einer horizontale Spindel befestigt und während des Drehens derselben unter Zuführung stets neuer Blätter durch Streichen mit einem Brettchen auf dem Tische zu einem Taue weiter gesponnen.
Die in Deutschland verbreitetste Art des Tabakkonsums ist das Rauchen desselben in Form von Cigarren, und soll daher auch die Cigarren-Fabrikation kurz beschrieben werden. Die entrippten Tabaks- blätter werden mit der Hand so auf dem Tische gerollt, daß die Mitte etwas dicker wird, als die beiden Enden, hierauf mit dem sog. Umblatt versehen und schließlich mit dem aus dem vollen Tabaksblatte sauber geschnittenen, ganz fehlerfreien Deckblatte umwickelt. So einfach diese Arbeit scheint, so verlangt sie doch sehr große manuelle Geschicklichkeit, wenn die Cigarre gut Luft haben und gleichmäßig brennen soll; auch muß sehr auf die Lage der Rippen und die Richtung geachtet werden, in welcher die Blätter aufzuwickeln sind. Das Rollen des inneren Teiles der Cigarre wird jetzt durch die sog. Formarbeit anstatt mit der Hand vorgenommen, während sich für das Umlegen des Deckblattes bisher die Handarbeit durch Zuhilfenahme irgend welcher Maschinen nicht ersetzen ließ. Auch färbt man jetzt durch Bestreichen mit einer braunen Farbe die Deckblätter häufig braun, um ihnen so ein besseres Aussehen zu geben. Dieses Verfahren ist bestimmt zu tadeln, da es selbst unter der Voraussetzung einer unschädlichen Farbe immerhin eine Täuschung ist. Die fertigen Cigarren werden, nachdem sie in gleiche Länge geschnitten und sortiert wurden, in Trockenräume gebracht, welche durch Lüften im Sommer und Heizen im Winter auf einer möglichst gleichmäßige Temperatur erhalten werden. Durch das Ablagern der Cigarre gewinnt dieselbe wesentlich an Güte, und zwar nicht nur durch das Austrocknen des Tabaks, sondern auch dadurch, daß derselbe hier- bei eine Art Nachgährung durchmacht, wodurch sowohl Substanzen, welche die Güte des Tabaks beeinträchtigen, zerstört, als auch andere, ihm vorteilhafte, entwickelt werden. In den letzten zwei Jahrzehnten hat auch in Deutschland der in Rußland und dem ganzen südlichen Europa so groß entwickelte Konsum der Cigarretten und damit auch die Fabrikation derselben ganz außerordentlich zugenommen. Infolge davon sind zahlreiche Maschinen zum Wickeln und Verkleben der Papierhülsen und Mundstücke konstruiert worden.
Zur Darstellung des Schnupftabaks werden die Blätter ähnlich wie beim Rauchtabak behandelt, nur wird die Sauce hier vorzugsweise aus Ammoniaksalzen und aromatischen Substanzen hergestellt. Nach- dem die Gährung der Blätter vorbei ist, und diese getrocknet sind, werden sie geschnitten und dann auf Mühlen verschiedener Konstruktion oder auch zwischen Steinen fein zermahlen. Eine der besten Tabak- mühlen besteht aus einem zur Aufnahme des geschnittenen Tabaks be- stimmten Trichter, in dessen unterem Teile -- gerade wie bei der Kaffeemühle -- ein gekerbter, nußförmiger Körper sich um die eigene Achse dreht. Der hier sehr fein gemahlene Tabak gleitet auf einem
Nahrungs- und Genußmittel.
einer horizontale Spindel befeſtigt und während des Drehens derſelben unter Zuführung ſtets neuer Blätter durch Streichen mit einem Brettchen auf dem Tiſche zu einem Taue weiter geſponnen.
Die in Deutſchland verbreitetſte Art des Tabakkonſums iſt das Rauchen desſelben in Form von Cigarren, und ſoll daher auch die Cigarren-Fabrikation kurz beſchrieben werden. Die entrippten Tabaks- blätter werden mit der Hand ſo auf dem Tiſche gerollt, daß die Mitte etwas dicker wird, als die beiden Enden, hierauf mit dem ſog. Umblatt verſehen und ſchließlich mit dem aus dem vollen Tabaksblatte ſauber geſchnittenen, ganz fehlerfreien Deckblatte umwickelt. So einfach dieſe Arbeit ſcheint, ſo verlangt ſie doch ſehr große manuelle Geſchicklichkeit, wenn die Cigarre gut Luft haben und gleichmäßig brennen ſoll; auch muß ſehr auf die Lage der Rippen und die Richtung geachtet werden, in welcher die Blätter aufzuwickeln ſind. Das Rollen des inneren Teiles der Cigarre wird jetzt durch die ſog. Formarbeit anſtatt mit der Hand vorgenommen, während ſich für das Umlegen des Deckblattes bisher die Handarbeit durch Zuhilfenahme irgend welcher Maſchinen nicht erſetzen ließ. Auch färbt man jetzt durch Beſtreichen mit einer braunen Farbe die Deckblätter häufig braun, um ihnen ſo ein beſſeres Ausſehen zu geben. Dieſes Verfahren iſt beſtimmt zu tadeln, da es ſelbſt unter der Vorausſetzung einer unſchädlichen Farbe immerhin eine Täuſchung iſt. Die fertigen Cigarren werden, nachdem ſie in gleiche Länge geſchnitten und ſortiert wurden, in Trockenräume gebracht, welche durch Lüften im Sommer und Heizen im Winter auf einer möglichſt gleichmäßige Temperatur erhalten werden. Durch das Ablagern der Cigarre gewinnt dieſelbe weſentlich an Güte, und zwar nicht nur durch das Austrocknen des Tabaks, ſondern auch dadurch, daß derſelbe hier- bei eine Art Nachgährung durchmacht, wodurch ſowohl Subſtanzen, welche die Güte des Tabaks beeinträchtigen, zerſtört, als auch andere, ihm vorteilhafte, entwickelt werden. In den letzten zwei Jahrzehnten hat auch in Deutſchland der in Rußland und dem ganzen ſüdlichen Europa ſo groß entwickelte Konſum der Cigarretten und damit auch die Fabrikation derſelben ganz außerordentlich zugenommen. Infolge davon ſind zahlreiche Maſchinen zum Wickeln und Verkleben der Papierhülſen und Mundſtücke konſtruiert worden.
Zur Darſtellung des Schnupftabaks werden die Blätter ähnlich wie beim Rauchtabak behandelt, nur wird die Sauce hier vorzugsweiſe aus Ammoniakſalzen und aromatiſchen Subſtanzen hergeſtellt. Nach- dem die Gährung der Blätter vorbei iſt, und dieſe getrocknet ſind, werden ſie geſchnitten und dann auf Mühlen verſchiedener Konſtruktion oder auch zwiſchen Steinen fein zermahlen. Eine der beſten Tabak- mühlen beſteht aus einem zur Aufnahme des geſchnittenen Tabaks be- ſtimmten Trichter, in deſſen unterem Teile — gerade wie bei der Kaffeemühle — ein gekerbter, nußförmiger Körper ſich um die eigene Achſe dreht. Der hier ſehr fein gemahlene Tabak gleitet auf einem
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Nahrungs- und Genußmittel.
einer horizontale Spindel befeſtigt und während des Drehens derſelben
unter Zuführung ſtets neuer Blätter durch Streichen mit einem Brettchen
auf dem Tiſche zu einem Taue weiter geſponnen.
Die in Deutſchland verbreitetſte Art des Tabakkonſums iſt das
Rauchen desſelben in Form von Cigarren, und ſoll daher auch die
Cigarren-Fabrikation kurz beſchrieben werden. Die entrippten Tabaks-
blätter werden mit der Hand ſo auf dem Tiſche gerollt, daß die Mitte
etwas dicker wird, als die beiden Enden, hierauf mit dem ſog. Umblatt
verſehen und ſchließlich mit dem aus dem vollen Tabaksblatte ſauber
geſchnittenen, ganz fehlerfreien Deckblatte umwickelt. So einfach dieſe
Arbeit ſcheint, ſo verlangt ſie doch ſehr große manuelle Geſchicklichkeit,
wenn die Cigarre gut Luft haben und gleichmäßig brennen ſoll; auch
muß ſehr auf die Lage der Rippen und die Richtung geachtet werden,
in welcher die Blätter aufzuwickeln ſind. Das Rollen des inneren
Teiles der Cigarre wird jetzt durch die ſog. Formarbeit anſtatt mit der
Hand vorgenommen, während ſich für das Umlegen des Deckblattes
bisher die Handarbeit durch Zuhilfenahme irgend welcher Maſchinen
nicht erſetzen ließ. Auch färbt man jetzt durch Beſtreichen mit einer
braunen Farbe die Deckblätter häufig braun, um ihnen ſo ein beſſeres
Ausſehen zu geben. Dieſes Verfahren iſt beſtimmt zu tadeln, da es
ſelbſt unter der Vorausſetzung einer unſchädlichen Farbe immerhin eine
Täuſchung iſt. Die fertigen Cigarren werden, nachdem ſie in gleiche
Länge geſchnitten und ſortiert wurden, in Trockenräume gebracht, welche
durch Lüften im Sommer und Heizen im Winter auf einer möglichſt
gleichmäßige Temperatur erhalten werden. Durch das Ablagern der
Cigarre gewinnt dieſelbe weſentlich an Güte, und zwar nicht nur durch
das Austrocknen des Tabaks, ſondern auch dadurch, daß derſelbe hier-
bei eine Art Nachgährung durchmacht, wodurch ſowohl Subſtanzen,
welche die Güte des Tabaks beeinträchtigen, zerſtört, als auch andere,
ihm vorteilhafte, entwickelt werden. In den letzten zwei Jahrzehnten
hat auch in Deutſchland der in Rußland und dem ganzen ſüdlichen
Europa ſo groß entwickelte Konſum der Cigarretten und damit auch
die Fabrikation derſelben ganz außerordentlich zugenommen. Infolge davon
ſind zahlreiche Maſchinen zum Wickeln und Verkleben der Papierhülſen
und Mundſtücke konſtruiert worden.
Zur Darſtellung des Schnupftabaks werden die Blätter ähnlich
wie beim Rauchtabak behandelt, nur wird die Sauce hier vorzugsweiſe
aus Ammoniakſalzen und aromatiſchen Subſtanzen hergeſtellt. Nach-
dem die Gährung der Blätter vorbei iſt, und dieſe getrocknet ſind,
werden ſie geſchnitten und dann auf Mühlen verſchiedener Konſtruktion
oder auch zwiſchen Steinen fein zermahlen. Eine der beſten Tabak-
mühlen beſteht aus einem zur Aufnahme des geſchnittenen Tabaks be-
ſtimmten Trichter, in deſſen unterem Teile — gerade wie bei der
Kaffeemühle — ein gekerbter, nußförmiger Körper ſich um die eigene
Achſe dreht. Der hier ſehr fein gemahlene Tabak gleitet auf einem
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/562>, abgerufen am 22.11.2024.
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