen erst in hellen Räumen bis auf ca. 12 % ihres Wassergehaltes getrocknet werden, wobei sie gleichzeitig ihre grüne Farbe verlieren und eine braune annehmen. Beides geschieht aber nur dann ganz gleichmäßig, wenn sich die Blätter während des Trocknens nicht berühren, sie werden deshalb entweder auf Bindfäden aufgezogen, nebeneinander aufgehängt, oder auch je 2 Blätter, durch ein kleines Querhölzchen verbunden, an langen Stöcken aufgereiht. Die so getrockneten Blätter werden in ca. 60 cm hohen Haufen mit Brettern und Steinen beschwert einige Tage lang gepreßt, darauf in Bezug auf ihre Farbe und Dicke sortiert, entrippt, um die hauptsächlich aus Holzfasern bestehenden Blattrippen zu entfernen und endlich die vorher erwähnte Umsetzung der Blattbestandteile auf chemischem Wege vorgenommen.
Diese chemische Behandlung besteht im wesentlichen aus dem Saucieren oder Beizen und Gähren der Blätter. Sie werden hierzu mit einer Sauce getränkt, die aus Kochsalz, Salmiak, Salpeter und salpeter- saurem Ammoniak besteht, außerdem aber noch weingeistige, organisch- saure und gewürzhafte Substanzen enthält. Das Saucieren geschieht entweder durch wiederholtes Besprengen der Blätter mit der Sauce oder durch Eintauchen in dieselbe, welch' letztere Manipulation "Docken" genannt wird. Die mit dieser Sauce getränkten Blätter werden, in Fässer verpackt, einer Gährung unterworfen, bei welcher die Temperatur bis auf 35°C steigt und alle die gewünschten chemischen Umsetzungen vor sich gehen, wie Zerstörung der Eiweißstoffe, Verminderung des Nikotingehaltes, Entwickelung des Aromas etc. Nach dieser Gährung werden die Blätter auf Herden bei mäßiger Wärme getrocknet und nun je nach ihrer Bestimmung mechanisch weiter verarbeitet.
Der für die Pfeifen- oder Cigarrettenfabrikation bestimmte Rauch- tabak wird durch einfaches Schneiden der Blätter in die bekannte kurze Form gebracht. Bei größerem Betriebe dienen hierzu mit der Hand zu drehende Maschinen, welche einer Häckselschneidemaschine sehr ähnlich sehen und auch, in großem Maßstabe mit Dampf be- trieben werden. Der so beliebte Kraustabak wird aus dem geschnittenen Tabak hergestellt, indem man denselben eine Reihe von erhitzten Eisen- cylindern passieren läßt, wodurch die Blätter zusammenschrumpfen und ein krispliges Aussehen erhalten; aber nicht selten verliert der Tabak durch diese Behandlung an Güte. Der jetzt immer mehr abkommende Rollentabak wird durch Spinnen dargestellt, nachdem die Blätter durch Befeuchten mit Wasser geschmeidig gemacht wurden. Der erste Teil der Rolle wird durch Drehen mit der Hand hergestellt, hierauf an
Der Tabak.
an Nikotin hervorruft. Die eiweißhaltigen Beſtandteile des Blattes ſind es, welche den unangenehmen Geruch nach verbranntem Horn erzeugen, dieſe müſſen alſo zerſtört und der Nikotingehalt muß vermindert werden, wodurch gleichzeitig das Aroma des Tabaks mehr hervortritt. Eine fernere Aufgabe der Zubereitung iſt es, daß man den Blättern die für die Fabrikation von Rauch- und Schnupftabak geeignete Form giebt. Die geernteten Blätter müſſen erſt in hellen Räumen bis auf ca. 12 % ihres Waſſergehaltes getrocknet werden, wobei ſie gleichzeitig ihre grüne Farbe verlieren und eine braune annehmen. Beides geſchieht aber nur dann ganz gleichmäßig, wenn ſich die Blätter während des Trocknens nicht berühren, ſie werden deshalb entweder auf Bindfäden aufgezogen, nebeneinander aufgehängt, oder auch je 2 Blätter, durch ein kleines Querhölzchen verbunden, an langen Stöcken aufgereiht. Die ſo getrockneten Blätter werden in ca. 60 cm hohen Haufen mit Brettern und Steinen beſchwert einige Tage lang gepreßt, darauf in Bezug auf ihre Farbe und Dicke ſortiert, entrippt, um die hauptſächlich aus Holzfaſern beſtehenden Blattrippen zu entfernen und endlich die vorher erwähnte Umſetzung der Blattbeſtandteile auf chemiſchem Wege vorgenommen.
Dieſe chemiſche Behandlung beſteht im weſentlichen aus dem Saucieren oder Beizen und Gähren der Blätter. Sie werden hierzu mit einer Sauce getränkt, die aus Kochſalz, Salmiak, Salpeter und ſalpeter- ſaurem Ammoniak beſteht, außerdem aber noch weingeiſtige, organiſch- ſaure und gewürzhafte Subſtanzen enthält. Das Saucieren geſchieht entweder durch wiederholtes Beſprengen der Blätter mit der Sauce oder durch Eintauchen in dieſelbe, welch’ letztere Manipulation „Docken“ genannt wird. Die mit dieſer Sauce getränkten Blätter werden, in Fäſſer verpackt, einer Gährung unterworfen, bei welcher die Temperatur bis auf 35°C ſteigt und alle die gewünſchten chemiſchen Umſetzungen vor ſich gehen, wie Zerſtörung der Eiweißſtoffe, Verminderung des Nikotingehaltes, Entwickelung des Aromas ꝛc. Nach dieſer Gährung werden die Blätter auf Herden bei mäßiger Wärme getrocknet und nun je nach ihrer Beſtimmung mechaniſch weiter verarbeitet.
Der für die Pfeifen- oder Cigarrettenfabrikation beſtimmte Rauch- tabak wird durch einfaches Schneiden der Blätter in die bekannte kurze Form gebracht. Bei größerem Betriebe dienen hierzu mit der Hand zu drehende Maſchinen, welche einer Häckſelſchneidemaſchine ſehr ähnlich ſehen und auch, in großem Maßſtabe mit Dampf be- trieben werden. Der ſo beliebte Kraustabak wird aus dem geſchnittenen Tabak hergeſtellt, indem man denſelben eine Reihe von erhitzten Eiſen- cylindern paſſieren läßt, wodurch die Blätter zuſammenſchrumpfen und ein kriſpliges Ausſehen erhalten; aber nicht ſelten verliert der Tabak durch dieſe Behandlung an Güte. Der jetzt immer mehr abkommende Rollentabak wird durch Spinnen dargeſtellt, nachdem die Blätter durch Befeuchten mit Waſſer geſchmeidig gemacht wurden. Der erſte Teil der Rolle wird durch Drehen mit der Hand hergeſtellt, hierauf an
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Der Tabak.
an Nikotin hervorruft. Die eiweißhaltigen Beſtandteile des Blattes
ſind es, welche den unangenehmen Geruch nach verbranntem Horn
erzeugen, dieſe müſſen alſo zerſtört und der Nikotingehalt muß vermindert
werden, wodurch gleichzeitig das Aroma des Tabaks mehr hervortritt.
Eine fernere Aufgabe der Zubereitung iſt es, daß man den Blättern die
für die Fabrikation von Rauch- und Schnupftabak geeignete Form giebt.
Die geernteten Blätter müſſen erſt in hellen Räumen bis auf ca. 12 %
ihres Waſſergehaltes getrocknet werden, wobei ſie gleichzeitig ihre grüne
Farbe verlieren und eine braune annehmen. Beides geſchieht aber
nur dann ganz gleichmäßig, wenn ſich die Blätter während des
Trocknens nicht berühren, ſie werden deshalb entweder auf Bindfäden
aufgezogen, nebeneinander aufgehängt, oder auch je 2 Blätter, durch
ein kleines Querhölzchen verbunden, an langen Stöcken aufgereiht. Die
ſo getrockneten Blätter werden in ca. 60 cm hohen Haufen mit Brettern
und Steinen beſchwert einige Tage lang gepreßt, darauf in Bezug auf ihre
Farbe und Dicke ſortiert, entrippt, um die hauptſächlich aus Holzfaſern
beſtehenden Blattrippen zu entfernen und endlich die vorher erwähnte
Umſetzung der Blattbeſtandteile auf chemiſchem Wege vorgenommen.
Dieſe chemiſche Behandlung beſteht im weſentlichen aus dem
Saucieren oder Beizen und Gähren der Blätter. Sie werden hierzu
mit einer Sauce getränkt, die aus Kochſalz, Salmiak, Salpeter und ſalpeter-
ſaurem Ammoniak beſteht, außerdem aber noch weingeiſtige, organiſch-
ſaure und gewürzhafte Subſtanzen enthält. Das Saucieren geſchieht
entweder durch wiederholtes Beſprengen der Blätter mit der Sauce
oder durch Eintauchen in dieſelbe, welch’ letztere Manipulation „Docken“
genannt wird. Die mit dieſer Sauce getränkten Blätter werden, in
Fäſſer verpackt, einer Gährung unterworfen, bei welcher die Temperatur
bis auf 35°C ſteigt und alle die gewünſchten chemiſchen Umſetzungen
vor ſich gehen, wie Zerſtörung der Eiweißſtoffe, Verminderung des
Nikotingehaltes, Entwickelung des Aromas ꝛc. Nach dieſer Gährung
werden die Blätter auf Herden bei mäßiger Wärme getrocknet und
nun je nach ihrer Beſtimmung mechaniſch weiter verarbeitet.
Der für die Pfeifen- oder Cigarrettenfabrikation beſtimmte Rauch-
tabak wird durch einfaches Schneiden der Blätter in die bekannte
kurze Form gebracht. Bei größerem Betriebe dienen hierzu mit
der Hand zu drehende Maſchinen, welche einer Häckſelſchneidemaſchine
ſehr ähnlich ſehen und auch, in großem Maßſtabe mit Dampf be-
trieben werden. Der ſo beliebte Kraustabak wird aus dem geſchnittenen
Tabak hergeſtellt, indem man denſelben eine Reihe von erhitzten Eiſen-
cylindern paſſieren läßt, wodurch die Blätter zuſammenſchrumpfen und
ein kriſpliges Ausſehen erhalten; aber nicht ſelten verliert der Tabak
durch dieſe Behandlung an Güte. Der jetzt immer mehr abkommende
Rollentabak wird durch Spinnen dargeſtellt, nachdem die Blätter durch
Befeuchten mit Waſſer geſchmeidig gemacht wurden. Der erſte Teil
der Rolle wird durch Drehen mit der Hand hergeſtellt, hierauf an
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/561>, abgerufen am 22.11.2024.
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