die oft gleich so hintereinander angeordnet sind, daß der Draht erst nach Verlassen des letzten Loches um die Haspel gewunden wird, oft sitzt aber auch zwischen je zwei Ziehlöchern eine Haspel. Zuweilen sträubt sich der Draht gegen dieses Verfahren und reißt entzwei. Das ist in doppelter Weise unangenehm, es bringt Zeitverlust mit sich, da der Draht neu angespitzt und durch das Zieheisen gesteckt werden muß, und der Käufer will keine kurzen Enden haben, wenn er einen Ring Draht kauft, sondern verlangt nur ein Stück, oder jedenfalls doch nur wenige Adern. Aus geeignetem Eisen hat man schon Ringe in einer Ader bis zu einer Fadenlänge von fast einer geographischen Meile ausgezogen. So schnell wie das Walzen geht das Ziehen nicht, denn ehe alle 12 Löcher passiert sind, muß der Draht in- zwischen mehrmals, bis viermal frisch geglüht und entsprechend ge- reinigt werden.
Eisen- und Stahldrähte haben eine Stärke von 1 mm, als Seil- drähte bis zu 0,1 mm, die Klavierdrähte sind 0,1 bis 0,7 mm dick, messingene Klavierseiten 0,25 mm. Sehr viel feiner sind die Drähte aus echten und halbechten Metallen, wie sie zu Gespinsten, Tressen u. dergl. dienen. Neuerdings hat man für wissenschaftliche Zwecke Platindraht hergestellt, der fast schwer mit bloßem Auge zu er- kennen ist. Nachdem nämlich der Platindraht aus einem gegossenen Stäbchen oder aus mit der Schere aus einem Blech herausgeschnittenen Streifen in der gewöhnlichen Weise schon zu beträchtlicher Feinheit aus- gezogen ist, umzieht man denselben mit Silber, oder hüllt ihn in mehr- fach herumgelegtes Silberblech ein, und zieht ihn nun nochmals so fein als nur irgend möglich aus. Dann legt man ihn in ein Bad von Salpetersäure, welche das Silber auflöst, das Platin dagegen nicht angreift. So gelingt es Draht von fast unglaublicher Feinheit zu erzeugen. Ebenso wird Platiniridiumdraht hergestellt.
Benutzt man statt des Zieheisens den Seckenzug, so können auch Stäbe und Streifen in gleicher Weise verfertigt werden. Der Secken- zug besteht aus zwei stählernen Backen, die mit Einschnitten versehen sind. Sie werden in einen eisernen Rahmen geschoben und dann mittels einer oder zweier Schrauben soweit genähert, wie es der vor- liegende Zweck gerade erfordert. Der obere und untere Einschnitt bilden dann zusammen eine Öffnung, durch welche das Metall mit der Schleppzange gezogen wird. Auch hier erfolgt die Formgebung nur nach und nach, indem bei jedem neuen Durchgange auch die Backen einander wieder mehr genähert werden. Dünnes Blech biegt sich hierbei einfach und bildet Hohlkörper, bei denen den Vertiefungen außen genau gleiche Erhöhungen im Innern entsprechen und umgekehrt; dicke Blöcke werden eingedrückt oder durch Abnehmen von Spähnen geformt, wobei die innere Fläche eben bleibt.
Die Drahterzeugung.
die oft gleich ſo hintereinander angeordnet ſind, daß der Draht erſt nach Verlaſſen des letzten Loches um die Haſpel gewunden wird, oft ſitzt aber auch zwiſchen je zwei Ziehlöchern eine Haſpel. Zuweilen ſträubt ſich der Draht gegen dieſes Verfahren und reißt entzwei. Das iſt in doppelter Weiſe unangenehm, es bringt Zeitverluſt mit ſich, da der Draht neu angeſpitzt und durch das Zieheiſen geſteckt werden muß, und der Käufer will keine kurzen Enden haben, wenn er einen Ring Draht kauft, ſondern verlangt nur ein Stück, oder jedenfalls doch nur wenige Adern. Aus geeignetem Eiſen hat man ſchon Ringe in einer Ader bis zu einer Fadenlänge von faſt einer geographiſchen Meile ausgezogen. So ſchnell wie das Walzen geht das Ziehen nicht, denn ehe alle 12 Löcher paſſiert ſind, muß der Draht in- zwiſchen mehrmals, bis viermal friſch geglüht und entſprechend ge- reinigt werden.
Eiſen- und Stahldrähte haben eine Stärke von 1 mm, als Seil- drähte bis zu 0,1 mm, die Klavierdrähte ſind 0,1 bis 0,7 mm dick, meſſingene Klavierſeiten 0,25 mm. Sehr viel feiner ſind die Drähte aus echten und halbechten Metallen, wie ſie zu Geſpinſten, Treſſen u. dergl. dienen. Neuerdings hat man für wiſſenſchaftliche Zwecke Platindraht hergeſtellt, der faſt ſchwer mit bloßem Auge zu er- kennen iſt. Nachdem nämlich der Platindraht aus einem gegoſſenen Stäbchen oder aus mit der Schere aus einem Blech herausgeſchnittenen Streifen in der gewöhnlichen Weiſe ſchon zu beträchtlicher Feinheit aus- gezogen iſt, umzieht man denſelben mit Silber, oder hüllt ihn in mehr- fach herumgelegtes Silberblech ein, und zieht ihn nun nochmals ſo fein als nur irgend möglich aus. Dann legt man ihn in ein Bad von Salpeterſäure, welche das Silber auflöſt, das Platin dagegen nicht angreift. So gelingt es Draht von faſt unglaublicher Feinheit zu erzeugen. Ebenſo wird Platiniridiumdraht hergeſtellt.
Benutzt man ſtatt des Zieheiſens den Seckenzug, ſo können auch Stäbe und Streifen in gleicher Weiſe verfertigt werden. Der Secken- zug beſteht aus zwei ſtählernen Backen, die mit Einſchnitten verſehen ſind. Sie werden in einen eiſernen Rahmen geſchoben und dann mittels einer oder zweier Schrauben ſoweit genähert, wie es der vor- liegende Zweck gerade erfordert. Der obere und untere Einſchnitt bilden dann zuſammen eine Öffnung, durch welche das Metall mit der Schleppzange gezogen wird. Auch hier erfolgt die Formgebung nur nach und nach, indem bei jedem neuen Durchgange auch die Backen einander wieder mehr genähert werden. Dünnes Blech biegt ſich hierbei einfach und bildet Hohlkörper, bei denen den Vertiefungen außen genau gleiche Erhöhungen im Innern entſprechen und umgekehrt; dicke Blöcke werden eingedrückt oder durch Abnehmen von Spähnen geformt, wobei die innere Fläche eben bleibt.
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Die Drahterzeugung.
die oft gleich ſo hintereinander angeordnet ſind, daß der Draht erſt
nach Verlaſſen des letzten Loches um die Haſpel gewunden wird, oft
ſitzt aber auch zwiſchen je zwei Ziehlöchern eine Haſpel. Zuweilen
ſträubt ſich der Draht gegen dieſes Verfahren und reißt entzwei. Das
iſt in doppelter Weiſe unangenehm, es bringt Zeitverluſt mit ſich, da
der Draht neu angeſpitzt und durch das Zieheiſen geſteckt werden
muß, und der Käufer will keine kurzen Enden haben, wenn er einen
Ring Draht kauft, ſondern verlangt nur ein Stück, oder jedenfalls
doch nur wenige Adern. Aus geeignetem Eiſen hat man ſchon Ringe
in einer Ader bis zu einer Fadenlänge von faſt einer geographiſchen
Meile ausgezogen. So ſchnell wie das Walzen geht das Ziehen
nicht, denn ehe alle 12 Löcher paſſiert ſind, muß der Draht in-
zwiſchen mehrmals, bis viermal friſch geglüht und entſprechend ge-
reinigt werden.
Eiſen- und Stahldrähte haben eine Stärke von 1 mm, als Seil-
drähte bis zu 0,1 mm, die Klavierdrähte ſind 0,1 bis 0,7 mm dick,
meſſingene Klavierſeiten 0,25 mm. Sehr viel feiner ſind die Drähte
aus echten und halbechten Metallen, wie ſie zu Geſpinſten, Treſſen
u. dergl. dienen. Neuerdings hat man für wiſſenſchaftliche Zwecke
Platindraht hergeſtellt, der faſt ſchwer mit bloßem Auge zu er-
kennen iſt. Nachdem nämlich der Platindraht aus einem gegoſſenen
Stäbchen oder aus mit der Schere aus einem Blech herausgeſchnittenen
Streifen in der gewöhnlichen Weiſe ſchon zu beträchtlicher Feinheit aus-
gezogen iſt, umzieht man denſelben mit Silber, oder hüllt ihn in mehr-
fach herumgelegtes Silberblech ein, und zieht ihn nun nochmals ſo
fein als nur irgend möglich aus. Dann legt man ihn in ein Bad
von Salpeterſäure, welche das Silber auflöſt, das Platin dagegen
nicht angreift. So gelingt es Draht von faſt unglaublicher Feinheit
zu erzeugen. Ebenſo wird Platiniridiumdraht hergeſtellt.
Benutzt man ſtatt des Zieheiſens den Seckenzug, ſo können auch
Stäbe und Streifen in gleicher Weiſe verfertigt werden. Der Secken-
zug beſteht aus zwei ſtählernen Backen, die mit Einſchnitten verſehen
ſind. Sie werden in einen eiſernen Rahmen geſchoben und dann
mittels einer oder zweier Schrauben ſoweit genähert, wie es der vor-
liegende Zweck gerade erfordert. Der obere und untere Einſchnitt
bilden dann zuſammen eine Öffnung, durch welche das Metall mit der
Schleppzange gezogen wird. Auch hier erfolgt die Formgebung nur
nach und nach, indem bei jedem neuen Durchgange auch die Backen
einander wieder mehr genähert werden. Dünnes Blech biegt ſich hierbei
einfach und bildet Hohlkörper, bei denen den Vertiefungen außen genau
gleiche Erhöhungen im Innern entſprechen und umgekehrt; dicke Blöcke
werden eingedrückt oder durch Abnehmen von Spähnen geformt, wobei
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/683>, abgerufen am 22.11.2024.
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