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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Rohgewinnung der Metalle.
Dieser Drehherd ist aus gußeisernen Platten zusammengesetzt und in-
wendig mit feuerfestem Material ausgekleidet; D ist der Schornstein,
durch welchen die Verbrennungsgase entweichen.

Eigenschaften. Das so erhaltene Schmiedeeisen enthält nur
0,1 bis 0,5 % Kohlenstoff, schmilzt erst bei 1500 bis 1600° C., hat
eine hellgraue Farbe, ein spezifisches Gewicht von 7,7, ist hämmerbar,
dehnbar und schweißbar, d. h. es lassen sich zwei oder mehrere Stücke
im weißglühenden Zustande unter dem Hammer zu einem vereinigen.
Es hat eine sehnige Struktur, welche es sehr fest macht, aber leider
bei anhaltender Erschütterung -- wie z. B. bei den Eisenbahn-
achsen -- in eine viel leichter brechende, körnige Struktur übergeht. Ge-
wisse Verunreinigungen beeinträchtigen die Festigkeit des Eisens sehr,
so macht es z. B. Schwefel und Arsen "rotbrüchig", d. h. es zerbröckelt,
wenn es rotglühend gehämmert wird; Kiesel macht es "faulbrüchig",
d. h. hart und mürbe, und endlich eine kleine Menge Phosphor "kalt-
brüchig", d. h. es bricht durch Stoß und Schlag oder beim Biegen.

Der Stahl enthält 1 bis 1,5 % Kohlenstoff, steht also mit seinem
Kohlenstoffgehalt zwischen dem Roh- und dem Schmiedeeisen, und damit
ist gleichzeitig auf die Methoden seiner Gewinnung hingedeutet. Man
entkohlt nämlich das Roheisen und gewinnt den sog. Roh- oder Schmelz-
stahl, oder man vermehrt den Kohlenstoffgehalt des Schmiedeeisens,
wie bei Gewinnung des Cement- oder Brennstahls, und endlich kann
man Roh- und Schmiedeeisen im richtigen Verhältnis zusammen-
schmelzen und dadurch den Kohlenstoffgehalt des Stahles erzielen.

Der Rohstahl -- durch teilweise Entkohlung des Roheisens ge-
wonnen -- kann wiederum nach drei verschiedenen Methoden dar-
gestellt werden, nämlich im Frischverfahren, im Puddlingsverfahren
oder nach dem Bessemerprozeß. Je nach dem angewendeten Verfahren
nennt man den gewonnenen Stahl Frischstahl, Puddelstahl oder

[Abbildung] Fig. 342.

Bessemerbirne
(Vertikalschnitt).

Bessemerstahl, und soll hier nur die letzte
Methode beschrieben werden, da die ersten
beiden dieselben sind, wie bei der Gewinnung
des Schmiedeeisens aus dem Roheisen, nur
mit dem Unterschiede, daß die Entkohlung des
Roheisens nicht bis zu Ende durchgeführt, und
dieses unter dem Winde vorgenommen wird.

Nach dem Bessemer-Verfahren wird der
Kohlenstoff des Roheisens in der Weißglüh-
hitze mit dem Sauerstoff der Luft in Ver-
bindung gebracht. Dies geschieht in der sog.
Bessemerbirne oder dem Converter, welcher
uns Fig. 342 im Vertikalschnitt zeigt, und
welcher mit feuerfestem Thon ausgekleidet, auf
dem Boden für den Eintritt der zugeführten
Luft ein System von Öffnungen besitzt. Ist

Die Rohgewinnung der Metalle.
Dieſer Drehherd iſt aus gußeiſernen Platten zuſammengeſetzt und in-
wendig mit feuerfeſtem Material ausgekleidet; D iſt der Schornſtein,
durch welchen die Verbrennungsgaſe entweichen.

Eigenſchaften. Das ſo erhaltene Schmiedeeiſen enthält nur
0,1 bis 0,5 % Kohlenſtoff, ſchmilzt erſt bei 1500 bis 1600° C., hat
eine hellgraue Farbe, ein ſpezifiſches Gewicht von 7,7, iſt hämmerbar,
dehnbar und ſchweißbar, d. h. es laſſen ſich zwei oder mehrere Stücke
im weißglühenden Zuſtande unter dem Hammer zu einem vereinigen.
Es hat eine ſehnige Struktur, welche es ſehr feſt macht, aber leider
bei anhaltender Erſchütterung — wie z. B. bei den Eiſenbahn-
achſen — in eine viel leichter brechende, körnige Struktur übergeht. Ge-
wiſſe Verunreinigungen beeinträchtigen die Feſtigkeit des Eiſens ſehr,
ſo macht es z. B. Schwefel und Arſen „rotbrüchig“, d. h. es zerbröckelt,
wenn es rotglühend gehämmert wird; Kieſel macht es „faulbrüchig“,
d. h. hart und mürbe, und endlich eine kleine Menge Phosphor „kalt-
brüchig“, d. h. es bricht durch Stoß und Schlag oder beim Biegen.

Der Stahl enthält 1 bis 1,5 % Kohlenſtoff, ſteht alſo mit ſeinem
Kohlenſtoffgehalt zwiſchen dem Roh- und dem Schmiedeeiſen, und damit
iſt gleichzeitig auf die Methoden ſeiner Gewinnung hingedeutet. Man
entkohlt nämlich das Roheiſen und gewinnt den ſog. Roh- oder Schmelz-
ſtahl, oder man vermehrt den Kohlenſtoffgehalt des Schmiedeeiſens,
wie bei Gewinnung des Cement- oder Brennſtahls, und endlich kann
man Roh- und Schmiedeeiſen im richtigen Verhältnis zuſammen-
ſchmelzen und dadurch den Kohlenſtoffgehalt des Stahles erzielen.

Der Rohſtahl — durch teilweiſe Entkohlung des Roheiſens ge-
wonnen — kann wiederum nach drei verſchiedenen Methoden dar-
geſtellt werden, nämlich im Friſchverfahren, im Puddlingsverfahren
oder nach dem Beſſemerprozeß. Je nach dem angewendeten Verfahren
nennt man den gewonnenen Stahl Friſchſtahl, Puddelſtahl oder

[Abbildung] Fig. 342.

Beſſemerbirne
(Vertikalſchnitt).

Beſſemerſtahl, und ſoll hier nur die letzte
Methode beſchrieben werden, da die erſten
beiden dieſelben ſind, wie bei der Gewinnung
des Schmiedeeiſens aus dem Roheiſen, nur
mit dem Unterſchiede, daß die Entkohlung des
Roheiſens nicht bis zu Ende durchgeführt, und
dieſes unter dem Winde vorgenommen wird.

Nach dem Beſſemer-Verfahren wird der
Kohlenſtoff des Roheiſens in der Weißglüh-
hitze mit dem Sauerſtoff der Luft in Ver-
bindung gebracht. Dies geſchieht in der ſog.
Beſſemerbirne oder dem Converter, welcher
uns Fig. 342 im Vertikalſchnitt zeigt, und
welcher mit feuerfeſtem Thon ausgekleidet, auf
dem Boden für den Eintritt der zugeführten
Luft ein Syſtem von Öffnungen beſitzt. Iſt

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[578/0596] Die Rohgewinnung der Metalle. Dieſer Drehherd iſt aus gußeiſernen Platten zuſammengeſetzt und in- wendig mit feuerfeſtem Material ausgekleidet; D iſt der Schornſtein, durch welchen die Verbrennungsgaſe entweichen. Eigenſchaften. Das ſo erhaltene Schmiedeeiſen enthält nur 0,1 bis 0,5 % Kohlenſtoff, ſchmilzt erſt bei 1500 bis 1600° C., hat eine hellgraue Farbe, ein ſpezifiſches Gewicht von 7,7, iſt hämmerbar, dehnbar und ſchweißbar, d. h. es laſſen ſich zwei oder mehrere Stücke im weißglühenden Zuſtande unter dem Hammer zu einem vereinigen. Es hat eine ſehnige Struktur, welche es ſehr feſt macht, aber leider bei anhaltender Erſchütterung — wie z. B. bei den Eiſenbahn- achſen — in eine viel leichter brechende, körnige Struktur übergeht. Ge- wiſſe Verunreinigungen beeinträchtigen die Feſtigkeit des Eiſens ſehr, ſo macht es z. B. Schwefel und Arſen „rotbrüchig“, d. h. es zerbröckelt, wenn es rotglühend gehämmert wird; Kieſel macht es „faulbrüchig“, d. h. hart und mürbe, und endlich eine kleine Menge Phosphor „kalt- brüchig“, d. h. es bricht durch Stoß und Schlag oder beim Biegen. Der Stahl enthält 1 bis 1,5 % Kohlenſtoff, ſteht alſo mit ſeinem Kohlenſtoffgehalt zwiſchen dem Roh- und dem Schmiedeeiſen, und damit iſt gleichzeitig auf die Methoden ſeiner Gewinnung hingedeutet. Man entkohlt nämlich das Roheiſen und gewinnt den ſog. Roh- oder Schmelz- ſtahl, oder man vermehrt den Kohlenſtoffgehalt des Schmiedeeiſens, wie bei Gewinnung des Cement- oder Brennſtahls, und endlich kann man Roh- und Schmiedeeiſen im richtigen Verhältnis zuſammen- ſchmelzen und dadurch den Kohlenſtoffgehalt des Stahles erzielen. Der Rohſtahl — durch teilweiſe Entkohlung des Roheiſens ge- wonnen — kann wiederum nach drei verſchiedenen Methoden dar- geſtellt werden, nämlich im Friſchverfahren, im Puddlingsverfahren oder nach dem Beſſemerprozeß. Je nach dem angewendeten Verfahren nennt man den gewonnenen Stahl Friſchſtahl, Puddelſtahl oder [Abbildung Fig. 342. Beſſemerbirne (Vertikalſchnitt).] Beſſemerſtahl, und ſoll hier nur die letzte Methode beſchrieben werden, da die erſten beiden dieſelben ſind, wie bei der Gewinnung des Schmiedeeiſens aus dem Roheiſen, nur mit dem Unterſchiede, daß die Entkohlung des Roheiſens nicht bis zu Ende durchgeführt, und dieſes unter dem Winde vorgenommen wird. Nach dem Beſſemer-Verfahren wird der Kohlenſtoff des Roheiſens in der Weißglüh- hitze mit dem Sauerſtoff der Luft in Ver- bindung gebracht. Dies geſchieht in der ſog. Beſſemerbirne oder dem Converter, welcher uns Fig. 342 im Vertikalſchnitt zeigt, und welcher mit feuerfeſtem Thon ausgekleidet, auf dem Boden für den Eintritt der zugeführten Luft ein Syſtem von Öffnungen beſitzt. Iſt

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/596>, abgerufen am 22.11.2024.